Seit der letzten Sitzung
sind einige Wochen vergangen. Ich habe mit meiner Freundin einen schönen
Urlaub verlebt, ich merke, dass ich mich erholt habe und dass ich
wenigstens für eine Zeitlang stressresistenter geworden bin. Ich habe aber
auch gemerkt, dass ein Urlaub eine außergewöhnliche Sache ist, die für
mich zumeist in einer fremden Umgebung stattfindet, in der ich mich auch
nicht immer nur wohl fühle. Ich glaube, dass ich zum Schluss sogar ein
bisschen Heimweh gehabt habe. Die Abwechslung hat mir aber auf jeden Fall
gut getan.
Als es in meiner freien
Zeit nach der Reise wieder etwas ruhiger wurde, merkte ich,
dass ich wohl
zu viel Zeit hatte, um über meine Befindlichkeiten nachzudenken, denn es
ging mir zwischenzeitlich nicht so besonders gut. Dr. Mück beneidete mich
um die viele Zeit, die mir zur Verfügung stand. Er bemerkte dazu, dass ich
mir doch mal überlegen sollte, Kinder in die Welt zu setzen. Er stellte
mir in Aussicht, dass danach wahrscheinlich nicht mehr besonders viel Zeit
übrig sein wird, um mir um meine Befindlichkeiten Gedanken zu machen.
Die Aussage von Dr. Mück
hat mich zum Nachdenken angeregt, ich habe auch mit meiner Freundin
darüber gesprochen. Wir leben noch nicht so lange zusammen und in unserer
Beziehung lief es nicht immer so rund, dass wir uns noch nicht
entschließen konnten, ernsthaft über ein Kind nachzudenken. Ich kann mir
aber vorstellen, dass das eine neue Aufgabe für mich sein könnte, die mein
Leben sehr verändern und auch für meine Probleme sehr hilfreich sein
könnte,
denn vielleicht ist es der Lebensinhalt, nachdem ich suche.
Festigkeit in der Partnerschaft, Verantwortung, ein Ziel, ein fester Ort,
an den ich gehöre. Dr. Mück gab mir dazu noch den Hinweis, dass die Gefahr
besteht, dass ich meine negativen Verhaltensweisen auf das Kind übertragen
könnte und dass ich deshalb besonders sorgfältig vorgehen sollte.
Ich habe in der Sitzung
bei Dr. Mück angesprochen, dass ich mir zu dem Kommentar von ihm viele
Gedanken gemacht habe, der die Möglichkeit einer Art Diagnose für mich
betrifft. Dr. Mück hatte
geschrieben, dass ich - wenn überhaupt- an einer leichten Form der
Dysthymie leiden könnte. Es handelt sich um einen längeren Zeitraum von
Depressionen, ständig schwankend, sich abwechselnd mit beschwerdefreien
Phasen. Als ich das Thema
angesprochen habe, war es Dr. Mück sehr wichtig, dass ich nicht so viel
Augenmerk darauf lege und die Sache am besten nicht weiter verfolge.
Es
wird dem Menschen nicht gerecht, ihn in seiner Einzigartigkeit in eine
solche Kategorie einzuordnen. Ich habe Dr. Mück erklärt, dass ich mich
keinesfalls so fühle, als würde mir ein Stempel aufgedrückt, das habe ich
von Anfang an nicht so empfunden. Nein, der Hinweis auf die fortdauernde
Beständigkeit meiner negativen Gefühle ließ in mir den Gedanken aufkommen,
meine negativen Befindlichkeiten noch mehr anzuzweifeln und die gerade
bestehenden Umstände und ihre Wirkung auf mich zu überprüfen. Mir wurde
klar, dass ich noch mehr dazu übergehen sollte, eine veränderte Denkweise
bei mir zu installieren. Ich muss aber auch sagen, dass das von Anfang an
ein wesentliches Element bei Dr. Mück war,
negative Einflüsse und Gedanken
so schnell wie möglich umzukehren. Es ist wirklich eine sehr hilfreiche
Sache, die es mir ermöglicht, nicht durch einen schlechten Moment oder
auch eine schlechte Stunde länger damit konfrontiert zu sein. Dr. Mück
fand es sehr gut, dass es mir immer wieder gelingt, negative
Befindlichkeiten innerhalb von kürzester Zeit umzukehren.
Dr. Mück gab mir aber
auch zu verstehen, dass viele Dinge in meinem Kopf verankert sind, die ich
nicht mehr rückgängig machen oder verändern kann. Vor allem in den ersten
drei Lebensjahren sind Erfahrungen überaus prägend, gleichzeitig ist aber
auch praktisch keine Erinnerung möglich, weil diese meist mit Sprache und
Logik erworben wird, die natürlich in den ersten Jahren noch nicht
vorhanden sind.
Dr. Mück riet mir nochmals, das zu akzeptieren und damit
und auch mit späteren Erfahrungen zu leben. Er erklärte mir dazu, dass
mein Gehirn sehr auf diese negativen Denkweisen geschult ist,
dass
bestimmte Synapsen besonders trainiert sind und dass es praktisch nur
möglich ist, zu lernen, damit umzugehen und zu verhindern, dass sich die
Verstrickungen wieder verstärken.
Ich empfand das Thema im
Nachhinein als hilfreich,
ich denke auch, dass viele Dinge auch noch
anders wirken werden, wenn die Therapie beendet ist.
Dr. Mück bemühte sich,
mir noch ein paar Dinge mitzugeben, die ihm besonders am Herzen lagen. Er
gab mir eine
Ausarbeitung zum Thema Konstruktivismus mit, die sich damit
beschäftigt, dass Menschen, geprägt durch ihre Beschaffenheit, ihres
Werdegangs und ihrer Umwelt ihr eigenes Weltbild erschaffen, das gewissen
Gesetzmäßigkeiten unterliegt und das ihnen in gewisser Weise ihr Überleben
sichert. Gleichzeitig bringt es aber das Problem mit sich, dass Menschen
höchst unterschiedlich empfinden und Dingen eine unterschiedliche
Bedeutung zumessen. Diese Erkenntnis hilft im Umgang mit anderen Menschen,
was auch das eigene Leben leichter macht.
Dr. Mück
gab mir auch noch eine Anregung zum Thema Leichtigkeit mit auf den Weg.
Er
hatte ein Schiffsmodell mit zwei Segelmasten, auf denen die Sätze „Mit dem
Wind segeln“ und „Nutzen statt bekämpfen standen“. Die Bedeutung liegt
darin, dass ich versuchen soll, mich an die Lebenssituationen anzupassen
und nicht zu versuchen, die Lebenssituationen mit unnötig viel Kraft
meinen eigenen Bedürfnissen anzupassen. Nach dem „Prinzip Leichtigkeit“
leben bedeutet für mich auch, das Leben so anzunehmen, wie es ist und
Kräfte, die sich mir bieten, aufzugreifen und zu nutzen.
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