Der Glaube, Alkohol
verringere die Angst vor einem öffentlichen Auftritt, steht auf
wackeligen Beinen. Wie eine Doppelblindstudie von J. A. Himle und Kollegen
an 40 Personen mit einer sozialen Phobie zeigt, verhelfen zumindest zwei
Wodka-Cocktails nicht dazu, angstfreier vor einer Gruppe zu reden. In
ihrer Untersuchung sollten alle Teilnehmer zwei improvisierte Reden
halten. Vor jedem Auftritt tranken sie in Abhängigkeit vom Körpergewicht
mindestens zwei Drinks, wobei sie nicht wussten, wann und wie viel Alkohol
gegebenenfalls darin enthalten war. Gurgeln und Mundspülungen mit
speziellem Wasser sowie die Aromatisierung der „Placebo-Getränke“
erschwerten die Unterscheidung zwischen alkoholisierten und
nicht-alkoholisierten Getränken. Unter diesem Vorgehen war keinerlei
Einfluss von Alkohol auf den Angstverlauf vor, während und nach der Rede
zu erkennen. Dagegen schien die irrtümliche Annahme, Alkohol getrunken zu
haben, Folgen zu entwickeln: Die 19 Personen mit dieser falschen Vermutung
litten vermehrt unter Erwartungsangst, während sie während der Rede
etwas niedrigere Angstpegel aufwiesen. Letzteres könnte nach Ansicht der
Autoren daran liegen, dass Fehlleistungen dem Alkohol zugeschrieben
werden, wodurch das Selbstbild der Redner weniger in Frage gestellt wird.
Fazit:
Für Menschen mit einer sozialen Phobie ist Alkohol ein untaugliches
Anxiolytikum. Wirkungen zeigen auch in diesem Zusammenhang vor allem die
Gedanken bzw. Erwartungen der Betroffenen.
J.
A. Himle u.a.: Effect of alcohol on social phobic anxiety. Am. J.
Psychiatry 1999 (156) 1237-1247
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