Beeinträchtigen bereits
leichte Depressionen die Lebensführung oder setzen Störungen erst
sprunghaft ein, wenn ein bestimmter Schweregrad an „Depression“
erreicht ist? An dieser Frage erhitzen sich seit einiger Zeit die Gemüter
von Wissenschaftlern. Eine Studie von P. M. Lewinsohn und Kollegen unterstützt
die wachsende Zahl derjenigen, die von einem proportionalen Zusammenhang
ausgeht und Depressionen als eine „Breitspektrumerkrankung“
betrachtet. Nach dieser Ansicht ist es sinnvoll, auch
„unterschwellige“ Symptome zu behandeln. Letztere scheinen die Anfälligkeit
(„Vulnerabilität“) für voll ausgeprägte Depressionen zu steigern.
Sie lassen sich deshalb als Risikofaktoren für eine spätere massivere Störung
betrachten.
In ihre Untersuchung bezogen die
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amerikanischen
Wissenschaftler drei Studien an unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen ein
(unter anderem Jugendliche). Die Ergebnisse sprechen dafür, dass eine
Zunahme depressiver Symptome von einer Zunahme psychosozialer
Funktionsbeeinträchtigungen begleitet wird (bis hin zur Major Depression
oder Drogeneinnahme). Dabei ähnelt der Zusammenhang eher einem
kontinuierlichen Prozess als einem Sprung von einer Kategorie in die nächste.
Die Autoren weisen darauf hin, dass auch
unterschwellige depressive Symptome Ausdruck einer gestörten
Emotionsverarbeitung sein können. Es kann sich lohnen, diese durch kurze
Interventionen zu therapieren, wie einige Studien zeigen: In ihnen
besserten sich auch „unterschwellige“ Symptome und die
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Weiterentwicklung zu
einer schwereren Depression blieb aus. Nicht zuletzt kann eine Frühbehandlung
langfristig wirtschaftlich sein. Allerdings sollten dabei geeignete Maßnahmen
gewählt werden, raten Lewinsohn und Kollegen. Denn überstürzte und übereifrige
Interventionen müssen nicht unbedingt greifen. Sie können die Situation
sogar verschlechtern, wenn sie beim Patienten ungünstige Erfahrungen
hinterlassen und dann im Krisenfall nicht mehr genutzt werden können.
P.
M. Lewinsohn u.a.: Clinical implications of «subthreshold» depressive
symptoms. Journal of Abnormal Psychology 2000 (109) 345-351
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