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Die
"klassische" und in ihrer Wirksamkeit bislang unübertroffene
Vorgehensweise ist die ausreichende "Konfrontation" mit
dem gefürchteten Objekt. Bei dieser handelt es sich um eine Form der "Verhaltenstherapie".
Sie beruht auf dem Prinzip, dass man sich so lange dem gefürchteten Tier
nähert bzw. aussetzt, bis die Angst von selbst immer weniger wird
(Gewöhnung). Dieses Ziel lässt sich auf zwei Wegen erreichen. Die
sanftere, aber zeitaufwendigere Methode ist die "Desensibilisierung",
bei der stufenweise der Angstreiz immer mehr gesteigert wird. Bei der
härteren Methode, dem "Flooding" (engl. Überfluten)
springt der Patient gleichsam ins kalte Wasser und setzt sich sofort dem
stärksten Angstreiz aus (Beispiel: Spinne über die Hand kriechen
lassen).
Das Vorgehen bei einer
Desensibilisierung könnte beispielsweise in folgenden Etappen ablaufen:
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über
die Tierangst sprechen, dies entlastet, insbesondere wenn die
Tierangst bislang aus Scham eher verschwiegen wurde (Spinnenangst wäre
durchaus ein gutes Partythema)
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sachlich
über Wesen und Bedeutung der Tierangst informieren (so
wie
es dieser Text versucht); dadurch erfolgt oft eine Stressreduktion und
wird Scham verringert)
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über das „Angsttier“ durch Bücher
oder Filme aufklären; so kann man Verständnis für das
Verhalten des Tieres entwickeln und sogar versuchen, „Sympathie“
zu dem Tier aufzubauen; beispielsweise indem dessen Nutzen für
den Menschen in Erinnerung gerufen wird (z.B. Spinnen fangen andere für
uns lästige Insekten, Hunde sind Freunde, Begleiter, Wächter usw.,
Bienen befruchten Blüten....). Es ist wichtig, das betreffende Tier
kennen zu lernen, „wie es tatsächlich ist“ (so stellen sich viele
Menschen Schlangen fälschlicherweise als „glitschig“ und deshalb
„eklig“ vor).
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Phantasiemäßiges
Vorstellen des Tieres und des persönlichen Kontaktes mit diesem
(Berühren usw.), Aufstellen und Betrachten entsprechender
Bilder und Figuren in der Wohnung, Malen und Zeichnen des Tieres
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Vorsichtige
Annäherung an das lebende Tier (z.B. durch Besuch eines
Naturkundemuseums mit ausgestopften Tieren, Zoobesuch, Aufenthalte in
Tierhandlungen, Besuch bei Freunden und Bekannten, die ein solches
Tier halten)
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Konkrete
und persönliche Kontaktaufnahme zu dem Tier (bei Freunden oder
Bekannten, im Tierheim unter Anleitung, beim Urlaub auf dem Bauernhof)
– der Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt
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Führen
eines Übungs-Tagesbuchs, in dem jeder Schritt sorgfältig
protokolliert wird, insbesondere sollte das Ausmaß der Angst vor
und nach den Übungen auf einer Skala von Null (angstfrei) und 10
(unerträgliche Angst) bewertet und notiert werden. So verschafft man
sich einen Überblick über die Zusammenhänge und den
Therapiefortschritt.
„Flooding“, die
massive Konfrontation mit dem höchsten Angstreiz (nach dem Motto „Wer
wagt, der gewinnt“), sollte man lieber einem erfahrenen Therapeuten überlassen.
Denn jeder „Selbstversuch“, der scheitert und in eine Flucht mündet,
verstärkt nur unnötig die Phobie. Beim Flooding kommt es besonders
darauf an, die Angstsituation ausreichend lang auszuhalten (wenigstens
eine Stunde) und eingefahrene Vermeidungsreaktionen zu verhindern
(z.B. Wegblicken, Weglaufen, Ablenken).
Das
Erlernen von Entspannungsmethoden (insbesondere einer beruhigenden
Atemtechnik, Stichwort: betont lange durch den Mund ausatmen, im Vergleich
dazu kürzer und „hechelnd“ durch die Nase einatmen) und Sozialkompetenz,
erleichtert es, den allgemeinen Stresspegel zu senken. Mitunter nutzt auch
ein Selbstsicherheitstraining. Entspannungsmethoden senken den
allgemeinen Erregungspegel und melden dem Gehirn "eine entspannte
Situation an der Front" zurück.
Zu den „modernen“
Behandlungsmethoden von Tierphobien gehören EMDR (Eye Movement
Densitization und Reprocessing), ein aus der Traumabehandlung kommendes
Verfahren, und die „virtuelle“ Therapie mit Computersimulation
(Hierbei trägt der Patient einen „Datenhelm“, in dessen eingebaute
Brille „phobische Szene“ eingespielt werden). Auch wenn diese Ansätze
nachweislich helfen, waren sie jedoch bislang in keinem einzigen Fall
effektiver als die „natürliche Konfrontation“. Hinzu kommt, dass
die genannten Methoden bislang erst von wenigen Therapeuten bzw. Kliniken
angeboten werden, also noch nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung
stehen.
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