Norwegen. Moderne
Beratungsstile tendieren dazu, den Gesprächsverlauf an den Vorstellungen
des Patienten und weniger an denjenigen des Arztes zu orientieren. Wie
eine Studie von P. K. Graugaard und A. Finset andeutet, begrüßen
keineswegs alle Beratungssuchenden eine solche „patientenzentrierte
Kommunikation“. In der norwegischen Studie ließen sich 21 von Natur aus
hochängstliche und 20 wenig ängstliche Studentinnen von dem gleichen
Arzt rund 20 Minuten lang beraten. Letzterer wählte in randomisierter
Form entweder einen patientenzentrierten oder einen arztzentrierten
Kommunikationsstil. In keinem Fall wusste er, wie ängstlich die jeweilige
Klientin war. Während wenig ängstliche Studentinnen mit dem
patientenzentrierten Stil signifikant häufiger zufrieden waren,
reagierten die hochängstlichen Frauen emotional günstiger auf den
arztzentrierten Stil. Die norwegischen Wissenschaftler empfehlen daher,
den Beratungsstil an wichtigen Eigenschaften des Patienten, insbesondere
dessen Ängstlichkeit, zu orientieren. Möglicherweise wünschen sich hochängstliche
Menschen eine klare Beratungsstruktur und einen väterlichen
Betreuungsstil. Wenn sich ein Arzt zu sehr an den Bedürfnissen seiner
Patienten orientiert, interpretieren sie dies vielleicht als Versuch, aus
der Verantwortung zu schlüpfen.
P.
K. Graugaard u.a.: Trait anxiety and reactions to patient-centered and
doctor-centered styles of communication: an experimental study.
Psychosomatic Medicine 2000 (62) 33-39
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