fzm - Der Energieverbrauch eines in der westlichen Welt lebenden
Menschen ist geringer als bislang angenommen. Um das Gewicht zu halten,
scheint bei derzeitigen Ernährungsempfehlungen viel mehr Bewegung nötig
als bisher empfohlen. Wie viel Energie ein in unserer Gesellschaft
lebender Mensch tatsächlich braucht, untersuchte deshalb eine Gruppe von
Wissenschaftlern unter Leitung von Professor Dr. med. Manfred James
Müller vom Institut für Humanernährung und Lebensmittelkunde an der
Universität Kiel. Ihre Ergebnisse veröffentlichen die Forscher nun in
der Fachzeitschrift Aktuelle Ernährungsmedizin (Georg Thieme Verlag,
Stuttgart 2005).Der
Ruheenergieverbrauch (resting energy expenditure, kurz REE) ist jene
Menge an Energie, die der Körper - hauptsächlich die inneren Organe -
auch dann umsetzt, wenn der Mensch äußerlich inaktiv ist. Berechnet wird
der REE bis heute mit nicht mehr zeitgemäßen Vorhersageformeln der
Weltgesundheitsorganisation (WHO). Diese Berechnungen weichen zum Teil
deutlich von den aktuell gemessenen Werten ab. Die DACH-Referenzwerte
für die Ernährung aus dem Jahr 2000 - DACH steht für die beteiligten
Ernährungsgesellschaften in Deutschland, Österreich und der Schweiz -
veranlassten die Forscher, neue Formeln für die Berechnung des REE zu
entwickeln.
Die Wissenschaftler untersuchten
Messwerte des Ruheenergieverbrauchs von insgesamt 2.528 Personen im
Alter von fünf bis 91 Jahren. Diese waren zwischen 1985 und 2002 in
sieben verschiedenen deutschen Forschungsinstituten erhobenen worden. In
Kombination mit Parametern wie Gewicht, Alter, Geschlecht, Körperfett
und fettfreie Masse entwickelten sie zwei neue, auf die deutsche
Bevölkerung zugeschnittene, Vorhersageformeln für den REE. Diese bilden
die Basis für zukünftige Empfehlungen zum Energiebedarf in unserer
Gesellschaft.
Die Standardalgorithmen der WHO-Formeln
stammen zwar aus dem Jahr 1985, beruhen aber zum Teil auf fast 100 Jahre
alten und sehr heterogenen Daten aus reichen und armen Ländern. Zu einem
Drittel flossen in die damaligen Erhebungen die Werte unterernährter
Menschen mit ein. Für eine Gesellschaft mit überwiegend sitzendem
Lebensstil wie auch der deutschen ist die Gültigkeit der WHO-Angaben
deshalb fraglich.
Die aktuellen Ergebnisse zeigen, dass
nicht nur die WHO-Algorithmen oft zu falschen, weil zu hohen Werten
führen, sondern auch die DACH-Referenzwerte aus dem Jahr 2000 nicht
stimmen. Gemessen an der heute üblichen eher bewegungsarmen Lebensweise
sind sie zu hoch. Bei einer ausgewogenen und "bedarfsdeckenden"
Ernährung nach den bisherigen Empfehlungen ist daher viel mehr Bewegung
erforderlich, um das Körpergewicht konstant zu halten.
H.J. Müller et al.:
Neue Referenzwerte für den Energieverbrauch - eine aktuelle Datenbank
für den Ruheenergieverbrauch der deutschen Bevölkerung;
Aktuelle Ernährungsmedizin 2/2005, Band
30, Seite 63-68
(Presseinformation des Thieme-Verlages) |