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Wie entstehen
Tierphobien?
Den meisten Menschen
haben Abneigungen (Abscheu) gegenüber bestimmten Tieren, ohne dass dies
gleich als „Angst“ erlebt wird. Auch Tiere wirken gegenüber
artfremden Tieren „scheu“ und „vorsichtig“. Für Erwachsene gehört
es eher zu den Ausnahmen, eine Tierphobie zu entwickeln. Die meisten
bringen ihre Tierphobie schon aus der Kindheit mit, was zeigt, dass
Tierphobien sehr hartnäckig sein können. Wenn es hochkommt,
erinnern sich maximal 50 Prozent der Betroffenen an eine konkrete auslösende
Ursache (z.B. einen Hundebiss). Schlimme Ereignisse („Lernen aus
eigener Erfahrung“) findet man am häufigsten im Zusammenhang mit
Hunden, seltener mit Spinnen und Schlangen.
Bei einem großen Teil
der Tierphobiker leidet oder litt bereits ein Elternteil
(meist die Mutter) ebenfalls an einer Phobie (z.B. fast 40 der Mütter
von Spinnen-Phobikerinnen in einer Studie). In solchen Fälle kann die
Phobie erlernt sein („Lernen am Modell“) oder auf einer Veranlagung
beruhen. Auch eine Mischung aus beidem ist möglich. Neben dem Lernen
durch Beobachtung können sich auch Ängste durch Informationen („elterliche
Warnungen“) übertragen (dazu muss man das Tier gar nicht gesehen
haben).
Tierzuchtexperimente
bestätigen, dass man schreckhaft bzw. sicher wirkende
Tiere züchten kann, was für eine erbliche Komponente von Angst spricht.
Dagegen zeigten Experimente an Affen-Jungtieren, dass die für Affen
charakteristische Furcht vor Schlangen offenbar erlernt ist: Jungtiere,
die noch nie eine Schlange gesehen hatten, zeigten nämlich keinerlei
Furchtreaktion, wenn sie dieser erstmalig "ohne Begleitung"
sahen. In Gegenwart älterer Tiere übernahmen sie aber deren
Furchtverhalten.
Durch ein entsprechendes Trauma
(Biss, Tritt durch ein Tier) oder durch eine Reizkoppelung kann
jederzeit eine Tierphobie neu entstehen. Bei einer Reizkoppelung
wird ein (beliebiges) Tier als ängstlich erlebt, weil es (mehr oder
weniger zufällig) gerade dabei ist, wenn jemand einen Angst- oder
Panikanfall erleidet. Das Tier wird dann zu einem Erinnerungsreiz,
der die einmal erlebte Angst und Panik wieder ins Gedächtnis ruft, ohne
dass das Tier „etwas dafür kann“. So gab es früher Experimente (die
man heute verbieten würde), in denen man ein kleines Kind und einen
harmlosen Hund zusammenbrachte. Immer dann, wenn das Kind zu dem Hund
blickte, klatschte der Versuchsleiter in die Hände und erschreckte das
Kind. In der Folge reichte es, wenn das Kind den Hund ansah, um mit Angst
zu reagieren. Ein weiteres Beispiel: Ein unbekannte Frau beugt sich mit
einem riesigen Hut, an dem Vogelfedern stecken, über ein Kind, das
erschrickt und später eine Vogelphobie entwickelt. Auch für zahlreiche
Tierarten ist die Konditionierbarkeit von Furchtreaktionen bereits
experimentell belegt (wie Fruchtfliegen, Meeresschnecken, Fische,
Eidechsen, Tauben, Ratten, Kaninchen, Katzen, Hunde, Berberaffen,
Paviane).
Für die Seele hat die
Verknüpfung von Angst mit äußeren Objekten vermeintliche Vorteile: Man
verschafft sich die Möglichkeit, solchen Objekten (und damit scheinbar
der Angst) aus dem Weg gehen zu können und man lenkt sich von der
Erkenntnis ab, dass sich Angst immer in uns selbst abspielt (wir uns also
letztlich mehr vor unserer eigenen Reaktion fürchten als vor dem Tier,
durch dessen Wahrnehmung Angst in uns entsteht).
Menschen mit spezifischen
Phobien wie überhaupt mit Angststörungen sind häufig sehr „stressanfällig“
oder im Vergleich zu anderen Menschen gesteigertem Stress
(Belastungen) ausgesetzt. Ihr Nervensystem ist gleichsam schon
aufgrund dieses Umstandes in „höchster Alarmbereitschaft“. Bei
ihnen genügt oft schon ein geringfügig erscheinender Zusatzreiz
(Erschrecken durch ein Tier), „um das Fass zum Überlaufen zu
bringen“, sprich: Angstsymptome zu entwickeln. So erklärt sich, warum
viele Menschen mit Tierphobien oft auch noch andere Ängste oder
Sorgen haben. Mitunter
bestätigen sich Menschen mit Tierphobie die "Berechtigung"
ihrer Angst, indem sie sich immer wieder von dem
"unkalkulierbaren" oder "gefährlich wirkenden"
Verhalten des Angsttieres überzeugen. Dabei merken sie nicht, dass sich
ihre eigene Unsicherheit und Schreckhaftigkeit auf das Tier überträgt
(besonders bei Hunden und Pferden kann man diese Beobachtung machen).
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