1. Geduld üben: Im Fall einer Trennung kann man sich in der Regel
nicht sofort scheiden lassen. Grundsätzlich setzt die Einleitung des
Scheidungsverfahrens voraus, dass man ein Jahr lang „getrennt von Tisch
und Bett“ lebt. Trennung im Rechtssinne erfordert dreierlei:
(a) Die häusliche Gemeinschaft darf nicht mehr bestehen,
(b) ein Ehegatte muss den Willen haben, diese nicht wieder
herzustellen und
(c) ein Ehegatte muss das Motiv haben, die häusliche
Gemeinschaft deshalb nicht herstellen zu wollen, weil er die eheliche
Lebensgemeinschaft ablehnt: § 1567 Abs. 1 Satz 1 BGB: “Die Ehegatten leben
getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein
Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche
Lebensgemeinschaft ablehnt“.
2. Sichtbare Verhältnisse schaffen:
Die Trennung wird in der Regel durch den Auszug eines Ehepartners aus der
ehelichen Wohnung / dem ehelichen Haus vollzogen. Es kommt nicht
darauf an, wann sich wer wo bei dem Einwohnermeldeamt abmeldet. Ein
Getrenntleben ist - unter engen Voraussetzungen - auch innerhalb der
ehelichen Wohnung / dem ehelichen Haus möglich, § 1567 Abs. 1 Satz 2 BGB,
wenn eine strikte Trennung der Lebensbereiche durchgeführt und eingehalten
wird.
3. Schriftlich
dokumentieren: In
mehrfacher Hinsicht ist es hilfreich, wenn Sie untereinander schriftlich
festhalten: „Wir leben seit dem .... voneinander getrennt“.
-
Den Gang der Dinge kennen und
akzeptieren:
Das Scheidungsverfahren dauert regelmäßig mehrere Monate, ein ¾ Jahr ist
realistisch. Es gibt auch streitige Verfahren, die sich über Jahre
hinziehen.
5.
Das
zuständige Gericht ermitteln:
Zunächst ist das Amtsgericht - Familiengericht - örtlich zuständig, in
dessen Bezirk die Ehegatten gemeinsam zusammen leben. Sollte dies nicht
mehr der Fall sein, ist das Familiengericht zuständig, in dessen Bezirk
einer der Eheleute mit den Kindern lebt. Ist dies nicht gegeben, so ist
sodann das Familiengericht zuständig, in dessen Bezirk die Ehegatten
zuletzt gelebt haben, wenn einer der Partner noch dort wohnt.
6. Die Kosten errechnen:
Was kostet die Scheidung? Sprechen Sie hierüber mit Ihrem Anwalt!
Die Gebühren des Anwalts richten sich nach dem
Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, sie sind feststehend. Die Anwalts- und
Gerichtsgebühren für die „reine“ Scheidung berechnen sich nach dem
Streitwert, der sich aus dem addierten, jeweils dreifachen monatlichen
Nettoein-kommen der Eheleute (mindestens € 2.500,00) zuzüglich des Wertes
für den Versorgungsausgleich ( € 1.000,00 / € 2.000,00 ) ergibt. Geht es
daneben auch um Unterhalt (12-facher Monatsbetrag), Zugewinn (Höhe der
Ausgleichsforderung) etc., steigen Streitwert und Kosten. Einen
Kostenrechner finden Sie unter:
http://www.justiz.nrw.de/BS/Hilfen/Kostenrechner.php
7. Eigene Interessen nicht aufs Spiel setzen:
Es besteht die Möglichkeit, sich nur mit einem Anwalt zu scheiden lassen.
Ratsam ist dies generell nicht, denn das Verfahren beinhaltet komplexe
rechtliche Fragestellungen. Aus Gründen der Waffengleichheit ist es
ratsam, zwei Anwälte einzuschalten. Bedenken Sie hierbei folgendes: Der
Anwalt kann nur einen Auftraggeber vertreten, nimmt dessen Interessen zu
100 Prozent wahr und kann und darf nicht die Interessen des anderen
Beteiligten vertreten.
8. „Kampf um Kinder“ vermeiden:
Wenn Sie Kinder haben, verbleibt es fast immer bei dem gemeinsamen
Sorgerecht. Heutzutage wird nur noch in seltenen Ausnahmefällen einem
Elternteil das alleinige Sorgerecht übertragen. Nähere Informationen
finden Sie auf meiner Homepage unter der Rubrik Sorgerecht. Im Internet
finden Sie unter
www.sorgerecht.de nützliche Links und Diskussionsforen, in denen man
Erfahrungen austauschen kann.
9. Vom Fortbestand der Elternbeziehung ausgehen:
Derjenige, bei dem die Kinder nicht leben, hat ein verbrieftes Recht,
seine Kinder zu sehen, ein Besuchs- und Umgangsrecht. Nach § 1684 Abs. 1
BGB hat das Kind Recht auf Umgang mit jedem Elternteil, jeder Elternteil
ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt. Gemäß § 1684 Abs.
2 haben die Eltern alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum
jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder erschwert. Nach § 1626
III Satz 1 BGB gehört zum Wohl des Kindes in der Regel der Umgang mit
beiden Elternteilen. Der Umgang des Vaters (oder der Mutter) mit dem Kind
ist grundsätzlich nicht mehr vom guten Willen der Mutter (oder des Vaters)
abhängig.
10. Sich über Unterhaltsregelungen informieren:
Am häufigsten
stellt sich nach der Trennung die Frage nach der Finanzierung des weiteren
Lebens. Als Folge des Auseinanderfallens in zwei Haushalte entstehen
erhöhte Kosten. Nur wenige Gesetze regeln den Unterhalt. Diese sind auch
recht allgemein gehalten. Überwiegend wird das Unterhaltsrecht durch die
Rechtsprechung geformt. Deren Vereinheitlichung dienen Tabellen, Schlüssel
und Quoten.
11.
Modellrechnung erstellen:
Bei dem Unterhalt
gilt es zunächst zu klären, wie hoch der Bedarf des Berechtigten ist.
Sodann ist nach dem „unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen“ des
Verpflichteten zu fragen. Maßstab für die Höhe des Unterhaltes ist
grundsätzlich der Lebensstandard, den die Ehegatten bisher hatten, die
„ehelichen Lebensverhältnisse“.
12.
Sich bei der Unterhaltsberechnung fachliche Beratung
gönnen:
Zur Ermittlung des
Kindesunterhalts gibt (für den Köln / Düsseldorfer Raum!) die Düsseldorfer
Tabelle Auskunft:
www.olg-duesseldorf.nrw.de/service/ddorftab/intro.htm.Wichtig:
Errechnen Sie sich nicht selbst den Unterhalt! Nur der Fachmann kann die
Düsseldorfer Tabelle richtig lesen. Oft kommt es zu Über- oder
Unterzahlungen, weil die Tabelle falsch angewendet wird.
13.
Das „Unterhaltschaos“ entwirren:
Beim Ehegattenunterhalt ist streng zu unterscheiden zwischen dem
Trennungs- und dem nachehelichen Unterhalt, da diese an verschiedene
Tatbestände anknüpfen. Auch hier gilt erst Recht: Errechnen Sie sich nicht
selbst den Unterhalt! Die Rechtslage ist komplex. Als allgemeine
Richtschnur gilt: Nach Abzug des Kindesunterhaltes bemisst sich die Höhe
des Unterhaltes nach 3/7 der Differenz der Nettoeinkünfte.
14.
Weitere
Helfer kennen (insbesondere in Rentenfragen): Betreffs der von den Eheleuten erworbenen
Rentenanwartschaften werden diese automatisch im Scheidungsverfahren im
Rahmen des Versorgungsausgleiches auseinandergesetzt. Soweit in etwa
gleich hohe Anwartschaften erzielt wurden oder die Ehe nur kurz war, kann
man den Versorgungsausgleich durch einen Vergleich vor Gericht
ausschließen. Für Fragen zur Rente gibt es bei der
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) und der
Rentenversicherung der Arbeiter (LVA), die Institution des „Versichertenältesten“.
An diesen können Sie sich - vor Ort - generell bei Fragen zu Ihrer Rente
wenden. Im Internet finden Sie Rentenberater bei der BfA unter:
www.bfa.de, bei der LVA zum
Suchbegriff Beratungsstellen unter
www.lva.de.
15.
Regelungen
des Zugewinnausgleichs kennen und berücksichtigen:
Hinsichtlich des
während der Ehe erworbenen Vermögens, Erbschaften, Schenkungen etc. wird
im Scheidungsverfahren im Rahmen des Zugewinnausgleiches dieses
auseinandergesetzt. Grundsätzlich besteht der Anspruch auf Ausgleich des
Zugewinns erst in dem Moment, in dem das Scheidungsverfahren eingeleitet
wurde, also nach einem Jahr des Getrenntlebens. Es besteht allerdings die
Möglichkeit, diesen Stichtag per notarieller Vereinbarung früher zu legen.
Nähere Informationen hierzu finden Sie auf meiner Homepage unter
Eheverträge.
16.
Einen
geeigneten Anwalt finden:
Im Internet können Sie
über die Seite des Deutschen Anwaltsvereines unter
www.anwaltauskunft.de oder bei dem Anwalt-Suchservice, einem
gewerblichen Anbieter, unter
www.anwalt-suchservice.de einen Rechtsanwalt in Ihrer Nähe finden, der
sich schwerpunktmäßig mit diesem Rechtsgebiet befasst. Telefonisch
erhalten Sie bei der örtliche Rechtsanwaltskammer oder dem örtlichen
Anwaltsverein Auskunft.
17.
Ratgeberliteratur studieren:
(a)
"Scheidungsratgeber" von Sigrid Born, Nicole Würth, erschienen im
Uebereuter Wirtschaftsverlag, "WISO"-Reihe, November
2003,
(b) "Die Scheidung
nach neuem Recht" von Eva M. von Münch, DTV-Beck, Januar
2002,
(c) "Scheidungsratgeber
von Frauen für Frauen" von Gabriele Bechler-Minack u. a., Rowohlt
Taschenbuch Juni
2002,
(d) "Scheidungsratgeber
von Männern für Männer" von Christian Buchholz, Peter Loycke, Rowohlt
Taschenbuch, März 2003
18.
Steuerrechtlichen Fragen klären:
Im Jahr der Trennung
können sich die Ehegatten noch gemeinsam veranlagen lassen, die gewählten
Steuerklassen behalten. Die Kosten für die Scheidung und
Unterhaltszahlungen für den Partner sind zum Teil als Sonderausgaben /
außergewöhnliche Belastungen von der Steuer absetzbar. Ein
Beratungsgespräch bei einem Steuerberater oder die Anwendung eines guten
Steuerprogrammes ist zu empfehlen.
19.
Durch
Mitarbeit Kosten verringern:
Bewohnen Sie ein gemeinsames Haus, so machen Sie sich frühzeitig Gedanken
darüber, ob das Haus verkauft werden soll, von einem der Eheleute allein
bewohnt werden soll und der andere ausgezahlt wird etc. Erkundigen Sie
sich bei Ihrer Versicherung über den Wert Ihrer Kapitallebensversicherung.
Das Scheidungsverfahren wird erheblich beschleunigt und die Kosten werden
grundsätzlich niedriger gehalten, wenn man sich im Vorfeld der
eigentlichen Scheidung über die Verteilung des Vermögens einigen kann.
20.
Kinder
„heraushalten“:
Wohlgemeinter
Hinweis eines erfahrenen Richters bem hiesigen Gericht: „Ich scheide Sie
als Partner, nicht als Eltern“. Wenn Sie Kinder haben, halten Sie diese
aus Ihren partnerschaftlichen Schwierigkeiten heraus. Streiten Sie nicht
vor ihnen. Nehmen Sie keinen Einfluss auf sie und teilen Sie ihnen mit,
dass sie nichts mit der Trennung zu tun haben. Reden Sie vor den Kindern
nicht schlecht über den anderen Elternteil.
21.
Auf
Schuldzuweisungen verzichten und nach „Lösungen“ suchen: Schuldzuweisungen bringen nichts. „Schuld“ sind immer beide,
wenn es zur Trennung kommt. Anschließend hat jeder von beiden das Recht,
sich einen neuen Partner zu suchen. Trennungen beziehungsweise Scheidungen
liegt fast immer eine lange Entwicklung und die Erkenntnis zugrunde, dass
man sich (leider und dauerhaft) nicht mehr versteht. Gehen Sie also
vernünftig und so „lösungsorientiert“ wie nur irgend möglich miteinander
um.
22.
Die Fakten
akzeptieren und auf Selbstvorwürfe verzichten:
In unserer heutigen Gesellschaft ist die Ehe in der Regel
nicht mehr auf Lebenszeit angelegt (obwohl das Gesetz dies vorsieht: §
1353 Abs. 1 BGB und man sich dies ja vorgenommen und versprochen hatte
...).
23.
Sich mit
Gleichbetroffenen austauschen: Im Internet existieren zahlreiche Foren zum Thema Trennung,
Scheidung etc. (www.scheidungsfamilie.de,
www.alleinerziehend.de,
www.vaeter-notruf.de). Die Kirchengemeinden in Ihrer Stadt haben
Beratungsstellen und bieten Gesprächskreise an. Entnehmen Sie Ihrer
örtlichen Tagespresse Termine, in denen sich in Selbsthilfegruppen
Betroffene austauschen.
24.
Zur Ruhe
kommen: In der
akuten Trennungsphase ist es ratsam, Ruhe einkehren zu lassen. Ein
beschädigtes Schiff kann man nicht im Sturm reparieren! Sie haben immer
die Chance, sich zu versöhnen. Dafür hat der Gesetzgeber das Trennungsjahr
vorhergesehen, aber dies geht nicht auf Biegen und Brechen.
25.
Kein
Nachteil ohne Vorteil:
Wenn Sie wieder alleine sind, können Sie sich wieder mehr auf sich selbst
besinnen, eine Auszeit von der Beziehung / Beziehungen nehmen: Jedes Ende
ist auch ein neuer Anfang.
Haftungsausschluss:
Jeder Rechtsfall ist individuell zu beurteilen, Gesetze
werden laufend geändert und es ergehen eine Fülle neuer
Gerichtsentscheidungen täglich. Ich bitte daher um Verständnis, dass
keinerlei Gewähr für die jederzeitige Aktualität und Richtigkeit des
Inhalts übernommen werden kann. Die Darstellung enthält daher keine
verbindliche Rechtsauskunft, diese würde voraussetzen, dass alle Umstände
des Einzelfalles bekannt sind. Jegliche Haftung durch die Nutzung ist
ausgeschlossen. Für weiterführende Links wird ebenso keinerlei Haftung
übernommen.
© 2005 Rechtsanwalt
Jörg Schrewentigges |