Ein nach bewährten Regeln
durchgeführter Schlafentzug kann die medikamentöse Behandlung depressiver
Menschen sinnvoll ergänzen. Bei rund 60 Prozent der Patienten bessert eine
durchwachte Nacht die depressive Stimmung eindrucksvoll. Auch
psychomotorische und emotionale Hemmung sowie Unruhe, innere Spannung und
Getriebenheit, Angst und Suizidtendenzen sprechen manchmal auf
Schlafentzug günstig an.
Leider hält der Effekt
meist nur kurz an (selten länger als einen oder wenige Tage).
Wiederholungen sind daher sinnvoll (ein- bis zweimal pro Woche). Zu den
unerwünschten Begleiterscheinungen eines Schlafentzugs gehören verstärkte
Gereiztheit, Benommenheit und körperliches Unwohlsein.
Einen Schlafentzug führt
man üblicherweise nicht alleine durch, sondern in einer Gruppe. Er lässt
sich nicht nur in der Klinik realisieren, sondern ist auch ambulant
möglich. Man unterscheidet den „totalen“ vom „partiellen“ Schlafentzug.
Beim totalen Schlafentzug bleibt der Patient die ganze Nacht und den
gesamten Folgetag wach. Mit einer Besserung ist meist schon in den frühen
Morgenstunden zu rechnen. Beim partiellen Schlafentzug kann der Patient
bis kurz nach Mitternacht schlafen. Dann wird er geweckt und bleibt bis
zum Morgen sowie während des gesamten Folgetags munter. Diese Form eignet
sich besonders für die ambulante Anwendung. Sie kann ebenfalls in der
Klinik erfolgen, wobei sich der Patient nur zu diesem Zweck nachts im
Krankenhaus einfindet und dort die Hilfe der Nachtwache nutzt. Zu Hause
gelingt ein Schlafentzug besonders dann, wenn man dessen Nutzen schon
einmal erlebt hat. Wer noch nicht die nötige Erfahrung hat und direkt zu
Hause beginnen möchte, sollte einen Angehörigen bitten, während des
Schlafentzugs anwesend zu sein.
Alternativ zum
Schlafentzug kann man auch die Schlafphasen verschieben. Zu diesem Zweck
geht man relativ früh schlafen (17 Uhr), um dann bereits um 1 Uhr nachts
aufzustehen und munter zu bleiben. Dieses Vorgehen soll sich besonders für
therapieresistente Depressionen und manisch-depressive Erkrankungen
eignen.
Bei jeder Form des
Schlafentzugs muss der Patient ununterbrochen sowohl während der Nacht als
auch am Folgetag wach bleiben. Schon ein einziges kurzes Einnicken gefährdet
den möglichen Erfolg.
Schlafentzug kann die
Wirkungen einer medikamentösen Depressionsprophylaxe oder einer laufenden
Psychotherapie verstärken und so Rückfällen vorbeugen. |