Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Kleiner Kompliment-Leitfaden


Aktualisiert anlässlich eines Interviews mit Ö3 am 25.09.2005
(In Kürze hier als mp3 abrufbar)


( vgl. auch das Interview mit Radio Berlin-Brandenburg am 05.02.2005
www.infos.mueck.org/rbb-Komplimente.mp3 ): 7,5 MB! - Wartezeit! 
  als pdf-Datei / zum Woman-Interview über Komplimente
 

Was sind Komplimente?
Bei einem „Kompliment“ geben wir einer anderen Person eine Rückmeldung („Feedback“) darüber, wie sie auf uns wirkt bzw. Resonanz sie in uns auslöst. Eine solche Information kann deren Selbstwahrnehmung und Selbstbewusstsein verbessern und den Komplimentempfänger motivieren, noch mehr von den beschriebenen Eigenschaften zu entwickeln. Der Empfänger des Kompliments fühlt sich oft wohl (es sei denn, er vermutet darin eine Manipulation oder hat ungünstige Erfahrungen

 

mit Komplimenten gemacht). Aus der Vielfalt möglicher Beobachtungen wählt das Kompliment bewusst positive Merkmale aus und bringt sie gegenüber dem Beobachteten zum Ausdruck. Das Kompliment teilt dem Betreffenden mit, dass er nicht nur wahrgenommen, sondern in den besonders hervorgehobenen Merkmalen auch wertgeschätzt wird. Insofern ist das „beste Kompliment“ immer ein ganz individuelles und nicht eines, das auf 1.000 andere Situationen genauso passt. Indem Komplimente verraten, wie man auf andere wirkt, tragen sie zur Entwicklung eines Identitätsgefühls bei („Wer bin ich?“).Echte Komplimente werden in aller Regel gerne („mit Freude“) erteilt, haben also meist ein positives Gefühl als Grundlage. Da ein passendes Kompliment in der Regel beim Empfänger ebenfalls ein positives Gefühl (nämlich „Freude“) auslöst, empfinden Komplimentgeber und Komplimentnehmer vorübergehend ähnlich („emotionale Resonanz“), was Menschen sehr verbinden kann. Offenbar erzeugen Komplimente zwischenmenschliche Sympathie und fördern Beziehung, indem sie drei von fünf wesentlichen Voraussetzungen einer optimalen Beziehung erfüllen: 1. Sie fördern das Sehen und Gesehenwerden, 2. Sie lenken die Aufmerksamkeit der Beteiligten auf ein gemeinsames Thema, 3. Sie fördern das gemeinsame Teilen eines positiven Gefühlszustandes (Die beiden noch fehlenden Merkmale sind: Gemeinsames Handeln und Wechselseitiges Verstehen von Motiven und Absichten).

Komplimente sollten weitgehend zweckfrei, also insbesondere nicht zur „Manipulation“ des anderen eingesetzt werden (Stichwort: „Hinauskomplimentieren“). Insofern sind Komplimente vom „Lob“ zu unterscheiden. Das Lob wird typischerweise eingesetzt, um einen anderen Menschen in einer Entwicklung zu bestärken, insbesondere zu einem Verhalten zu veranlassen, an der meist nicht nur der Gelobte, sondern auch der Lobende ein Interesse hat. Lobe findet man daher insbesondere auch in hierarchischen Beziehungen, in denen der Gelobte einer anderen Person untergeordnet ist (wie Eltern, Lehrern, Vorgesetzten). Beim Lob teilen Lobender und Gelobter nicht unbedingt den gleichen Gefühlszustand.

Im zwischengeschlechtlichen Bereich erteilen die Männer den Frauen vermutlich häufiger Komplimente als umgekehrt. Dagegen ist es zwischen Männern selbst eher unüblich, sich Komplimente zu machen. Männer setzen hier wahrscheinlich, wenn überhaupt, eher das „Lob“ ein. Noch immer haben viele Männer die Einstellung: „Wenn ich nichts sage, ist alles in Ordnung“ oder „Ich melde mich schon, wenn etwas nicht mehr stimmt“. Frauen machen sich gegenseitig wohl eher Komplimente. Und nicht zuletzt: Auch sich selbst kann und sollte man Komplimente erteilen.

Wie bei jeder anderen Information gehen auch Komplimente mit mindestens vier unterschiedlichen Funktionen einher: Auf der Sachebene transportieren sie eine Aussage über den Beschriebenen. Auf der Ebene der Selbstbeschreibung verraten sie über den Komplimentgeber, dass dieser seine Aufmerksamkeit auf den anderen gerichtet hat und offenbar wohlwollend gestimmt ist. Auf der Appellebene lässt sich heraushören, dass der Komplimentgeber beim Komplimentempfänger ein gutes Gefühl, insbesondere Zufriedenheit, möglicherweise auch eine bessere Selbstwahrnehmung fördern will. Auf der Beziehungsebene kommt zum Ausdruck, dass der Komplimentgeber sich für den Komplimentempfänger interessiert und ihm offenbar wohlgesonnen ist. Nicht jedes Kompliment wird als solches überhaupt erkannt. Denn für Kommunikation gilt „Über den Inhalt einer Botschaft entscheidet der Empfänger“. So kann der Satz „Der Nachtisch ist dir besonders gelungen“ von dem Empfänger dieses ursprünglich als Kompliment gedachten Satzes sogar als Kritik interpretiert werden („Aha, also will er mir durch die Blume sagen, dass ihm der Braten nicht geschmeckt hat.“). Mitunter lohnt es daher nachzufragen, ob und wie ein Kompliment angekommen ist.

Die Art und Weise von Komplimenten und deren Häufigkeit hängt immer auch von kulturellen Umständen ab. Das sollte man in einer Zeit der Globalisierung und angesichts eines zunehmenden Anteils ausländischer Mitbürger besonders berücksichtigen. So ist ein Komplimentempfänger in China kulturell offenbar dazu verpflichtet, ein Kompliment mehrfach zurückzuweisen, etwa mit Bemerkungen wie „Sie übertreiben“ oder „Zuviel des Lobes“. Dagegen nimmt man in Europa Komplimente eher dankend an und weist sie nicht erst mehrfach zurück.

Wozu nutzen Komplimente?

Komplimente sind eine relativ einfache und sehr oft erfolgreiche Form der Gesprächseröffnung, Kontaktpflege und Gesprächslenkung. Sie bietet sich deshalb nicht zuletzt auch für schüchterne Menschen an. Neben dem Lächeln gehören Komplimente sicher zu den optimalsten Möglichkeiten, Kontakt aufzunehmen. Komplimente wecken die Aufmerksamkeit und das Interesse des Komplimentempfängers am Komplimentgeber und stellen so eine Verbindung zwischen beiden her. Nicht selten fühlt sich der Komplimentempfänger seinerseits motiviert, sich in Form eines Gegenkompliments zu bedanken. Das wiederum setzt voraus, dass auch er sein Gegenüber genauer wahrnimmt um Komplimentwürdiges zu entdecken. So kann sich dann eine erfreuliche Dynamik entwickeln. Indem Komplimente ausschließlich positive Eigenschaften eines Beteiligten thematisieren, stellen sie persönlich interessante und angenehme Gesichtspunkte in den Mittelpunkt des Gesprächs, was sich fast immer auf die Beziehung und das zwischenmenschliche Klima günstig auswirkt. Komplimente sind für alle Beteiligten von Vorteil: Dem Komplimentgeber erleichtert das Kompliment die Gesprächsgestaltung, zugleich schult er sein Auge für das Schöne und Gelungene in dieser Welt. Beim Empfänger verbessert das Kompliment Wohlbefinden und Selbstwertgefühl. Er erfährt, dass man ihn wahrgenommen hat und die im Kompliment beschriebenen Eigenschaften schätzt. Besonders beim Flirt erzeugen Komplimente eine nicht nur angenehme, sondern auch prickelnd erotische Atmosphäre. Komplimente können hier mitunter „spielerisch“ wirken. Sie verdeutlichen dem Gegenüber, dass man Interesse an ihm oder ihr hat und dass man sich auf ihn oder sie bezieht, also eine „Beziehung“ möchte.



Wie gibt man richtig Komplimente?

Das aller Wichtigste ist, Komplimente ehrlich und aufrichtig zu geben. Man spricht in diesem Zusammenhang von „authentischem Verhalten“. In aller Regel spüren Menschen, ob ein Kompliment von Herzen kommt oder übertrieben ist oder an den Haaren herbeigezogen wird. Allerdings ist ein „strategisches Kompliment“ immer noch besser als gar kein Kompliment, da es zumindest etwas Wirkung entfaltet (ähnlich wie man eine gekaufte Massage genießen kann, auch wenn eine Liebesmassage durch den Partner noch besser wäre). Komplimente können sich auf fast alles beziehen: vom Aussehen, über das Verhalten bis hin zu den Lebensumständen (wie z.B. der Wohnung, dem Beruf, den Kindern, dem Auto usw.). Je mehr das Kompliment mit den persönlichen Merkmalen, Gefühlen und Verhaltensweisen des Komplimentempfängers zu tun hat, um so stärker wird es wirken. Denn ein schönes gekauftes Kleidungsstück hat weniger mit einer Person zu tun als beispielsweise deren sympathisches Lächeln oder ihre Schlagfertigkeit oder ihr Geschick mit chinesischen  Stäbchen umzugehen. Schon eine Bemerkung wie „Das haben Sie gerade sehr schön ausgedrückt“ kann ein wertvolles Kompliment sein. Um Komplimente geben zu können, ist es erforderlich, andere gut wahrnehmen und so „Komplimentwürdiges“ entdecken zu können. Einen Sonderfall stellen Menschen dar, die nach Komplimenten hungern und dies anderen auch signalisieren (sogenanntes Fishing for compliments). Solche Menschen haben meist ein sehr schwaches Selbstwertgefühl und hungern daher regelrecht nach Komplimenten. Ihr Verhalten erschwert es, echte Komplimente zu erteilen (die ja das Ergebnis einer neutralen Beobachtung und nicht einer Bestellung sein sollten und in der Regel „mit Freude“ gegeben werden). Mitmenschliche Gründe legen es oft nahe, das schwache Selbstwertgefühl solcher Personen mit einem Kompliment zu stärken, auch wenn dies oft einen schalen Geschmack hinterlassen wird. Interessanter hat das Wort „Kompliment“ in seiner sprachlichen Herkunft mit „Auffüllen“ zu tun. Dies würde sehr gut zu der Vorstellung, dass die Vorräte an Selbstwert bei mancken Komplimenthungrigen Menschen sehr kärglich sind, also aufgefüllt werden müssen.

Vom „Fishing for Compliments“ sollte man unbedingt solche Menschen unterscheiden, die aufrichtig und mit Recht auf etwas stolz sind. Solchen Personen braucht man Komplimente nicht deshalb vorenthalten, weil man befürchtet, dass die Adressaten vor Stolz platzen. Diese Sorge ist selten berechtigt. Mit Komplimenten sollten man nie geizen. Denn man selbst wird dadurch nicht ärmer, die zwischenmenschlichen Beziehungen dagegen an Freude und Intensität reicher. Als Faustregel hat sich bewährt, nicht zu Bett zu gehen, bevor man nicht wenigstens drei Komplimente erteilt hat. Diese müssen nicht nur im Familien- und Bekanntenkreis verschenkt werden, auch die Verkäuferin im Supermarkt oder ein Kunde in der Warteschlange am Bahnhof können sich über ein unerwartetes Kompliment freuen. Wer sich mit Komplimenten noch schwer tut, sollte sich gezielt darin trainieren. Dies kann darin bestehen, sich mehrere Wochen lang täglich (!) konsequent dazu anzuhalten, vor dem Schlafengehen anderen Menschen und sich selbst mindestes 5 Komplimente pro Tag gemacht zu haben. Wer sich dies nicht zur Gewohnheit macht, wird über kurz oder lang wieder komplimentfrei und dadurch erfahrungsärmer weiter leben. Da komplimentfreudige Menschen ihr inneres Navigationsgerät auf die Suche nach Positivem geeicht haben, erleben sie die Welt oft als schöner und angenehmer als „Komplimentanalphabeten“.

Wie nimmt man Komplimente an?

Vorab ist es entscheidend, ein Kompliment überhaupt als solches zu erkennen. Denn manchmal sind Komplimente auch verpackt, etwa wenn jemand am Ende einer Einladung zum Nachmittagskaffee nur sagt „Das war ein schöner Nachmittag.“ Damit dürfte nicht nur der Sonnenschein im Garten gemeint sein, sondern auch die gelungenen Bemühungen der Gastgeberin. Am besten reagiert man auf ein Kompliment durch ein aufrichtiges und klares „Danke“. Oder: „Schön, dass Ihnen das gefällt.“ Oder: „Es freut mich sehr, das zu hören.“ Leider tun sich viele Menschen schwer, Komplimente anzunehmen. Sie erröten, werden verlegen oder misstrauen dem Kompliment. Vermutlich handelt es sich dann um Menschen, die ein geringes Selbstwertgefühl haben – was wiederum auch darauf beruht, dass sie im bisherigen Leben vergleichsweise wenig Komplimente erhalten haben. Solche Personen müssen regelrecht üben, Komplimente nicht nur dankbar, sondern stolz anzunehmen. Als Adressat eines Kompliments vergibt man sich nichts, wenn man betont, wie sehr man sich über das Kompliment freut (was ja in aller Regel auch den Tatsachen entspricht). Für den Komplimentgeber ist dies eine erfreuliche Rückmeldung, da er so erfährt, dass er durch sein Kompliment etwas Gutes bewirkt hat.

Warum tun sich manche Menschen schwer mit Komplimenten?

Der Umgang mit Komplimenten ist eine Übungssache. Die Situation ist vergleichbar mit einem Schüler, der es nicht gelernt hat, sich aktiv im Unterricht zu melden. Ihm ist auch wenig geholfen, wenn man ihm nur den Tipp gibt, dies künftig vermehrt zu tun. Erst ausreichende Übung lässt das Ganze zu einer „Gewohnheit“ werden.

Wenn ein Mensch sich damit schwer tut, anderen Komplimente zu machen, liegt dies nicht selten daran, dass der Betreffende selbst bisher zu wenige Komplimente erhalten hat. Er weiß dann gar nicht, wie sich so etwas anfühlt und wie gut man mit Komplimenten Beziehungen gestalten kann. Möglicherweise hat der Betreffende auch schlechte Erfahrungen gemacht, weil er erleben musste, dass Komplimente nicht echt gemeint waren, sondern der Manipulation oder lediglich der Form dienten. Wer so etwas erlebt hat und dadurch skeptisch wurde, unterstellt automatisch, dass auch andere Menschen Komplimenten nur mit Misstrauen begegnen werden.

Nicht zuletzt ist denkbar, dass vor allem Vorurteile den Betreffenden abhalten, Komplimente zu machen. Denn Komplimenten haftet mitunter etwas „Anrüchiges“ an, da man sie mit „Einschleimen“ in Verbindung bringt. In diesem Punkt ist es wichtig sich vor Augen zu führen, dass beim „Einschleimen“ in aller Regel keine ehrlich gemeinte Aussage im Vordergrund steht, man eigentlich von einem „Kompliment“ gar nicht reden darf. Hier wird das sog. Kompliment missbraucht. Das ist auch der Fall, wenn man jemanden „hinauskomplimentiert“, also ihn – verpackt in nette Worte – letztendlich hinauswirft. Beide erwähnten Beispiele verdeutlichen, dass prinzipiell gute Dinge sich fast immer auch missbrauchen lassen (so wie man ein Messer zum normalen Schneiden, aber auch zum Morden verwenden kann). Manchen Menschen kommen Komplimente auch „künstlich“ vor. Das mag zum einen daran liegen, dass die Betreffenden noch wenig Erfahrungen mit Komplimenterteilungen haben und sich dabei schwer tun. Zum anderen liegt es vermutlich auch an der Geschichte der Komplimente, die ihren Ursprung offenbar in höfischen Zeremonien hatten. Bei den letztgenannten waren Ritual und Übertreibung tatsächlich für Komplimente charakteristisch. Wie viele andere Kommunikationsformen (siehe die Begrüßungsarten, etwa in Form eines Knicks) haben sich auch Funktion und Inhalt von Komplimenten im Lauf der Jahrhunderte weiterentwickelt.

Kommen Leute, die Komplimente geben können, im Leben weiter als andere?

Dazu gibt es noch keine Untersuchung. Vermutlich trifft dies zu, da Komplimente Beziehungen fördern und die Wertschätzung des Komplimentgebers begünstigen. Das „Weiterkommen durch Komplimente“ dürfte sich vor allem auf den sozialen Bereich beziehen, da sich technische und andere fachliche Fragestellungen allein durch Komplimente nicht lösen lassen.