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Eines Tages erwischte
mich wieder einmal eine Panikattacke. Und zwar zu Hause. Nachdem ich mich
zuvor bereits zweimal bei einer solchen Gelegenheit in ein Krankenhaus
hatte bringen lassen, wo festgestellt wurde, dass von einem Herzinfarkt
oder anderen lebensbedrohlichen Krankheiten keine Spur festzustellen war,
wollte ich mich kein weiteres Mal lächerlich machen und erneut einen
Notarzt rufen. Natürlich gab es in mir eine Stimme, die mir einreden
wollte, dass es dieses Mal vielleicht doch ein Infarkt sein könnte und
dass sich die Ärzte eventuell bei ihren Untersuchungen getäuscht haben
könnten und dass auch die besten Ärzte nicht in die Zukunft schauen
können, so dass es sich also jetzt tatsächlich um den Ernstfall handeln
könnte. Aber die Vorstellung, wieder im Krankenhaus zu landen, und
spätestens dort wieder von allen körperlichen Symptomen nichts mehr zu
verspüren, die Vorstellung, dass dies nun meine Zukunft sein sollte, alle
paar Tage von der Angst aus dem Haus vertrieben zu werden und die Geisel
meiner Einbildungen zu werden, ließ mich mit dem Mute der Verzweiflung den
Entschluss fassen, dieses Mal den „Herzinfarkt“ über mich ergehen zu
lassen. Soll es mich doch erwischen, und wenn schon, dann habe ich es
wenigstens hinter mir. Ich legte mich aufs Sofa, breitete die Arme aus und
sagte laut: „Na los, Angst, zeig was du kannst, ich wehre mich nicht mehr,
du kannst mit mir machen, was du willst.“ Und sie kam. Sie versuchte es
erst, indem sie meinen Herzschlag zum Rasen brachte, mir den Schweiß auf
die Stirn trieb und meine Zähne zum Klappern brachte.
- Komm, Angst, lass Dir
etwas Neues einfallen, die Tricks kenne ich schon, damit kriegst Du mich
nicht mehr, Du musst schon noch mehr Gas geben. Ja, okay, ein bisschen
Schwindel dazu, das ist nicht schlecht, aber egal, du weißt genau, dass
ich das auch schon kenne. Im übrigen ist es mir scheiß egal, ob ich jetzt
abkratze, mach also ruhig weiter und streng dich gefälligst etwas mehr
an. Oh ja, das ist nicht schlecht! Du stürzt Dich auf meine anderen
Organe. Du wühlst Dich vom Herzen hinab in meine Eingeweide, aber es tut
gar nicht weh, es ist eher so, als ob alle Organe in meinem Leib anfangen
sich zu bewegen, um Dich rauszuschmeißen. Etwas wühlt und zuckt in mir,
aber ich wehre mich nicht, ich lasse es zu, ich bin wie eine Beobachter,
der einem Wettkampf zuschaut und interessiert registriert, wie Schauplatz
und Kampfmethoden wechseln. Merkwürdig, ich habe gar keine Angst, es ist,
als ob das, was da in mir vorgeht, eigentlich nichts mit mir zu tun hat.
Das „Schlachten-getümmel“ in mir wird allmählich schwächer. Da zuckt es
noch ab und zu, hie und da noch
Zwicken und Zwacken. War
das schon alles, Angst, hast Dich wohl verausgabt?
Und ich, ich lebe noch,
ja ich lebe noch, ich richte mich ein wenig auf und schaue an mir
herunter. Ich lebe noch, ich habe keinen Arzt, keinen Krankenwagen, kein
Krankenhaus gebraucht, ich bin zu Hause, ich kann aufstehen, mir ist nicht
schwindelig, mein Herz schlägt schon fast wieder normal. Ich bin nur sehr,
sehr müde und vor allem sehr, sehr glücklich und stolz.
Angst, Du treibst mich
nie mehr aus meinem Haus. Du hast verloren. |
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