Lieber Herr Dr. Mück,
als Coach von Frau X.
heute komme ich gerne Ihrer Aufforderung nach, einen
Therapiezwischenbericht für unsere gemeinsame Klientin zu verfassen.
Dem Beginn der Therapie
vor Ort mit Frau X. im August vorigen Jahres ging ein intensiver
Schriftverkehr voran. Frau X. hatte das Ziel, mit Ihrer Hilfe beruflich
wieder erfolgreich zu werden.
Kurz zur Vorgeschichte:
2001 kam es - vielfältig bedingt - zu einem psychischen Zusammenbruch,
gefolgt von mehreren Suizidversuchen und destruktiven Tendenzen, die
bereits seit ihrer Jugend vorliegen. Im letzten Jahr befand sie sich in
der Situation beruflicher Selbständigkeit, aber mäßigem Erfolg.
Ihrer Behandlung voran
gingen eine stationäre Psychotherapie (2002/2003) und eine sehr
weitmaschige (alle 4-6 Wochen) ambulante Therapie, in der Frau X. wieder
zu mehr Stabilität fand, aber immer wieder mit stark depressiven Phasen,
Destruktivität und aus ihrer Sicht mangelnder Leistungsfähigkeit
konfrontiert war. Zwar hatte sie seit dem Zusammenbruch viel in ihrem
Leben verändert, dennoch konnte sie trotz Engagement keine weiteren
Verbesserungen erzielen.
Frau X. war der Meinung,
dass ihr Wohlbefinden sehr stark, von ihrem beruflichen Erfolg abhängt,
deshalb wandte sie sich an Sie, um durch Coaching wieder dorthin zu
finden.
Durch die Anamnese fanden
wir heraus, dass sie Ursachen des „suboptimalen“ Zustands vielfältig sind.
Angefangen von den Bindungsdefiziten durch die empathischen Defizite der
Mutter, massive Gewalt in der Familie durch Vater, Traumatisierung durch
einen nahen Verwandten und spätere Wiederholung im Erwachsenenalter durch
……. Frau X. zeigt bereits seit ihrer Kindheit Hochrisikoverhalten,
welches sich in zahlreichen Unfällen negativ ausgewirkt hat.
Ebenfalls schwierig ist
der bislang unerfüllte Kinderwunsch. In der Ehe besteht seit vielen Jahren
der Wunsch nach ein eigenen Kindern. Bis dato hat Frau X. 8 künstliche Befruchtungen
durchführen lassen bei einmaligem Erfolg, allerdings Verlust des Kindes in
der Anfangsschwangerschaft. Die Beschäftigung mit diesem Thema ist
phasenweise immer wieder sehr schmerzhaft. Mittlerweile hat sich das Paar
für eine Auslandsadoption entschieden. Frau X. bezieht allerdings auch
immer mehr die Option in Betracht, kinderlos zu bleiben.
Zum Ablauf der
Therapie: Insgesamt beurteile ich die Therapie
als effizient und effektiv. Bislang war sie nie gleichmäßig, sondern wurde
von vielen Hochs, aber auch ausgeprägten Stimmungstiefs geprägt. Dies ist
auf die ausgeprägte und anstrengende Ambivalenz von Frau X.
zurückzuführen. Es gab Missverständnisse, Unstimmigkeiten, Kränkungen und
Verletzungen. Der gegenseitige Respekt und Empathie konnten diese aus dem
Weg räumen und bereicherten dadurch die Therapiebeziehung. Frau X. wurde
es dadurch erstmals möglich, offen über ihr destruktives Verhalten zu
sprechen, bzw. dieses überhaupt zuzugeben.
Die Anfangsphase
gestaltete sich schwierig bzw. turbulent, da ständig neue „Baustellen“
hinzukamen und die Verfolgung eines Zieles unmöglich machten. Das
primäre Ziel „beruflicher Erfolg“ wurde vernachlässigt, da sich dieser
durch die behandelten Therapiethemen einstellte.
Nach dem Studium der
ersten Notizen konnte ich feststellen, dass weitere Anfangsziele bereits
erreicht sind
-
Ich will beruflich wieder erfolgreich sein
-
Ich möchte mit Freude neue Kunden ansprechen
-
Ich möchte schmerzfrei werden
-
Ich möchte den Hausausbau entscheidend
voranbringen
Nach den beschriebenen
Anfangsturbulenzen vereinbarten wir als Hauptziel den Umgang mit den
teilweise sehr negativen Gefühlszuständen. Frau X. hatte den Eindruck, in
diesem Bestreben von Ihnen nicht immer ernst genommen zu werden. Auf der
einen Seite verfügt sie zwar über Fähigkeiten und ein durchaus
optimistisches Wesen, auf der anderen Seite aber auch eine sehr
ausgeprägte Destruktivität gegen sich.
Durch die starken
Schwankungen ist der Gesamtzustand von Frau X. noch nicht befriedigend. Es
gibt Zeiten, in denen es ihr exzellent geht und sie ein schlechtes
Gewissen hat, überhaupt therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen, und
dann wieder Phasen, in denen eine stationäre Aufnahme als notwendig
erscheint. Insgesamt fühlt sich Frau X. durch die Therapie „fähiger“ mit
sich und ihrer Umwelt umzugehen.
Zum Punkt stationäre
Behandlung möchte ich bemerken, dass Frau X. durch ihre ambulante
Betreuung mehr profitiert als ihr dies jemals durch einem stationären
Aufenthalt möglich war. Hinzu kommt, dass stationäre Aufenthalte bislang
immer zur Dekompensation führten. Im stationären Umfeld hat sie sich
bislang häufig unterfordert gefühlt. Von Ihnen fühlt sie sich positiv
gefordert. Frau X. ist sich bewusst, dass es für Sie sehr schwierig ist,
die Destruktivität mit phasenweise sehr depressiven bis suizidalen
Zuständen auszuhalten bzw. sie dabei zu begleiten. An dieser Stelle:
Danke!
Frau X. profitierte sehr
von der Psychoedukation. Die Erkenntnisse der Gehirnforschung erklärten
teilweise ihr Verhalten und die Schwierigkeiten, das Verhalten nachhaltig
zu verändern. Insgesamt kann sich sie sich und ihre Mitmenschen heute
besser verstehen. Das vermittelte Wissen begleitet Frau X. täglich in
ihrem Leben, nicht zuletzt auch im Rahmen ihres sozialen Engagements als
Beraterin. Die Rezitation
des Gelernten stärkt das Wissen und macht es somit in der Praxis leichter
einsetzbar.
Das
Konzept der inneren
Stimmen hat ihr erklärt, dass sie zwar destruktive Teile besitzt, aber
auch ausgeprägte gesunde. Die Kränkung durch
frühere festgestellte
Diagnosen sind heute viel weniger Thema als früher. Dennoch werden sie
immer wieder von ihr thematisiert.
Die
Theorie des
Konstruktivismus war ihr zwar bereits vorher bekannt, jetzt konnte sie
diesen besser auf ihre Lebenssituation beziehen.
Sehr aufschlussreich war
das Feedback anderer Personen. Zwischen dem Eigen- und Fremdbild gibt es
noch immer Differenzen, wenn auch nicht mehr so groß. Zu Beginn der
Therapie bestand Frau X. zunächst darauf, nichts Positives durch Sie zu
hören oder zu lesen. Mittlerweile kann sie
Komplimente zumindest
stehenlassen, der Widerspruch unterbleibt - meistens.
Sehr hilfreich war, dass
Sie Ihr vermittelt haben, dass es Menschen nicht immer gut geht – auch
Ihnen nicht -, sondern es bei jedem Menschen gute und schlechte Phasen
gibt. Diese Erkenntnis verschaffte ihr Entlastung.
Ein Konzept stellte sich
als vielfach wertvoll heraus. Die Einführung des Inneren Coachs. Dadurch
wird der vorliegende Bericht in dieser Form überhaupt erst möglich ist. Es
ermöglicht Frau X., mit ihrer gesunden Seite zu kommunizieren und
Einblicke in den kompetenten Teil zu gewähren. In schwierigen Phasen hilft
es ihr, einen Weg heraus zu finden und dem fast grenzenlosen Ehrgeiz der
negativen Seite Einhalt zu gebieten. Die Ansprache als „Kollegin“
verleitet immer wieder zum schmunzeln, es zeigt aber auch, dass Sie es
damit sehr ernst meinen.
Zum ersten Mal zum
Einsatz kam dieses Konzept anlässlich der Begleitung einer künstlichen
Befruchtung. Durch Ihre Hilfe schaffte es Frau X. zum ersten Mal, nicht
destruktiv mit sich umzugehen und eine Phase der Behandlung zu erschweren.
Diese Erfahrung war sehr nachhaltig. Jetzt bedarf es des weiteren
Trainings, denn in Tiefphasen gestaltet sich die Kommunikation mit Frau X.
noch immer sehr schwierig. Es wäre wünschenswert, wenn C.v.F.X. (Coach von
Frau X.) immer einsatzbereit wäre, Frau X. auf dem Weg in die Tiefphase
früher umkehren könnte bzw. geeignetere Wege fände, mit sich umzugehen.
In letzter Zeit habe ich registriert, dass Sie sich in Kommunikation
zunehmend zurückgenommen haben, da Sie möglicherweise Bedenken hatten, wie
die Reaktion von Frau X. ausfallen könnte. Ich wünsche mir, dass Sie sich
weniger zurücknehmen, dafür aber mehr C.v.F.X. ansprechen. Auch wenn der
gesunde Teil nicht immer antworten kann, so registriert er doch alles und
will gefordert, wenn nicht sogar herausgefordert werden.
Was die Therapie aus
Sicht des Therapeuten schwierig macht, ist die Schweigsamkeit bzw.
Verschwiegenheit gegenüber ihren Mitmenschen. Der Ehemann hat bspw. erst
sehr spät davon erfahren, dass sie überhaupt Therapie macht. Dies
resultiert möglicherweise in der ausgeprägten Verschwiegenheit in der
Familie. Über Probleme wurde nicht gesprochen, allerhöchstens über
Lösungen.
Wie bereits zuvor
erwähnt, hat Frau X. zu ihrem beruflichen Erfolg zurückgefunden. Dies
wurde nicht zuletzt dadurch möglich, dass sie es durch Ihre Hilfe wieder
geschafft hat, Vertrauen zu Menschen zu fassen und den
„Watzlawickschen
Hammer“ immer seltener auszupacken. Sehr stark hat auch dazu beigetragen,
dass Sie nie müde werden,
ihre Stärken zu adressieren, die sie sehr, sehr
schnell aus ihrem Bewusstsein streicht. Frau X. musste den Glauben an ihre
Leistungsfähigkeit erst wieder neu lernen. Dieser Weg war – und ist es
teilweise heute noch - gepflastert mit Bergen aus Selbstzweifeln.
Der berufliche Erfolg und
das erneute Erleben ihrer Leistungsfähigkeit führt derzeit zu einem neuen,
bzw. altbekannten Problem der Grenzüberschreitung. Angetrieben wird Frau
X. durch den Anspruch, stets etwas Besonderes zu leisten. Gewisse
Begabungen gesteht sie sich mittlerweile zu, dies bedeutet jedoch auch,
dass sie ihre vorhandene Energie gelegentlich überstrapaziert. Frau X.
genießt es sehr, wieder viel leisten zu können, registriert mittlerweile
aber auch Symptome, die ihr ein virtuelles Stoppschild hinhalten.
Kennzeichnend für die
gesamte Therapie ist, dass sich Frau X. häufig unter einen enormen Druck
setzt. Gleich zu Beginn der Therapie wollte sie „Quick hits“ erzielen.
Nachdem sie zugeben musste, dass ihre Problematik komplex ist, wurde sie
geduldiger. Mit der Zeit konnte sie registrieren, dass sich die
Therapieeffekte positiv in ihrem Leben bemerkbar machen. Nicht schnell,
sondern step by step.
Abschließend möchte ich
darauf eingehen, dass wir bis dato noch nicht über erlebte Traumata
gesprochen haben. Dies liegt u.a. in der Angst von Frau X. vor weiteren
Abstürzen begründet. Der Grad zwischen ertragen können und einer negativen
spontanen Impulshandlung ist manchmal verdammt gering.
Nicht zuletzt möchte ich
erwähnen, dass Frau X. immer wieder Informationen auf Ihrer Homepage
nachließt. Auszugsweise möchte ich Informationen über
Depressionen
und den
Umgang mit Stimmungstiefs nennen. Auch die umfangreiche Sprüchesammlung
ist immer wieder eine lohnende Quelle für Inspiration und Irritation.
Angetrieben wird Frau X.
durch den Anspruch, stets etwas Besonderes zu leisten. Don’t be mainstream
ist eine ihrer Philosophien. Mittlerweile gibt es ein Einsehen, dass sie
ihre vorhandene Energie gelegentlich überstrapaziert.
Was sich Frau X. für den
Fortgang der Therapie wünscht und bislang noch nicht formuliert hat, ist:
-
ein besserer Umgang mit ihrem Körper und
ihrer Seele. Sie wünscht sich sehr eine Alternative im Umgang mit sich
in Stresssituationen.
-
Sie möchte auch sehr gerne lernen, das
Positive festzuhalten und nicht in einem Gedankengang das Negative
einzubeziehen.
-
Ferner bedarf das Aushalten, bzw. der Umgang
mit negativen Gefühlszuständen der weiteren Bearbeitung. Frau X. wünscht
sich, Wege zu finden, wie sie mit manchmal lange anhaltenden
Angstzuständen besser umgehen kann, ohne auf medikamentöse Unterstützung
zurückgreifen zu müssen.
Weitere Ziele von Frau X.
sind:
-
Noch mehr Selbstsicherheit im Beruf
-
die Promotion schaffen
-
Gelassenheit lernen
-
Umgang mit Wut lernen
-
Entspannungstechniken für Angstzustände
-
Energie behalten bzw. mit ihr haushalten
-
die Nähe in der Partnerschaft besser
ertragen können
-
zu mehr Sinnlichkeit finden
-
vernünftig mit dem Körper umgehen
-
????? Traumata bearbeiten ?????
-
Noch mehr Wissen über die Ursachen
menschlichen Verhaltens erhalten
P.S.: Durch die Vielfalt
an Themen und aktuelle Ereignisse war es bislang nicht möglich,
„Hausaufgaben“ der Anfangszeit anzusprechen. Dies hat das Gefühl geweckt,
dass es nicht wichtig war.
Und last but not least
möchte Frau X. selbst zu Wort kommen und noch einmal auf den Punkt
bringen, was bislang besonders geholfen hat:
-
Ihr forderndes, förderndes,
inspirierendes, irritierendes und überdurchschnittliches Engagement für
den Maserati Spider, welches mir das Gefühl gibt, es Wert zu sein
-
Der Hinweis, das Wörtchen „noch“
zu nutzen
-
Ihr annehmendes Wesen und dass
ich Ihnen theoretisch alles mitteilen kann
-
Ihr Vertrauen in mich und dass
ich Menschen wieder mehr Vertrauen schenken kann
-
Ihre Beharrlichkeit, mich nie
aufzugeben
-
Ihre Fähigkeit, auch schlechte
Phasen auszuhalten, aber auch Ihre Grenzen zu benennen
-
Die Erfahrung, dass es mir
schlecht und gut gehen darf und in der Therapie gelacht werden darf
-
Ihre Unermüdlichkeit, den
gesunden Teil zu adressieren und dadurch den Weg zurück ermöglicht haben
-
Die Vermittlung von hilfreichem
Wissen, welches mich im Alltag wohl täglich begleitet
-
Der gemeinsame Umgang mit
Konflikten
-
Die Kommunikation auf einer
Augenhöhe und dass ich Sie als Mensch erleben darf
-
Dass Sie sich für meinen Job und
sogar für meine Hobbys interessieren,
Dass ich
erfahren durfte, dass ich doch ein wenig der Mensch bin, der ich so gerne
wäre. |