Israel/USA. Die meisten Parkinson-Kranken benötigen nicht nur
neurologische Betreuung und soziale Unterstützung, sondern auch eine
eingehende Sexualberatung. Wie zwei aktuelle Studien aufzeigen, sind
Parkinson-Patienten beiderlei Geschlechts in einem hohen Prozentsatz mit
ihrem Sexualleben unzufrieden. So benannten 32 von G. Bronner und
Mitarbeitern befragte Frauen mit Parkinson folgende Probleme: verringerte
Erregbarkeit (87,5 Prozent), Schwierigkeiten, zum Orgasmus zu gelangen (75
Prozent), mangelnde sexuelle Lust (46,9 Prozent) und sexuelle
Unzufriedenheit (37,5 Prozent). Ein ähnlich ungünstiges Bild zeigte sich
bei den an der gleichen Studie beteiligten 43 an Parkinson erkrankten
Männern. Ihr Sexualleben litt vor allem unter erektiler Dysfunktion (68,4
Prozent), sexueller Unzufriedenheit (65,1 Prozent), vorzeitiger
Ejakulation (40,6 Prozent) und Schwierigkeiten, einen Orgasmus zu erzielen
(39,5 Prozent). Nur 16,3 Prozent der Männer und 12,5 Prozent der Frauen
waren mit ihrem derzeitigen Sexualleben zufrieden. Zwei Drittel der
Befragungsteilnehmer gaben an, dass ihr Gesundheitszustand die Sexualität
beeinträchtigt. Gut ein Fünftel der Parkinson-Patienten war mittlerweile
aufgrund des neurologischen Leiden nicht mehr sexuell aktiv. Allerdings
gaben diese Personen vergleichsweise häufiger an, schon vor der
Parkinson-Erkrankung vermehrt unter sexuellen Dysfunktionen gelitten zu
haben. Und noch zwei weitere Befund der Studie verdienen der Erwähnung:
Auch die Dauer der Erkrankung und die Gabe dopaminerger Substanzen
schienen sexuelle Störungen zu begünstigen.
Eine Befragung von M.
Yu und Kollegen an 17 männlichen Parkinson-Kranken unterstreicht ebenfalls
die Notwendigkeit, Parkinson-Patienten sexualmedizinisch intensiv zu
beraten. In ihr bewerteten 82,4 Prozent der Teilnehmer ihre sexuelle
Funktionsfähigkeit so schlecht, dass die entsprechenden Scores in der
untersten Perzentile der Normalverteilung lagen. Interessanterweise wich
ein Score („sexuelle Phantasie“) deutlich von diesem Muster ab. Bei jedem
zweiten Teilnehmer lag hier der Score über der 50. Perzentile. Aus der
beschriebenen Diskrepanz folgern die Autoren folgern, dass
Parkinson-Patienten weiter stark an Sexualität interessiert sind und daher
dringend eingehender Beratung bedürfen.
Wie Bronner und
Mitarbeiter aufzeigen, kann das Parkinson-Leiden auf vielfache Weise
Sexualprobleme auslösen. So beeinträchtigen die motorischen Probleme
(Rigor, Tremor, Immobilität im Bett) die Fähigkeit, sich oder den Partner
zärtlich und einfühlsam zu berühren und so Lust und sexuelle Erregung
auszulösen. Verändertes Aussehen, verstärktes Schwitzen, vermehrter
Speichelfluss und Gehstörungen verringern die Attraktivität des kranken
Partners. Das typische „Maskengesicht“ täuscht mangelndes Gefühl und
fehlende Lust vor. Rigor und Bradykinesie zwingen den Kranken zu einer
eher passiven Rolle, während sie den Ehepartner zu aktiverem Verhalten
nötigen. Auf Schlafstörungen des Patienten reagieren manche Paare, indem
sie getrennte Schlafzimmer beziehen, was die Wahrscheinlichkeit intimer
Begegnungen verringert.
G. Bronner u. a.: Sexual dysfunction in Parkinson´s disease. Journal of
Sex & Marital Therapy 2004 (30) 95-105; M. Yu u. a.: Dimensions of sexual
dysfunction in Parkinson disease. Am. J.
Geriatr. Psychiatry 2004 (12) 221-226 |