Hier finden Sie Antworten auf Fragen, die
per E-Mail an mich gestellt wurden. Bitte machen Sie von der
Möglichkeit, mich schriftlich zu befragen, nur in ausgesprochen
dringenden Fällen Gebrauch, da ich diese Leistung in meiner Freizeit
(und natürlich kostenlos) erbringe.
Frage: Nach lange
hinausgezögerter Einnahme von Citalopram hatte ich plötzlich einen
freien Kopf, habe gut geschlafen und war angstfrei: Kann das Medikament
so schnell wirken? Muss ich mit Nebenwirkungen rechnen?
Antwort: Sie können beruhigt sein - wenn spürbare
Nebenwirkungen auftreten, dann in aller Regel schon rasch am Anfang der
Behandlung! Der gute Start spricht dafür, dass Sie das Präparat offenbar
gut vertragen. Nun können Sie sich davon überraschen lassen, ob sich
nicht schon bald noch mehr günstige Effekte zeigen.
Was Sie insbesondere geschafft haben: Sie haben
erfolgreich Angst überwunden und schon das allein kann stolz machen und
aufbauen. Ich vermute sogar, dass der klare Kopf tatsächlich mit
Citalopram zusammenhängen könnte. Denn lediglich die antidepressive
Wirkung lässt sich bis zum Eintritt etwas Zeit. Andere Effekte (nicht
nur die Nebenwirkungen) merkt man oft sofort.
Frage: Wie ist der Hinweis auf Suizidversuche bei einigen Antidepressiva
zu werten?
Der Hinweis auf
Suizidversuche steht aus rechtlichen Gründen in vielen Beipackzetteln
von Antidepressiva. Wie man mitunter aus dem eigenen Lebensumfeld weiß,
nehmen sich depressive Menschen häufiger das Leben als nicht depressive
(Sie tun das in den meisten Fällen, ohne irgendein Medikament zuvor
benutzt zu haben!!). Schädlich ist vor allem die Depression, weniger das
Arzneimittel. Indem Antidepressiva die Depression mildern, verringern
diese in aller Regel das Suizidrisiko. Die Sorge von Patienten, unter
Antidepressiva ein erhöhtes Unfallrisiko zu haben, beruht oft darauf,
dass diese befürchten, sich selbst (noch!!) nicht ausreichend unter
Kontrolle zu haben. Die Einnahme eines Antidepressivums wird eher zu
mehr Kontrolle verhelfen.
Thema: Nutzen von
Sport bei Depression
Über große längerfristige Erfolge im
Umgang mit meinen Ängsten und Depressionen kann ich leider nicht viel
mitteilen.... Nach allem, was ich bei Ihnen "gelernt" habe, kann ich mit
Disharmonien und Zank leider immer noch nicht umgehen. Es stürzt mich in
Depression, Angst und Hoffnungslosigkeit.... Ich habe momentan über den
ganzen Tag einen sehr hohen Erregungspegel und ärgere mich zusätzlich
darüber, dass ich da nicht rauskomme. Die kleinsten Anlässe bringen mich
auf die Palme. Aus Verzweiflung bin ich am Mittwoch das erste Mal seit
Monaten gelaufen. Im Wechsel: Laufen, walken. Danach war ich etwas
euphorisch und bin nachmittags noch 20 km Fahrrad gefahren. Abends war
ich fix und fertig. Donnerstag war ich dann mit... in der Sauna, auch
seit Monaten das erste Mal. Es hat mich eine große Überwindung gekostet.
In der Sauna saß ich immer nur auf der unteren Bank. Sobald ich Herz und
Puls registrierte, bekam ich Panikschwindel. Nach diesen Aktivitäten ist
mein Erregungspegel jedoch leider nicht gesunken, wie ich gehofft hatte.
Ich fühle mich blockiert und unkonzentriert. Wie ein aufgescheuchtes
Huhn flüchte ich mich in Scheinaktivitäten. Ich glaube, ich habe die
Vermutung schon einmal bei Ihnen geäußert: Der Sport holt mich aus der
Depression heraus, verstärkt dann aber meine Ängste.
Antwort:
Alles was mit "Rückmeldung" zu tun hat (nicht nur in Ihrer
Partnerbeziehung!), scheint von Ihnen mit Macht unterdrückt, verdrängt
oder fehl interpretiert zu werden: Denn auch Ihre Symptome sind
emotionale "Rückmeldungen" des Körpers an den Verstand. Ihre
Interpretation der Sporteffekte kann ich nicht teilen. Immer wieder
bestätigen Sie zwar günstige Wirkungen des Sporttreibens auf die
Depression, aber Sie verkennen, dass Sie selbst durch Ihr Verhalten
dafür sorgen, dass sich über kurz oder lang "Angst" einstellt. Lesen Sie
dazu erneut Ihre eigenen Zeilen: Statt nach längerer Pause langsam
"aufzudosieren", übertreiben Sie es, indem Sie dem Laufen-Walken mit
seiner "euphorisierenden Wirkung" am gleichen Nachmittag noch eine
weitere sportliche Belastung folgen lassen: Denn zusätzlich fahren Sie
auch noch 20 km mit dem Fahrrad. Dies überfordert Ihren untrainierten
Körper natürlich derart, dass dieser ZWANGSLÄUFIG in Form von Symptomen
"stopp" zu Ihnen sagen muss. Und diese Stopp-Symptome erleben Sie als
"Angst". Zum Sauna-Erlebnis: Sicherlich haben Sie selbst beim erneuten
Lesen Ihrer Zeilen gemerkt, dass auch hier eine Lösung existiert. Denn
Sie schreiben selbst: "Sobald ich Herz und Puls registrierte,
bekam ich Panikschwindel." Also: Üben Sie konsequenter Ihre
Aufmerksamkeit auf andere Dinge zu lenken, dann "registrieren" Sie Herz
und Puls weniger. Sollten es Ihnen anfangs nicht gelingen, können Sie
üben, das "Registrierte" sinnvoller zu "interpretieren". Ihre
Panik-Interpretationen ("gleich werde ich sterben" ist bis heute durch
die Wirklichkeit bzw. die weitere Entwicklung immer und immer wieder
widerlegt worden!!!).
Thema:
wiederkehrende kurze Depression
Hallo
Herr Dr. Mück,
ich
habe eine Frage zu den auf ihrer Website ausgestellten Depressionsfragebögen.
Und zwar steht da ja, dass die anzukreuzenden Symptome die "letzten
Woche" ("einschließlich des heutigen Tages") betreffen.
Ich habe das Problem, dass ich z.B. einige Tage lang laut Test
"depressiv" bin, allerdings gibt es dann auch z.B. einen
Monat, in dem es mir recht gut geht. Ich erinnere mich an eine schwere
Woche im Januar, in der ich eine Woche mich grundlos sehr unangenehm
bedrückt gefühlt habe, weswegen ich auch sehr verzweifelt war. Dies
hat sich seit dem mit längerem Abständen für einige Tage wiederholt.
Das Problem ist natürlich, das wenn es mir gut geht ich hoffe, das es
so bleibt und deswegen dann auch eher abgeneigt bin, mal einen Arzt
aufzusuchen. Abgesehen davon noch eine andere Frage: Ist es egal, an was
für einen Arzt man sich als erstes wendet? (z.B. Sportmediziner?
Allgemeinmediziner?)Danke auch noch für ihre Webseiten generell. Sie
haben mir viel Überblick und Wissen verschafft, was ansonsten eher
schwer zu finden ist für so einen Bereich.
Antwort:
vielen
Dank für das Kompliment zu meinen Webseiten. Zu Ihrer Frage: Was Sie
beschreiben, klingt nach einer so genannten "rezidivierenden (=
wiederkehrenden) kurzen depressiven Störung" (= abgekürzt RKD).
Solche RKDs dauern im Durchschnitt 3 Tage und wiederholen sich ungefähr
monatlich. Rechnet man die Tage im Jahr zusammen, kann man auf 5 bis 6
Wochen "Depression" kommen. "RKDs" sind noch nicht
so intensiv erforscht, dass man genau weiss, was am besten hilft. Oft
haben die Betroffenen auch noch andere seelische Probleme, sdass sich
fachliche Hilfe auf jeden Fall lohnt.
Für
den Erstkontakt ist es nicht egal, an wen Sie sich wenden. Fragen Sie
bei Ihrer Krankenkasse nach, welche Ärzte eine Zusatzbezeichnung
"Psychotherapie" haben. Solche Ärzte kennen sich meistens
besonders gut mit Depressionen aus. Sie können unseren Schriftwechseln
ausdrucken und für das Erstgespräch mitnehmen. Adressen finden Sie für
Ihren Wohnbereich auch über "www.arzt.de": dort geben Sie den
Bezirk der für Sie zuständigen "Kassenärztlichen
Vereinigung" an.
Thema:
Was tun gegen ständig wiederkehrende negative Erfahrungen und Gefühle
im Rahmen von Depressionen?
Sehr geehrter Herr Dr.
Mück ,
soweit ich weiß hängt
Depression damit zusammen das man negative Erfahrungen und Gefühle
erlebt hat in der Kindheit. Was mich beschäftigt ist der Zusammenhang
zwischen Depression und limbischem System. Ist es so, dass das limbische
System Erfahrungen und Gefühle nie vergisst ? Wenn dem so ist, wie kann
dann ein Depressiver gesund werden? Mir wurde von einer Ärztin der
Hirnforschung erzählt, dass das limbische System sich an negative
Erfahrungen, die man gemacht hat, immer wieder erinnert und dass diese
schneller ins Bewusstsein dringen als man sie mit Denken und
Vorstellungen dämpfen kann . Manchmal läuft es dann auch unbewusst ab
weil der Zusammenhang mit der Vergangenheit nicht klar ist. Kann man den
als rezidivierender Depressiver, wie ich diagnostiziert worden bin, überhaupt
gesund werden, wenn man mit einer Vielzahl an negativen Erfahrungswerten
aus der Vergangenheit zu kämpfen hat? Jetzt nehme ich zwar schon
Antidepressiva, fühle mich auch gut dabei, trotzdem merke ich, dass ich
immer wieder in Situationen komme, wo mich die Erinnerungen
beeinflussen.Ich habe manchmal den Eindruck, dass diese Erinnerungen
leider immer wieder mein Leben im hier und jetzt sabotieren und
beeinflussen, obwohl ich jetzt schon über fünf Jahre Therapie mache
und auch schon zweimal in einer psychosomatischen Klinik war.Teilweise
ist es sehr stresig, sich selbst immer wieder positiv zu beeinflussen.
Welche Möglichkeiten gibt es für mich, ein zufriedeneres Leben führen
zu können, ohne ständig dem Einfluss aus der Vergangenheit
ausgesetzt zu sein?
Antwort:
Die
Hirnforschung ist noch immer weitgehend in den
Kinderschuhen, vieles ist also noch spekulativ. Tatsächlich gibt es
erste Untersuchungsergebnisse, die dafür sprechen, dass vor allem
emotionale Erfahrungen in so genannten "älteren" Bereichen des
Gehirns kaum vergessen werden. Dies macht Sinn, da es das "Überleben
in der Natur" verbessern kann. Wer einmal eine gefahrvolle
Situation erlebt hat, tut gut daran, sich bei erneutem Bedarf daran
erinnern und bewährte Überlebensstrategien erneut nutzen zu können.
Was früher (bei unseren tierischen Vorfahren) einmal hilfreich war,
kann sich in unserer modernen Welt jedoch zum Nachteil erweisen, wie
das Beispiel von Depressionen zu zeigen scheint. Oft werden dann
Muster erinnert, die auf die neue Situation überhaupt nicht mehr
zutreffen.
Dennoch
ist dies kein Grund, die Hoffnung zu verlieren. Meinen Patienten biete
ich als Lösung an, sich positive Alternativerfahrungen zu verschaffen.
Bei dieser Strategie ist das Gehirn weniger darauf angewiesen, immer
wieder (nur) die alten Geschichten hervorzuholen. Je mehr positive neue
Erfahrungen zur Verfügung stehen, um so größer wird die
Wahrscheinlichkeit, dass diese den alten Problemen die Chance
nehmen, die innere Bühne des Gehirns zu betreten. Dabei ist es wohl
wichtig, dass es sich um richtige Erfahrungen handelt (die
insbesondere mit Gefühlen verbunden sind). Denn in
kritischen Situationen werden Menschen anscheinend bevorzugt von Gefühlen
gesteuert und weniger vom Verstand (dieser bekommt, wenn überhaupt,
erst im zweiten Schritt eine Chance).
|