Zu Beginn der Therapie
vor etwa fünf Monaten befand sich die Patientin noch in einem seelisch
äußerst instabilen Zustand. Vor dem Hintergrund einer sozialen Phobie, die
sich im Laufe der Jahre in immer mehr Lebensbereiche ausgeweitet hatte,
fühlte sich die Patientin in ihrer Lebensführung stark eingeschränkt und
entwickelte entsprechende depressive Symptome. Die Patientin hatte u.a.
ein Vermeidungsverhalten in Bezug auf Präsentationen, Unterschreiben vor
anderen, Restaurantbesuche, etc. entwickelt und verspürte eine immer
stärkere Unsicherheit in sozialen Situationen insgesamt. Zudem kam eine
Höhen- und Flugangst mit entsprechendem Vermeidungsverhalten.
Zu Beginn der Therapie
standen besonders verhaltenstherapeutische Ansätze im Vordergrund. Dabei
konfrontierte sich die Patientin zunehmend mit den ihr noch Angst
machenden Situationen und konnte so erleben, wie die Angst mit jedem Mal
weniger wurde. Auf Vorschlag des Therapeuten erstellte die Patientin einen
wöchentlichen Arbeitsplan und setzte sich so jeden Tag mehreren
Bewältigungsaufgaben aus. So konnte die Patientin ihre Ängste
kontinuierlich abbauen. Als besonders hilfreich empfand die Patientin
dabei die Erkenntnis, dass alles passieren darf, nur kein weiteres
„Vermeiden“ von Situationen. Durch die Aufnahme eines regelmäßigen
Ausdauertrainings sowie die tägliche Integration von Autogenem Training
war es der Patientin möglich, ihre Selbstregulationsfähigkeiten in immer
stärkerem Maße nach zu entwickeln und entsprechende neue Reaktionsmuster
zu schaffen.
In einem nächsten
Therapieabschnitt wurden auf tiefenpsychologischer Ebene jene Erfahrungen
mit dem Therapeuten herausgearbeitet, die ein möglicher Auslöser für die
sozialen Ängste waren. Dabei sprach die Patientin erstmals offen über ihre
Kindheit und empfand bereits dieses „sich öffnen“ als eine große
Erleichterung. Durch diese erstmalige Überwindung wurde es für die
Patientin auch zunehmend leichter, andere Themenbereiche aufzugreifen.
Dies stellte einen wichtigen ersten Schritt dar in Bezug auf die
Fähigkeit, über seine Gefühle überhaupt offen sprechen zu können. Die
Patientin lernte so, sich selbst und ihre Vergangenheit mehr zu
akzeptieren und vor allem negative Gefühle nicht mehr zu verdrängen,
sondern sich damit zumindest solange auseinanderzusetzen, bis sie deren
„Botschaft“ verstanden hat. Durch diese Auseinandersetzung ist es der
Patientin heute schon möglich, weniger Hilflos auf z.B. Einsamkeits- oder
Angstgefühle zu reagieren. Auch der Hinweis des Therapeuten, dass die
Patientin auf eine Abnabelung vom Elternhaus achten sollte und sich nicht
länger parentifizieren lassen sollte, war sehr wichtig und fördert aktiv
die Selbstständigkeit der Patientin.
In den letzten
Therapiesitzungen sind besonders drei Themenbereiche in den Vordergrund
gerückt, mit deren Umgang die Patientin noch Probleme hat: private
Beziehungen, Scham und Sexualität. Durch die Vermittlung von Aspekten der
sozialen Kompetenz (Metagespräche, Perspektive wechseln und Dissoziation,
etc) ist es für die Patientin bereits leichter, sich in diesen Bereichen
zu behaupten. Durch das Anti-Scham-Training lernt die Patientin
zusätzlich, sich von beengenden Mustern zu befreien und mutiger zu werden.
In Bezug auf ihre
sozialen Ängste konnte die Patientin bereits wesentliche Fortschritte
erzielen und ihr Selbstbewusstsein entsprechend stärken. Die
Selbstregulationsfähigkeit ist ebenfalls entsprechend stärker geworden,
allerdings sind hier noch Verbesserungen notwendig. Noch immer greift die
Patientin in problematischen Situation auf externe Regulatoren (Eltern,
Freunde, etc.) zurück und ist hierdurch noch zu sehr vom Input anderer
Menschen abhängig. Auch der Glaube an die eigenen Fähigkeiten ist noch zu
stark untermauert von Zukunftsängsten oder unbegründeten Selbstzweifeln,
die die Patientin noch zuweilen in Ihren Tätigkeiten lähmen. Hier bemüht
sich die Patientin, das hineinfallen in entsprechende negative Muster
schnell zu erkennen und durch eine Effizienzorientierung zu beenden. Die
Patientin muss im Sinne ihrer Genesung weiter intensiv darauf achten, dass
sie sich aktiv um ihr seelisches Gleichgewicht bemüht und ihre
Bereitschaft zu mutigem Verhalten stärkt. Ferner sollte sie sich weiter
darin üben, über ihre Gefühle offen zu sprechen und das zu tun, was für
sie in beruflicher oder privater Natur sinnvoll und wichtig ist.
Zusammenfassend empfindet
die Patientin besonders folgende durch die Therapie vermittelte
Erkenntnisse als besonders hilfreich:
- Die Patientin verfügt
noch über eine zu gering ausgeprägte Fähigkeit zur Selbstregulation,
wodurch ihr das eigene Empfinden und deren Beeinflussbarkeit
verständlicher wurde
- Angst kann durch
Konfrontation mit der Situation abgebaut werden. Der beste Schutz vor
weiteren Angsterkrankungen ist es, keine Situationen mehr zu vermeiden
und sich der Angst machenden Situation umgehend zu stellen
- Über seine Gefühle
soll und muss man sprechen und diese zumindest solange zulassen, bis man
deren Botschaft verstanden hat. Aufgestaute oder verdrängte Gefühle
können sich im Zweifel gegen einen selbst richten.
- Jeder Mensch lebt in
seiner eigenen „Welt“. Die Qualität zwischenmenschlicher Beziehungen
kann durch einen offenen und ehrlichen Dialog erheblich verbessert
werden
- Besonders in Bezug auf
die Seele muss die Patientin immer wieder aktiv auf die Beibehaltung
bzw. Wiederherstellung eines gesunden Gleichgewichtszustandes achten.
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