Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

E-Mail: kontakt@dr-mueck.de (Keine Beratungen per Telefon oder E-Mail!) - Gerne können Sie diese Seite verlinken!

 

Web www.dr-mueck.de

Home
Nach oben
Impressum/Vorwort
Stichwortverzeichnis
Neues auf dieser Website
Depression + Trauer
Scham / Sozialphobie
Essstörungen
Stress + Entspannung
Beziehung / Partnerschaft
Kommunikationshilfen
Emotionskompetenz
Selbstregulation
Sucht / Abhängigkeit
Fähigkeiten / Stärken
Denkhilfen
Gesundheitskompetenzen
Selbsthilfe+Gesundheitstipps
Krisenintervention
Therapeuten-Suche
Über die Praxis Dr. Mück
Konzept+Methoden
Erfahrungsberichte
Lexikon/Häufige Fragen
Innovationen / Praxisforschung
Wissenschaftsinformationen
Gesundheitspolitik
Infos auf Russisch
English Version
 

 

Den Geist beruhigen / Zur Mitte finden
(dieser Text im pdf-Format)


Viele Menschen, wenn nicht sogar die meisten, erleben sich immer wieder als Opfer ihrer Gedanken (z.B. "Das kannst du nicht." "Du solltest besser..." "Andere werden von dir denken..."). Rund um die Uhr „plappert“ es innerlich. Dabei sind die inneren Vorschläge und Kommentare eher selten hilfreich. Zu dieser Situation passen die Ergebnisse einer Studie an 250.000 iPhone-Besitzern. Letztere wurden wahllos zu unterschiedlichen Zeitpunkten angerufen und danach befragt, womit sie sich gedanklich gerade beschäftigen. Ergebnis Rund die Hälfte war in Gedanken „woanders“, also nicht im „Hier und Jetzt“, sprich bei dem, was sie gerade taten. Interessanterweise fühlten sich diese Menschen deutlich unwohler als diejenigen, bei denen sich Denken und Tun deckten. Unter ihren Gedanken leiden besonders Personen, die von Ängsten, Zwängen oder Depressionen betroffen sind.

Nicht nur diese Zielgruppen, sondern vermutlich jede Frau und jeder Mann würden dauerhaft von einer „Praxis“ profitieren, die Prof. Dr. Sabine Bobert in ihrem Buch „Mystik und Coaching mit MTP – Mental Turning Point®“ beschreibt. Ausgehend von alten christlichen Meditations- bzw. Kontemplationstechniken hat die evangelische Theologin ein Konzept entwickelt, das insbesondere auch gestressten Menschen zu mentaler und emotionaler Ausgeglichenheit und innerer und äußerer Autonomie verhelfen kann. Die Vorschläge sind so formuliert, dass selbst spirituell wenig interessierte Menschen daraus Nutzen ziehen können.

Drei Arten von Übungen bilden die Basis des Konzepts. Bei ihnen geht es weniger um Denkinhalte oder Denkabläufe, sondern um das tägliche und konsequente Praktizieren bestimmter Verhaltensweisen, die auf Dauer neue Erfahrungen vermitteln und so verändernd wirken. Je eine Übung gilt der Entwicklung des WILLENS, der Pflege eines positiven GEFÜHLS und einem souveräneren Umgang mit dem dauernden und kaum kontrollierbaren DENKEN.

Die Willensübung zielt darauf ab, sich des eigenen Willens zu bemächtigen und dadurch autonomer zu werden, sich also weniger fremd steuern zu lassen. Psychotherapeuten würden sagen, dass auf diesem Weg vermutlich das Erleben von „Selbstwirksamkeit“ verbessert wird. Als „Willensübung“ dienen sehr einfache und möglichst zweckfreie Handlungen (sonst wäre der Wille nicht gefordert), die man jeden Tag zu bestimmten Uhrzeiten durchführt. Diese gibt man sich selbst vor und hält sie anschließend möglichst konsequent ein. Beispiel: Um 10 Uhr 45, 13 Uhr 30 und 19 Uhr 20 zupft man sich am rechten Ohrläppchen. Diese Übung gilt es dann Wochen und Monate beizubehalten, was in der Regel gar nicht einfach ist, dafür aber Willen (und Konsequenz) nachhaltig schult.

Bei der Gefühlsübung geht es darum, gezielt ein Gefühl von Liebe, Frieden oder Ruhe erzeugen zu können. Als Ausgangspunkt dienen in der Regel (meist bildhafte) Erinnerungsszenen aus dem eigenen Leben, in denen man eines dieser Gefühle erlebt hat. Dieses Gefühl wird dann täglich so erinnert, dass es wieder mit allen fünf Sinnen erlebbar wird. Anfangs ist es schon ein Erfolg, das betreffende Gefühl für wenige Minuten zu spüren. Im weiteren Verlauf wird es dann gelingen, immer größere Teile des Alltags in diesem Gefühl zu verbringen. Während es zu Beginn sinnvoll sein kann, sich einen ruhigen Moment für das Wiederbeleben des Gefühls zu ermöglichen, macht es später Sinn, gerade in unruhigen Augenblicken zu üben und so den jeweiligen Moment emotional zu verwandeln. Es empfiehlt sich, sich auf ein einzelnes Gefühl zu konzentrieren, bis dieses tief spürbar und problemlos aufrufbar ist, und erst dann weitere Gefühle einzuüben.

Die Gedankenübung soll helfen, sich vom analytischen und differenzierenden Denken (dem „Affengeist“, wie man im Buddhismus sagen würde) zu distanzieren. Dabei wird am grundsätzlichen Nutzen eines vernünftigen Denkens nicht gezweifelt !. Am besten gewinnt man gesunden Abstand zum Denken, wenn man konsequent mit Hilfe eines „Mantras“ übt, das man formelhaft jeden Tag so oft wie möglich wiederholt. Solche Mantren können weltanschaulich neutral sein und beispielsweise nur aus dem Wort „Liebe“ bestehen oder kurze positive Formeln umfassen wie „Liebe umgibt mich“, „Alles ist gut“ oder „Alles ist eins“. Für Menschen mit christlichem Hintergrund haben sich Formeln wie „Jesus Christus“ oder „Jesus Christus, erbarme dich meiner“ seit Hunderten von Jahren bewährt. Jeder Interessent kann und sollte selbst ausprobieren, welche Formel für ihn am besten „passt“ und ein Gefühl von Stimmigkeit auslöst. Es ist wichtig, dass die Formel möglichst frei von Bildern ist, damit keine konkreten Erwartungen erzeugt oder bestimmte Suggestionen damit verbunden werden. Nur so kann die Denkübung Neues ermöglichen, etwa eine angenehm überraschende Wachheit der Sinne, ein tiefer innerer Frieden oder ein völlig neues Bewusstsein von sich selbst. Das Wiederholen („Beten“) der Formel hilft, den „Filter“ unseres antrainierten klassischen Denkens zunehmend besser erkennen und dann auch verblassen zu lassen. Teilweise hat es sich bewährt, die Formel anfangs zu murmeln oder sie auch mit dem Atmen zu verbinden (sowohl in Ruhe als auch in Bewegung, etwa beim Joggen). Prof. Bobert ermutigt ausdrücklich dazu, insbesondere die vielen „Standby-Zeiten“ im Alltag für diese Übung zu nutzen (etwa beim Warten an der Supermarktkasse). Störende Einflüsse von innen oder außen sollten mit einem gelassenen „Es ist, wie es ist“ registriert, aber keinesfalls „bekämpft“ werden. Dies gilt auch für Widerstände oder unangenehme Körperempfindungen, die man lieber „Willkommen heißen“ sollte. Ein solches Vorgehen fördert eher das „Ganzwerden“, also die „Heilung“, als das häufig praktizierte Verdrängen, Ignorieren oder Abspalten.

Dieser Text kann und will nur ein „Appetitmacher“ sein. Wer sich auf das Konzept einlassen möchte (und dies kann fast jedem empfohlen werden), sollte sich nicht scheuen, in das erwähnte Buch hinein zu schnuppern. Darin beschreibt Frau Bobert in sehr verständlicherweise Weise das praktische Vorgehen mit vielen Beispielen und Erläuterungen. Da es sich um das Werk einer evangelischen Theologin handelt, liegt der Schwerpunkt auf Wissen und Gedanken der christlichen Tradition. Wer sich mit solchem Kulturgut schwer tut, wird möglicherweise die Lektüre nicht so genießen können, wie diese es verdient hat.

Quelle: Sabine Bobert: Mystik und Coaching mit MTP – Mental Turning Point®. Vier-Türme-Verlag 2011. ISBN 978-3-89680-518-8. 235 Seiten. Euro 19,95
Bei Amazon ansehen und bestellen