Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Durchbruch einer Angstkette
 

Man hat das Gefühl, sie geht nie vorbei: Die Angst! Und irgendwann im Laufe des Tages, wo man endlich das Gefühl hat, sie sei weg, meldet sie sich wieder. Ohne Termin, ohne Absprache, ohne Anklopfen, ohne Nichts. Und wie oft fragen wir uns:  Wieso, warum, was habe ich wieder falsch gemacht? Im Grunde genommen haben wir nichts falsch gemacht. Der Grund bzw. die Antwort, dass sie nicht mal weg ist bzw. schon wieder da ist, beruht darauf, dass ihre Spuren uns ins Schrecken versetzen. Sie bilden somit einen Kreis, in dem wir uns letztendlich von morgens bis abends, oder bei den meisten von morgens bis morgens aufhalten.

Eine Halskette hat nur dann ihre volle Funktion, wenn ihre Glieder lückenlos miteinander verbunden sind. Bricht ein einziges Glied in der Kette ab, ist die Halskette solange nicht mehr funktionell, bis wir dieses eine abgebrochene Glied repariert haben.

Wie oft haben wir uns gefragt, ob es überhaupt etwas bringt, uns einer Angstsituation zu stellen, wobei wir im voraus wissen, dass sie uns in einer anderen Situation wieder erwischt. 

Am Anfang hat uns die Angst – natürlich unbewusst - höchstens einmal im Laufe einer Woche erwischt, dann sogar einmal täglich und damit es noch schlimmer wird, schließlich einmal stündlich. Sie hat uns im Griff, sie hat uns in ihren Kreis eingeschlossen.

Dieser Kreis ähnelt für mich einer Halskette.

Wie schön die Halskette auch aussehen mag, so rasch ist sie UNFUNKTIONELL, sobald nur ein einziges Glied heraus gebrochen ist, und zwar solange, bis wir sie nicht repariert haben. Gibt uns  dieser Vergleich nicht ein Beispiel dafür, wie verdammt wichtig es ist, sich einer Situation zu stellen, vor der wir solche Angst haben? Denn der einzige Unterschied zwischen Angst und einer Halskette ist folgender: Die Halskette besteht aus mehren Hunderten von Gliedern, die Angst aus mehreren Hunderten von Ereignissen, bei denn wir uns sozusagen zu Tode erschrocken haben oder erschrocken wurden. Gelingt es uns nur ein einziges Mal, eine Angstsituation durchzubrechen, machen wir die Angst selbst für einen Tag UNFUNKTIONELL, bis sich die Angst wieder repariert hat. Und sie repariert sich, sobald wir uns wieder furchtbare Dinge vorstellen. Warum sollte es uns nicht gelingen, die Angstkette zu zerreißen? Wir haben es doch x-mal geschafft. Wir waren stolz auf uns. Uns ging es nach dem Durchbruch den ganzen Tag  wunderbar, bei manchen sogar ein paar Tage, wenn nicht sogar eine oder mehrere Wochen. Wir haben mit nur einem Durchbruch einer Angstsituation die Angst unfunktionell gemacht. Was für uns viel wichtiger nach einem „Kaputtmachen so eines Gliedes aus der Angstkette ist“, dass wir festgestellt und begriffen haben, dass es von all diesen furchtbaren Vorstellungen und Bedrohungen, in die uns die Angst vor dem Durchbruch versetzte, keine einzige Spur während des Durchbruches gab. Damit ist es uns gelungen, nicht nur die Angstkette zu durchbrechen, sondern wir haben es auch geschafft, die Angst selbst und ihre scheinbaren und schrecklichen Bedrohungen für kurze Zeit zu durchschauen.

Zum Schluss möchte ich mit größtem Vergnügen von einem eigenen "Durchbruch" erzählen. Er ist gerade eine Woche alt.

Da ich gläubig bin, wollte ich letzte Woche zur Ostermesse mit meiner Familie in die Kirche  gehen. Für jeden, der keine Angst und Panikattacken hat, ist das kein Problem. Er macht das aus Freude. Ich selbst hatte keine Freude bei dem Gedanken, dass in der Kirche über fünfhundert Leute sein werden, die ich zum größten Teil kennen. Ich hatte Angst, in die Kirche zu gehen, weil ich schon einmal in einer Kirche eine Panikattacke erlebt habe. Mir wurde es damals so schwindelig, dass ich das Gefühl hatte umzukippen. Seitdem war es für mich eine Horror-Vorstellung, in die Kirche zu gehen. Meine Frau weiß natürlich davon. In sagte zu mir und auch zu meiner Frau: „Ach, was soll´s!“ Ich gehe und wenn es mir wider schwindelig werden sollte, dann gehe ich einfach raus. Es war so weit: Wir kamen vor der Kirche an und wollten gerade die Kirche betreten. Als ich die Menge sah, wurde es mir langsam schwindelig. Ich sagte zu mir: „Mensch, du brauchst dich doch nicht unter Druck zu setzen. Wenn du das Gefühl hast, das nicht mehr aushalten zu können, dann geh doch ruhig raus. Keiner zwingt dich, hier zu bleiben.“

Dann fiel mir aber folgender Satz ein: „ Wenn du die Angst besiegen willst, darfst du nicht raus gehen. Sonst hat die Angst wieder gewonnen.“ Und ich wusste,  die Angst setzt mich jetzt unter Druck, dass ich nicht rausgehen darf, sonst habe ich wieder verloren. Und wenn ich drinnen bleibe, werde ich mich eine Stunde lang derart quälen, dass ich eine schreckliche Erinnerung behalten werde. Dann werde ich jedes Mal erneut Angst bekommen, wenn ich wieder in die Kirche gehen möchte.

Da entschied ich mich, sofort raus zugehen. Und ich bin sicher, dass es richtig war, was ich in dem Moment gemacht habe. Ich erkläre auch warum.

Als ich draußen war, kam bei mir ein Freude auf. Nicht weil ich mich draußen "gerettet" fühlte, sondern darüber, dass ich zehn Minuten lang in der Kirche gewesen war. Meine Einstellung änderte sich plötzlich so grundlegend, dass ich es noch immer nicht richtig fassen kann. Ich sagte zu mir: „ Du hast es geschafft, die Angstkette zwar nur für zehn Minuten zu durchbrechen, aber immerhin hast du sie durchbrochen. Und was ich dabei außerdem noch geschafft habe: Ich ließ mich nicht durch die Angst unter Druck setzen. Es bekam plötzlich so ein "Appetit", noch mal rein zu gehen. Und ICH GING WIEDER REIN. Als ich drinnen war, kam erneut Angst hoch, aber auch gleichzeitig der Gedanke: „Mensch, ich habe dir gesagt, du darfst jeder Zeit wieder rausgehen, wenn du das Gefühl hast, es nicht mehr aushalten zu können.“ Meiner Angst wurde es in dem Moment sofort klar, dass sie mich nicht mehr mit der Behauptung unter Druck setzen kann Wenn ich rausgehe, werde ich das Gefühl behalten, wieder verloren zu haben". Die Messe dauerte über achtzig Minuten! Und ich blieb!

Als sie vorbei war, hatte ich das Gefühl, sie dauerte nur acht Minuten. Ich stand die ganze Zeit mitten in der Kirche. Ich habe die Messe dermaßen mit Spaß und Freude verfolgt wie nie zuvor.

Ich will allen, die gleiche Probleme mit Angst und Panikattacken haben, damit etwas sagen: „Hätte mich die Angst unter Druck gesetzt, nicht rausgehen zu dürfen, wäre ich anstatt zehn Minuten vielleicht zwanzig oder dreißig oder sogar bis zum Schluss in der Kirche geblieben. Dann hätte ich die Kirche KRAFTLOS UND VÖLLIG ERSCHÖPFT verlassen, so dass ich nächstes Mal beim Gedanken an den Kirchgang sofort wieder Angst und Panikattacke bekommen hätte.

„Ihr, draußen! Geht ruhig raus, lasst euch nicht durch die Angst unter Druck setzen. Kämpft nicht gegen die Angst!“

Ein Boxer im Ring schlägt höchstens für zehn bis zwanzig Sekunden auf den Gegner ein. Dann zieht er sich schnell zurück und er wiederholt das hundert Mal während eines Kampfes.

Ich hatte mich für die Art des Boxers entschieden,
es kostete mich kaum Kraft und der Sieger war ich zum Schluss!!!

Ihr habt mich verstanden - da bin ich mir sicher.