"Wir joggen
für unser seelisches und körperliches Wohlbefinden und nicht um
anderen zu zeigen, dass wir die schnellsten, besten und größten
Läufer sind."
Unter diesem Leitmotiv steht das vorliegende Buch. Die Leser
erhalten Informationen darüber, in welchem Ausmaß seelische
Ausgeglichenheit und Stabilität, Kreativität und gesundes
Selbstbewusstsein durch das Joggen hergestellt und erhalten werden
können. Es wird gezeigt, in welchen Bereichen das Laufen zur
Behandlung und Vorbeugung psychischer Probleme genutzt werden kann
und welche großen Möglichkeiten bestehen, durch lockeres Joggen
Belastungen wie Stress, Ängste und Depressionen abzubauen.
Der Autor motiviert insbesondere jene, die sich bislang keinen
Dauerlauf zutrauen, etwas für ihr Wohlbefinden zu tun und zu laufen.
Konkrete - wissenschaftlich untermauerte und in der Praxis erprobte
- Anleitungen, wie das Joggen erlernt werden kann und wie eventuell
auftretende Schwierigkeiten zu meistern sind, helfen gerade dem
Noch-nicht-Jogger, sich diese großartige Möglichkeit der
Selbstbeeinflussung anzueignen. Das gilt für alle Altersgruppen und
ist unabhängig vom Geschlecht.
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Leseprobe:
LESEPROBE
Richtigstellung
„Du läufst doch nur mit den Patienten, weil du selbst laufen
willst“, lautete ein gängiges Vorurteil meiner Kolleginnen und
Kollegen, als ich während meiner Tätigkeit in einer psychiatrischen
Klinik das therapeutische Joggen einführte. Erst nachdem viele
Mitglieder des therapeutischen Teams eigene Erfahrungen mit dem
langsamen Dauerlauf machten, dämmerte die Erkenntnis, daß Laufen bei
vielfältigen, höchst unterschiedlichen Problemen hilft und es
keineswegs leicht ist, Psychiatriepatienten zum Joggen zu motivieren
und mit ihnen ganz behutsam das Laufen zu trainieren.
Andere — Menschen ohne Lauferfahrung — hingegen meinten, daß ich
schon immer ein ‘Marathon-Freak‘ gewesen sei und nun mein Hobby als
(Pseudo-) Therapie hochstilisierte. Was dabei vergessen wird ist,
daß ein Marathonlauf nichts mit therapeutischen Zielsetzungen zu tun
hat. Laufunerfahrene Menschen schrecken Begriffe wie Marathon eher
ab als sie dazu zu bewegen, sich auf das Erlebnis Laufen und Joggen
einzulassen. Es geht mir aber gerade darum, die Menschen, die sich
läuferisch nichts zutrauen, für diese effektive Methode der
körperlichen wie seelischen Gesundheit zu motivieren. Diesen
Menschen präsentiere ich mich gern als Modell, das sich von einem
Lauf-Saulus zu einem Lauf-Paulus gewandelt hat.
Laufen gehörte zu meiner Schulzeit zu den Betätigungen im
Sportunterricht, die für mich ausgesprochen aversiv waren. Bei dem
typischen schulischen 1000-Meter-Lauf hatte ich keine Chance
irgendwelche Pluspunkte zu gewinnen. Wenn die Klasse losrannte, fiel
ich schon nach wenigen Metern mit den berüchtigten Seitenstichen
zurück. Da ich keinen Sinn in diesem auf Leistung statt auf
Wohlbefinden ausgerichteten Lauf sah, bin ich dann — zum heftigen
Ärger meines damaligen Sportlehrers — ca. 80% der Strecke gegangen!
Meine Entwicklung zu einem Läufer erfolgte, als ich — altersmäßig
bereits Mitte 30 — in einer Fachzeitschrift einen Artikel las, daß
mit Hilfe des langsamen Dauerlaufs Ängste von Alkoholkranken
objektiv nachweisbar abgebaut wurden (Weber, 1984a). Meine Reaktion
war die eines typischen Nichtläufers — die Ergebnisse kamen mir kaum
glaubhaft vor. Als Verhaltenstherapeut hatte ich bereits ausgiebige
Erfahrungen in der Therapie von Angstzuständen, und Laufen gehörte
nicht zu den mir bekannten Methoden. Erst das systematische
Durchforsten der diesbezüglichen wissenschaftlichen Literatur
überzeugte mich. ‘Heimlich‘ machte ich im Urlaub meine ersten
Lauferfahrungen ohne Leistungsdruck und wurde zum begeisterten
Läufer.
Ich hätte vor 1984 nie geglaubt, daß ich einmal in der Lage sein
würde, zwei Stunden ununterbrochen zu laufen. Und wenn mir damals
jemand prophezeit hätte, daß ich auch noch bei Regen, Kälte und
Schnee laufen würde — ich hätte ihn für krank erklärt. Heute jogge
ich nach wie vor regelmäßig, ohne Leistungsehrgeiz, allein für meine
körperlich-seelische Ausgeglichenheit.
Seitdem ich laufe, geht es mir gesundheitlich um Klassen besser als
zu meiner ‘Nichtläuferzeit‘. Ein hervorragendes körperliches
Wohlbefinden und eine hohe psychische Belastbarkeit sind der Lohn
für den beim Laufen vergossenen Schweiß.
Die entscheidenden Punkte für meine Wandlung waren:
- Das wissenschaftliche Studium der therapeutischen Möglichkeiten
des Laufens. - Ein Lauflernprogramm ohne Leistungsdruck.
- Das persönliche Erleben der Verbesserung des körperlich-
seelischen Wohlbefindens.
- Meine Erfahrungen als psychologischer Psychotherapeut mit dem
Einsatz des Joggens bei meinen Patienten und Patientinnen im Rahmen
einer Gesamttherapie.
Mit meinem Buch will ich gerade die Leser die sich keinen Dauerlauf
zutrauen, motivieren, selbst etwas für ihr psychisches Wohlbefinden
zu tun — und zu laufen. Zu diesem Motivationsaufbau gehört zu
erfahren, wie nach dem der zeitigen wissenschaftlichen Stand, Laufen
und Joggen zur Behandlung und Vorbeugung psychischer Probleme
eingesetzt werden kann. Dies geschieht — mit einem kurzen Abriß über
die positiven körperlichen Effekte — im ersten Teil des Buches.
Es folgt die Erläuterung, wie diese Veränderungen durch das Laufen
zustande kommen, einschließlich einer kritischen Betrachtung des
inflationär gebrauchten Begriffs ‘Therapie‘. Schließlich möchte ich
den Leserinnen und Lesern ausführlich zeigen, wie sie, sei es allein
oder in der Gruppe, das Joggen erlernen können. |