Überwiegend mache ich sehr gute Erfahrungen mit Privatversicherungen. Im
Gegensatz zur Gesetzlichen Krankenversicherung oder der Beihilfe sind
einige Versicherungen sogar bereit, nach entsprechender Begründung die
Möglichkeit einer die Sitzungen begleitenden zusätzlichen "Emailbetreuung"
zu finanzieren . Dagegen lehnen andere Versicherungen solche
Anträge komplett und pauschal mit dem Argument ab, dass solche Maßnahmen
nicht von den drei klassischen Therapieverfahren vorgesehen sind. Der im
Antrag aufgezeigte Nutzen für den jeweiligen Patienten spielt dann keine
Rolle.
Mittlerweile habe ich den Eindruck, dass einige
wenige Versicherungen pauschal und prinzipiell von vornherein Anträge auf
Psychotherapie ablehnen, um Kosten zu sparen. Die Sorge wurde in neuerer Zeit (November 2008) im Fall der uniVersa
akut, diese einen Antrag u.a.
mit dem absurden Argument ablehnte, ein Facharzt für Psychosomatische Medizin
und Psychotherapie sei als solcher nicht qualifiziert eine kognitive
Verhaltenstherapie anzubieten (was einfach nicht stimmt). Außerdem zeige der
vorgelegte Antrag nicht auf, dass er den Kriterien der
Psychotherapie-Richtlinien entspricht. Da die betroffene Patientin
beihilfeberechtigt ist, war der wörtlich gleiche Antrag wenige Tage zuvor
zufälligerweise bereits von einem anderen Gutachter (Medizinprofessor,
Verhaltenstherapeut) geprüft worden: Dieser kam zu genau der gegenteiligen
Feststellung: Er beurteilte die Ausführungen als überzeugend und genehmigte
daher den Antrag. Da der Beihilfegutachter ein international anerkannter
Experte für Verhaltenstherapie ist, während der Name des uniVersa-Arztes im
Ablehnungsschreiben nicht verraten wird, erscheint mir die Vermutung nicht ganz
abwegig, dass hier nur Kosten vermieden werden sollten. Dazu passt, dass die
betroffene Patientin vor mehreren Jahren sogar eine begonnene Behandlung in
einer psychosomatischen Klinik abbrechen musste, weil genau die gleiche
Versicherung damals ebenfalls die erforderliche Kostenübernahme ablehnte.
Mittlerweile habe ich an den Vorstandsvorsitzenden
der uniVersa (Herrn Gerhard Glatz) geschrieben, auf dessen Stellungnahme ich
gespannt bin. Mir selbst haben die unterschiedlichen "Begutachtungsergebnisse"
natürlich sehr zu denken gegeben, da die externe "Begutachtung" oft als
wichtigstes Mittel der
Qualitätssicherung in der Psychotherapie gilt. Ich frage mich jetzt, wie denn
die Qualität der "Versicherungsgutachter" gewährleistet ist, wenn es
zu solch widersprüchlichen Beurteilungen kommen kann.
Für Interessierte gebe ich nachstehend die
unterschiedlichen Bewertungen meines (jeweils gleichlautenden Antrags wieder).
Der Leser möge sich dazu seine eigenen Gedanken machen.
uniVersa-Gutachter:
"...ist es nicht möglich, hier die Differenzialindikation und ausreichende
Prognose für die die beantragte Verhaltenstherapie zu bestätigen. Mit Blick
auf die Psychotherapierichtlinien wird darauf hingewiesen, dass die beantragte
kognitiv behaviorale Verhaltenstherapie nur zu Kostenübernahme empfohlen
werden kann, wenn anhand einer ausreichenden multiaxialen Störungsbeschreibung
die seelische Bedingtheit der Störung ersichtlich wird und die psychische
Ätiologie unter Berücksichtigung der auslösenden Stimuli im aktualgenetisch
innerpsychischen Erleben (pathogene Repräsentanz und Verarbeitung) sowie im
lebensgeschichtlichen Kontext (spezifische Vulnerabilität) so nachvollzogen
werden kann, dass der daraus abgeleitete Therapieplan methodisch und
prognostisch bestätigt werden kann. Bei diesbezüglich nicht ausreichenden
Angaben und Hinweisen für eine erhebliche strukturelle Dimension der Störung
ist es nicht möglich, dem Plan einer kognitiv behavioralen Behandlung bei
ausreichender Prognose und begrenzbaren Therapiezielen zuzustimmen. Wie uns
der beratende Facharzt mitgeteilt hat, reicht unabhängig davon die
Facharzt-Bezeichnung nicht aus, die notwendige Erfahrung und berufliche
Qualifikation für die beantragte Verhaltenstherapie zu bestätigen."
Beihilfe-Gutachter:
„Erkrankung i.S. der BVO. Inhaltlich und formal überzeugender Bericht zum
Antrag auf Kostenübernahme für eine Langzeit-VT. Darstellung der
Krankheitsentwicklung auf dem Hintergrund der Biographie nachvollziehbar und
hypothesenbezogen. Multimodaler Behandlungsplan durchaus plausibel abgeleitet.
Prognose erscheint hinreichend günstig. 40 Sitzungen sollen als notwendig
zugesagt werden.“
Anmerkung:
Auch in einem anderen Fall hatte die
uniVersa in diesem Jahr sofort den Antrag abgelehnt (und erst nach Protest
genehmigt). Interessanterweise wurden im damaligen Ablehnungsschreiben fast
wortwörtlich ähnliche theoretische Floskeln verwandt, was darauf zurück
schließen lässt, dass Textbausteine eingesetzt wurden, was nicht gerade für
eine individuelle Begutachtung spricht. Zitat aus einem Schreiben der uniVersa vom 02.05.08: "...die es erlaubt, die psychische Ätiologie
unter...(Anmerkung: hier fehlen Worte, weil offenbar etwas gelöscht
wurde) pathogene Repräsentanz und
Verarbeitung) sowie im lebensgeschichtlichen Kontext auf der Ebene von
beobachtbarem Verhalten und Erleben so nachzuvollziehen, dass
lerntheoretisch begründet zwischen einem strukturell bedingten...." Sehr
irritierend finde ich, dass sich der uniVersa-Gutachter nicht gerade leicht
verständlich ausdrückt, wenn Satzungetüme konstruiert, die aus bis zu 70
Worten bestehen (was die Aufmerksamkeitsspanne eines jeden normalen Menschen
überfordert).
Abschließende Erklärung: Es geht mir auf keinen Fall darum, dem Unternehmen in
irgendeiner Weise Schaden zuzufügen. Ich möchte vielmehr konstruktiv auf eine
Veränderung des von mir erlebten Verhaltens des Unternehmens hinwirken.
Ausdrücklich räume ich die Möglichkeit ein, dass ich der einzige Arzt bin, der
Erfahrungen der hier geschilderten Art gemacht hat und dass die uniVersa
ansonsten anders mit Begutachtungen verfährt. Diesen Text lege ich daher
dem Unternehmen auch auf postalischen Weg mit der ausdrücklichen Bitte
vor, mich auf Fehler, Ungereimtheiten, mögliche ungerechtfertigte Behauptungen
oder rechtliche Verstöße aufmerksam zu machen, damit ich diese umgehend
beheben kann. Natürlich kann und will ich nicht verhehlen, dass mich das
Erlebte sehr ärgerlich gemacht hat. Denn das hier beschriebene Verhalten des
Unternehmens hat unnötig die Leidenszeit zweier Patienten verlängert, mich als
Arzt zu absolut
überflüssigen zusätzlichen Schreiben und Gutachten gezwungen und damit
letztendlich auch
einen Teil meiner Lebenszeit sinnlos vernichtet.
Epilog: Die Auseinandersetzung mit
der uniVersa erstreckte sich über unnötige zwei Monate (Datum des
Ablehnungsschreibens: 21.11.08, Datum der dann doch erfolgten Bewilligung:
28.11.08). Zwischenzeitlich bot die uniVersa an, den Vorgang einem zweiten
Gutachter vorzulegen, der allerdings noch Urlaub machte. Dieser stellte dann
im Gegensatz zu seinem Vorgänger fest: "Es liegt eine Symptomatik vor,
die einer ambulanten Verhaltenstherapie durchaus zugänglich ist. In der von
Dr. Dr. Mück formulierten Verhaltensanalyse werden auch Symptom auslösende
dysfunktionale Konfliktbearbeitungsstrategien beschrieben und es wird ein
Behandlungsplan entwickelt, der auf die konkrete Entstehung der beschriebenen
Symptomatik Bezug nimmt. Die Prognose ist als ausreichend günstig
einzustufen." Die uniVersa ergänzt dazu: "Da unser zweiter
Beratungsarzt nicht zustimmt und wir diese erste Argumentationslinie nicht
mehr aufrechterhalten, gehen wir davon aus, dass Ihre kritischen
Ausführungen.... keiner weiteren Erörterungen unsererseits bedürfen. Ihrem
erneuten Wunsch nach Honorierung Ihrer Schreiben an uns kann nicht entsprochen
werden. Es ergibt sich daraus kein neuer Sachverhalt. Ihrem an uns gestellten
Honorarverlangen kann nicht entsprochen werden. Zur inhaltlichen Begründung
verweisen wir..." Erläuterung: Da ich bis heute nicht einsehe, dass ich
durch ein völlig unberechtigtes Verhalten der uniVersa ("Aufrechterhaltung
einer Argumentationslinie") mehrere Stunden meines Lebens in letztlich
unnötige Korrespondenz investiere, habe ich der uniVersa diesen von ihr zu
vertretenden Zeitaufwand in Rechnung gestellt. Dazu schrieb die uniVersa
ablehnend (bereits am15.12.08): "Aufgrund der
Nebenpflichten, die sich aus dem mit Frau.... geschlossenen Behandlungsvertrag
erwachsen, sind Sie verpflichtet, Ihre Patientin bei der Durchsetzung ihres
Leistungsanspruchs zu unterstützen. Einen gesonderten Honoraranspruch
begründet dies nicht."
Man bedenke: Auch das letzte Schreiben der
uniVersa (28.01.09) enthielt kein einziges (!) Wort des Bedauerns darüber,
dass es zu dieser völlig unnötigen, für die Patientin äußerst schmerzhaften
und extrem nachteiligen zweimonatigen Verzögerung des Behandlungsbeginns kam.
Der Gesundheitszustand der Patientin, die aus Angst vor den möglichen Kosten
die psychotherapeutischen Behandlung zwei Monate lang verschob,
verschlechterte sich in dieser Zeit massiv, was akute Notfallbehandlungen und
zuletzt sogar einen stationären Aufenthalt erforderlich machte. Der
Schlusssatz des letzten Schreibens der uniVersa dürfte deren Haltung auf den
Punkt bringen: "Bitte berücksichtigen Sie aber, dass bei den notwendigen
Entscheidungen sachliche Erwägungen im Sinne einer gleichberechtigten
Behandlung aller unserer Kunden im Vordergrund stehen müssen.
Als bezeichnend habe ich es auch erlebt,
dass es der von mir in der Angelegenheit mehrfach angeschriebene
Vorstandsvorsitzende bis heute nicht als angemessen ansah, selbst mit nur
einem einzigen Wort zu antworten. Der Vorgang wurde von ihm immer wieder
delegiert. Bis heute habe ich auch die Namen der uniVersa-Gutachter nicht
erfahren. Nicht zuletzt hat mich die extrem willkürlich erscheinende
Argumentationsweise der uniVersa irritiert, ja verärgert. Denn diese lehnte am
21.11.08 die beantragte Therapie ab, indem sie sich teilweise auf die
"Psychotherapierichtlinien" bezog ("Mit Blick auf die
Psychotherapierichtlinien wird darauf hingewiesen..."). Kurze Zeit
später (15.12.08) argumentierte sie dann wieder gegensätzlich, indem sie
schrieb: "Im Bereich der PKV haben aber weder die
Psychotherapie-Richtlinien noch die Beihilfe-Verordnung Gültigkeit."
Und noch eine allerletzte Anmerkung: Wir Ärzte
werden seit langem (sicher auch mit Recht) zur "Qualitätssicherung" unserer
Arbeit angehalten - ich frage mich, warum dies bei solchen
"Begutachtungsvorgängen" durch private Krankenversicherungen offenbar nicht
der Fall ist. Hier genügt es anscheinend, eine "Argumentationslinie"
aufzugeben - der bereits entstandene Schaden spielt dann keine Rolle mehr. |