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Man hat das Gefühl, sie
geht nie vorbei: Die Angst! Und irgendwann im Laufe des Tages, wo man
endlich das Gefühl hat, sie sei weg, meldet sie sich wieder. Ohne Termin,
ohne Absprache, ohne Anklopfen, ohne Nichts. Und wie oft fragen wir uns:
Wieso, warum, was habe ich wieder falsch gemacht? Im Grunde genommen haben
wir nichts falsch gemacht. Der Grund bzw. die Antwort, dass sie nicht mal
weg ist bzw. schon wieder da ist, beruht darauf, dass ihre Spuren uns ins
Schrecken versetzen. Sie bilden somit einen Kreis, in dem wir uns
letztendlich von morgens bis abends, oder bei den meisten von morgens bis
morgens aufhalten.
Eine Halskette hat nur
dann ihre volle Funktion, wenn ihre Glieder lückenlos miteinander
verbunden sind. Bricht ein einziges Glied in der Kette ab, ist die
Halskette solange nicht mehr funktionell, bis wir dieses eine abgebrochene
Glied repariert haben.
Wie oft haben wir uns
gefragt, ob es überhaupt etwas bringt, uns einer Angstsituation zu
stellen, wobei wir im voraus wissen, dass sie uns in einer anderen
Situation wieder erwischt.
Am Anfang hat uns die
Angst – natürlich unbewusst - höchstens einmal im Laufe einer Woche
erwischt, dann sogar einmal täglich und damit es noch schlimmer wird,
schließlich einmal stündlich. Sie hat uns im Griff, sie hat uns in ihren
Kreis eingeschlossen.
Dieser Kreis ähnelt für
mich einer Halskette.
Wie schön die Halskette
auch aussehen mag, so rasch ist sie UNFUNKTIONELL, sobald nur ein einziges
Glied heraus gebrochen ist, und zwar solange, bis wir sie nicht repariert
haben. Gibt uns dieser Vergleich nicht ein Beispiel dafür, wie
verdammt wichtig es ist, sich einer Situation zu stellen, vor der wir
solche Angst haben? Denn der einzige Unterschied zwischen Angst und einer
Halskette ist folgender: Die Halskette besteht aus mehren Hunderten von
Gliedern, die Angst aus mehreren Hunderten von Ereignissen, bei denn wir
uns sozusagen zu Tode erschrocken haben oder erschrocken wurden. Gelingt
es uns nur ein einziges Mal, eine Angstsituation durchzubrechen, machen
wir die Angst selbst für einen Tag UNFUNKTIONELL, bis sich die Angst
wieder repariert hat. Und sie repariert sich, sobald wir uns wieder
furchtbare Dinge vorstellen. Warum sollte es uns nicht gelingen, die
Angstkette zu zerreißen? Wir haben es doch x-mal geschafft. Wir waren
stolz auf uns. Uns ging es nach dem Durchbruch den ganzen Tag wunderbar,
bei manchen sogar ein paar Tage, wenn nicht sogar eine oder mehrere
Wochen. Wir haben mit nur einem Durchbruch einer Angstsituation die Angst
unfunktionell gemacht. Was für uns viel wichtiger nach einem „Kaputtmachen
so eines Gliedes aus der Angstkette ist“, dass wir festgestellt und
begriffen haben, dass es von all diesen furchtbaren Vorstellungen und
Bedrohungen, in die uns die Angst vor dem Durchbruch versetzte, keine
einzige Spur während des Durchbruches gab. Damit ist es uns
gelungen, nicht nur die Angstkette zu durchbrechen, sondern wir haben es
auch geschafft, die Angst selbst und ihre scheinbaren und schrecklichen
Bedrohungen für kurze Zeit zu durchschauen.
Zum Schluss möchte ich
mit größtem Vergnügen von einem eigenen "Durchbruch" erzählen. Er ist
gerade eine Woche alt.
Da ich gläubig bin,
wollte ich letzte Woche zur Ostermesse mit meiner Familie in die Kirche
gehen. Für jeden, der keine Angst und Panikattacken hat, ist das kein
Problem. Er macht das aus Freude. Ich selbst hatte keine Freude bei dem
Gedanken, dass in der Kirche über fünfhundert Leute sein werden, die ich
zum größten Teil kennen. Ich hatte Angst, in die Kirche zu gehen, weil ich
schon einmal in einer Kirche eine Panikattacke erlebt habe. Mir wurde es
damals so schwindelig, dass ich das Gefühl hatte umzukippen. Seitdem war
es für mich eine Horror-Vorstellung, in die Kirche zu gehen. Meine Frau
weiß natürlich davon. In sagte zu mir und auch zu meiner Frau: „Ach, was
soll´s!“ Ich gehe und wenn es mir wider schwindelig werden sollte, dann
gehe ich einfach raus. Es war so weit: Wir kamen vor der Kirche an und
wollten gerade die Kirche betreten. Als ich die Menge sah, wurde es mir
langsam schwindelig. Ich sagte zu mir: „Mensch, du brauchst dich doch
nicht unter Druck zu setzen. Wenn du das Gefühl hast, das nicht mehr
aushalten zu können, dann geh doch ruhig raus. Keiner zwingt dich, hier zu
bleiben.“
Dann fiel mir aber
folgender Satz ein: „ Wenn du die Angst besiegen willst, darfst du nicht
raus gehen. Sonst hat die Angst wieder gewonnen.“ Und ich wusste, die
Angst setzt mich jetzt unter Druck, dass ich nicht rausgehen darf, sonst
habe ich wieder verloren. Und wenn ich drinnen bleibe, werde ich mich eine
Stunde lang derart quälen, dass ich eine schreckliche Erinnerung behalten
werde. Dann werde ich jedes Mal erneut Angst bekommen, wenn ich wieder in
die Kirche gehen möchte.
Da entschied ich mich,
sofort raus zugehen. Und ich bin sicher, dass es richtig war, was ich in
dem Moment gemacht habe. Ich erkläre auch warum.
Als ich draußen war, kam
bei mir ein Freude auf. Nicht weil ich mich draußen "gerettet" fühlte,
sondern darüber, dass ich zehn Minuten lang in der Kirche gewesen war.
Meine Einstellung änderte sich plötzlich so grundlegend, dass ich es noch
immer nicht richtig fassen kann. Ich sagte zu mir: „ Du hast es geschafft,
die Angstkette zwar nur für zehn Minuten zu durchbrechen, aber immerhin
hast du sie durchbrochen. Und was ich dabei außerdem noch geschafft habe:
Ich ließ mich nicht durch die Angst unter Druck setzen. Es bekam plötzlich
so ein "Appetit", noch mal rein zu gehen. Und ICH GING WIEDER REIN. Als
ich drinnen war, kam erneut Angst hoch, aber auch gleichzeitig der
Gedanke: „Mensch, ich habe dir gesagt, du darfst jeder Zeit wieder
rausgehen, wenn du das Gefühl hast, es nicht mehr aushalten zu können.“
Meiner Angst wurde es in dem Moment sofort klar, dass sie mich nicht mehr
mit der Behauptung unter Druck setzen kann Wenn ich rausgehe, werde ich
das Gefühl behalten, wieder verloren zu haben". Die Messe dauerte über
achtzig Minuten! Und ich blieb!
Als sie vorbei war, hatte
ich das Gefühl, sie dauerte nur acht Minuten. Ich stand die ganze Zeit
mitten in der Kirche. Ich habe die Messe dermaßen mit Spaß und Freude
verfolgt wie nie zuvor.
Ich will allen, die
gleiche Probleme mit Angst und Panikattacken haben, damit etwas sagen:
„Hätte mich die Angst unter Druck gesetzt, nicht rausgehen zu dürfen, wäre
ich anstatt zehn Minuten vielleicht zwanzig oder dreißig oder sogar bis
zum Schluss in der Kirche geblieben. Dann hätte ich die Kirche KRAFTLOS
UND VÖLLIG ERSCHÖPFT verlassen, so dass ich nächstes Mal beim Gedanken an
den Kirchgang sofort wieder Angst und Panikattacke bekommen hätte.
„Ihr, draußen! Geht ruhig
raus, lasst euch nicht durch die Angst unter Druck setzen. Kämpft nicht
gegen die Angst!“
Ein Boxer im Ring schlägt
höchstens für zehn bis zwanzig Sekunden auf den Gegner ein. Dann zieht er
sich schnell zurück und er wiederholt das hundert Mal während eines
Kampfes.
Ich hatte mich für die Art des Boxers entschieden,
es kostete
mich kaum Kraft und der Sieger war
ich zum Schluss!!!
Ihr habt mich verstanden - da bin ich mir sicher.
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