Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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1. Hintergrund und Prinzip von Biofeedback


Fast alle (!!!) körperlichen Vorgänge sind uns unbewusst. Zu einem bestimmten Zeitpunkt können wir immer nur einen Bruchteil wahrnehmen. Voraussetzung ist, dass der betreffende Prozess eines oder (im günstigsten Fall) sogar mehrere unserer Sinnesorgane erregt. Außerdem müssen wir unsere Aufmerksamkeit auf das Geschehen richten. Funktioniert beides, eröffnet sich uns die Möglichkeit, die betreffenden Vorgänge willentlich zu beeinflussen.

Noch relativ einfach gelingt uns dies bei der Atmung: Wird uns bewusst, dass wir zu schnell atmen, können wir meist problemlos auf einen langsameren Takt umstellen. Ähnliches gilt für Verspannungen in größeren Muskelgruppen, bei denen es viele Menschen schaffen, willentlich wieder etwas „lockerer zu lassen“ (sofern sie sich ihrer Verspannungen bewusst sind). Schon schwieriger wird es, wenn es darum geht, ein „rasendes Herz“ zu verlangsamen, ein hochrotes Gesicht zu normalisieren oder Schweißausbrüche zu beenden. Spätestens beim Versuch, einen zu hohen Blutdruck zu senken, dürften die meisten kapitulieren.

Die aufgezeigten Unterschiede erklären sich dadurch, dass man relativ leicht erlernen kann, Skelettmuskeln zu kontrollieren. Das kann jeder an sich selbst überprüfen, wenn er versucht, unbekannte Bewegungsabläufe zu trainieren (beispielsweise als Rechtshänder die linke Hand einzusetzen). Beim Benutzen der Skelettmuskulatur liefern uns besonders der Lage- und Tastsinn sowie unsere Augen eine Fülle an Rückmeldungen darüber, ob sich die Muskeln bereits in der gewünschten Weise bewegen. Ist das nicht der Fall, üben wir solange weiter, bis das angestrebte „Bewegungsprogramm“ gefunden ist. Dieses schleifen wir dann durch Wiederholungen solange ein, bis es uns „in Fleisch und Blut übergegangen ist“ (wir also nicht mehr unsere Aufmerksamkeit darauf konzentrieren).

Bei vielen Körperfunktionen fehlt uns leider eine dem Bewegungsapparat vergleichbare Fülle an „Feedback-Lieferanten“. Beispiel dafür ist der bereits erwähnte Blutdruck. Um ihn genau registrieren zu können, sind wir in aller Regel auf Messgeräte angewiesen, die uns dann gleichsam als „Ersatzsinnesorgan“ dienen. Solche „Ersatzsinnesorgane“ sind die Grundlage der therapeutischen „Biofeedback-Verfahren“.

Um ein wirksames „Feedback“ geben zu können, muss die Rückmeldung durch das Messgerät allerdings schnell erfolgen. Anderenfalls können wir kein Gespür dafür entwickeln, wie sich der Zustand anfühlt, den uns das Gerät gerade anzeigt. Denn wenn die Meldung erst eintrifft, wenn sich der körperliche Zustand erneut verändert hat, können wir keinen Zusammenhang mehr zwischen dem gemessenen Wert und dem gefühlten Körperzustand herstellen. Auch darf unsere Aufmerksamkeit nicht durch andere Dinge abgelenkt sein, da wir sonst kein bewusstes Gefühl für den aktuellen Körperzustand entwickeln können. Deshalb sind handelsübliche Blutdruckmessgeräte leider keine idealen „Biofeedback-Geräte“. Denn zum einen dauern ihre Messungen relativ lange, zum anderen ist man gerade bei der Selbstmessung so intensiv mit dem Messvorgang beschäftigt, dass man sich kaum auf das momentane Körpergefühl konzentrieren kann.

Weitaus geeignetere Biofeedback-Geber sind Pulsmesser oder Instrumente, die die Leitfähigkeit der Haut messen. Solche Geräte erleichtern es dem Benutzer, sich ganz auf sein momentanes Körpererleben zu konzentrieren, während er durch optische oder akustische Signale erfährt, ob er sich dem erwünschten Ziel (Beispiel: Muskelentspannung) nähert oder sich eher davon entfernt. Diese Methode ähnelt Kinderspielen, bei denen man mit verbundenen Augen etwas sucht, während man von den Mitspielern durch die Information „heiß“ oder „kalt“ erfährt, wie aussichtsreich das momentane Suchverhalten gerade ist.

Wird der Zielzustand erreicht, kommt es darauf an, sich das damit verbundene Erleben soweit einzuprägen, dass es später willentlich – und ohne äußeren Feedbackgeber – wieder hergestellt werden kann. Dabei ist es wichtig, Unterschiede zwischen dem Zielzustand („Entspannung“) und dem unerwünschten Zustand („Verspannung“) erkennen zu können. Wenn dies gelingt, kann man sich selbst das Feedback geben, das anfänglich vom Feedbackgerät geliefert werden musste.

Biofeedback hilft uns also, aus der Fülle möglicher Körperzustände besonders günstige „herauszufiltern“ und sie so einzuüben, dass sie uns bei Bedarf leichter zur Verfügung stehen. An die Stelle des äußeren Biofeedbackgebers tritt allmählich ein durch Gespür zu identifizierender und willentlich herbeizuführender Körperzustand, der mit dem angestrebten Zielzustand eng gekoppelt ist. Die Situation ähnelt somit einem Krimi, in dem eine entführte Person mit verbundenen Augen versucht, alle möglichen Reize (Straßengeräusche, Temperaturen, Gerüche) wahrzunehmen, um mit Hilfe des Gesamteindrucks das Versteck später wieder zu finden.

Exkurs: Vermutlich verdanken wir auch unsere Fähigkeit, Gefühle wahrnehmen zu können, einem Biofeedback-Prozess. Indem andere Mensch auf uns traurig, freudig, ängstlich usw. reagieren („Gefühlsansteckung“), liefern sie uns Rückmeldungen darüber, dass auch in uns selbst zum selben Zeitpunkt emotionale Vorgänge ablaufen. Der entsprechende Lernprozess setzt schon in den ersten Lebenstagen ein. Wenn wir Glück haben, helfen uns unsere Bezugspersonen in dieser wichtigen Lebensphase, eine Vielfalt an Gefühlen wahrzunehmen und mit diesen angemessen umzugehen. Läuft es weniger gut, etwa weil die Eltern depressiv oder abwesend sind bzw. emotional nicht reagieren, wird das Kind später vermutlich Schwierigkeiten haben, eigene Gefühle zu erkennen. Möglicherweise wird es dann verstärkt dazu neigen, die mit Gefühlen verbundenen körperlichen Veränderungen (z.B. Herzrasen, Durchfall, Schwitzen) nicht als Gefühlsausdruck, sondern als gefährliche „Krankheit“ zu werten. Solche Menschen neigen möglicherweise vermehrt dazu, äußere Feedback-Geber zu nutzen, wie die Meinung anderer Menschen, die Uhr (sie essen, wenn es 12 Uhr ist und nicht weil sie Hunger haben) und die Waage (sie streben das gesellschaftlich vorgegebene Idealgewicht und nicht das Gewicht, mit dem sie sich wohl fühlen).