Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Starker Anstieg der Syphilis - Deutschland mit höchsten Erkrankungszahlen in Westeuropa

fzm - Die guten Behandlungsmöglichkeiten der HIV-Infektion lassen immer mehr Deutsche sorglos werden. Die "Safe-Sex"-Regeln der späten 1980-Jahre scheinen vergessen. Die Folge ist eine rapide Zunahme einer anderen Geschlechtskrankheit, um die es in den letzten Jahrzehnten still geworden war: Die Zahl der Syphilis-Erkrankungen ist sprunghaft angestiegen. Mit 3,1 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner lag sie schon 2002 höher als in allen anderen westeuropäischen Ländern. Die Mehrzahl der Infektionen (70 Prozent) werde durch sexuelle Kontakte unter Männern übertragen, berichtet Dr. Joachim Dissemond vom STD-Kompetenzzentrum Nordrhein (STD steht für "sexually transmitted diseases", also Geschlechtskrankheiten) in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift (Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 2004). Insbesondere HIV-positive homosexuelle Männer würden immer häufiger auf Kondome verzichten - auch bei häufig wechselnden Partnerschaften oder riskanten Sexualpraktiken.

Dass sie sich mit einer Syphilis anstecken könnten, sei den meisten nicht bewusst. Der Grund: Die frühere "Geißel der Menschheit" ist kaum noch bekannt. Doch "Treponema pallidum", der Erreger der Syphilis, war niemals vom Aussterben bedroht, obwohl mit Penicillin seit den 1940er-Jahren eine äußerst wirksame Behandlung zur Verfügung steht. Resistenzen wie bei vielen anderen Bakterien sind nach Auskunft von Dr. Dissemond bisher nicht aufgetreten. Und bei Penicillin-Allergie stehen alternative Antibiotika zur Verfügung.

Seine Überleben verdankt der Syphiliserreger der hohen Ansteckungsfähigkeit, laut Dr. Dissemond beträgt die "Trefferquote" schon nach einmal Sex 60 Prozent. Im Mittel 21 Tage (Streubreite 3 bis 90 Tage) später kommt es dann zu dem meist schmerzlosen Geschwüren (Ulcus durum auch "harter Schanker" genannt) am Eintrittspunkt der Erreger. Bei Männern ist dies meistens die Eichel oder der Übergang zum Penisschaft. Je nach Art des Sexualkontakts können aber auch Mundschleimhaut, Gesichtshaut oder Brustwarze betroffen sein. Auf etwa 5 Prozent schätzt Dissemond diese "extra-genitalen Manifestationen".

Das Geschwür enthält massenhaft Bakterien, die nach einem Abstrich unter dem Mikroskop sichtbar sind. In der Regel verlassen sich die Ärzte heute bei der Diagnose jedoch auf Antikörpertests. Wird die Diagnose verpasst und keine Penicillin verordnet, heilt das Ulcus nach 2 bis 3 Wochen von selbst ab. Doch die Bakterien haben sich über einen Lymphknoten (der in den ersten Wochen angeschwollen ist) längst im Körper ausgebreitet. Etwa 9 Wochen nach der Ansteckung beginnt die zweite Phase der Erkrankung, von den Ärzten als sekundäre Syphilis bezeichnet. Die Beschwerden können sehr vielfältig sein. Typisch, aber nicht immer leicht zuzuordnen, ist ein Hautausschlag mit 0,5 bis 1,5 cm großen Rötungen. Häufig sind auch fleckförmige Aufhellungen der Haut am Hals, die als "Halsband der Venus" bezeichnet werden. Viele Erscheinungsformen der Syphilis haben ähnlich klangvolle Namen, sind deshalb aber nicht unbedingt leicht zu erkennen.

In etwa 75 Prozent der Fälle heilt die Syphilis nach dem Sekundärstadium aus - auch ohne Antibiotikabehandlung. In den anderen Fällen tritt die Syphilis - oft nach einer jahrelangen fast beschwerdefreien Zeit - in das dritte Stadium (tertiäre Syphilis) ein. In verschiedenen Körperregionen bilden sich Gewebswucherungen, sogenannte Gummen. Sie zersetzen auch die Wand der Bauchschlagader, was zu tödlichen inneren Blutungen führen kann. Ansteckend ist die Krankheit jetzt kaum noch. Die Bakterien wüten jetzt vor allem im Inneren des Körpers. Dies gilt auch für das Endstadium, in welchem es zum Befall des Gehirns kommt. Unbehandelt gehen die Patienten an fortschreitenden Lähmungen und Demenz zugrunde.

A. Körber et al.:
Syphilis - Die Rückkehr der "Geißel der Menschheit"
Deutsche Medizinische Wochenschrift 2004; 129 (39): 2053-2059