Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Depression:
Mehr Screening, weniger Kranke


fzm -
Schätzungsweise 5 bis 10 Prozent aller Menschen leiden an Depression. Es handelt sich um eine Volkskrankheit, die jedoch zu selten erkannt wird. Fast jede zweite Depression wird vom Hausarzt nicht als solche identifiziert. Routinemäßige "Schnell-Screenings" sollen Abhilfe schaffen. Wie der Mediziner Rainer Alexandrowicz in der Fachzeitschrift "Psychiatrische Praxis" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2008) nun berichtet, sind solche Schnell-Screenings jedoch fehlerbehaftet und zeitaufwendig. Um depressive Störungen aufzudecken, sollten Ärzte mehrere Screening-Verfahren miteinander kombinieren, rät Alexandrowicz.

"Haben Sie sich während des letzten Jahres über längere Zeiträume niedergeschlagen oder traurig gefühlt?" Mit dieser Frage versuchen Psychiater und Psychologen heraus zu bekommen, ob ein Mensch depressiv ist. Ein solcher "Mini-Test", der lediglich aus einer einzigen Frage besteht, wird Kurzscreening genannt – er dauert nicht einmal eine Minute.

Der Nachteil dieses Verfahrens: Es lässt sich zwar zügig durchführen, weist aber sehr viele Menschen als vermeintlich depressiv aus, die es gar nicht sind. Methodisch gesprochen, fällt der Anteil der "falsch Positiven" hoch aus. Damit sind jene Menschen gemeint, die der Test irrtümlich als "depressiv" klassifiziert. Da sich alle tatsächlich oder vermeintlich Depressiven einer weiteren diagnostischen Abklärung unterziehen müssen, erweist sich dieses scheinbar so zeitsparende Screening-Verfahren in Wirklichkeit als zeitraubend und ineffektiv.

Kurzscreenings, das zeigen die statistischen Analysen von Alexandrowicz, sind "sensitiv", aber wenig "spezifisch". Die echten Kranken lassen sich damit zwar recht ordentlich "herausfiltern", aber nur unter Inkaufnahme geringer Spezifität. Das heißt: Viele Menschen bekommen das Etikett "krank", ohne es zu sein. Ein Test beispielsweise, der einfach alle Menschen für depressiv erklärt, wäre vollkommen sensitiv, aber überhaupt nicht spezifisch.

"Diese geringe Spezifität bedingt vermehrt Falsch-Positive, welche einer diagnostischen Abklärung zu unterziehen wären. Damit geht der Zeitvorteil von Kurzscreenings verloren", so Alexandrowicz. Er plädiert deshalb dafür, zunächst ein Kurzscreening durchzuführen und die dadurch als "depressiv" erkannten Personen einem Langscreening zu unterziehen. Ein Langscreening umfasst 20 bis 30 Fragen; es handelt sich hierbei um methodisch sauber gearbeitete Depressionsfragebögen, wie etwa die Hospital Anxiety and Depression Scale.

Die in der Literatur berichteten Kennwerte für die "Tauglichkeit" (Validität) von Lang- und Kurzscreenings hat Alexandrowicz miteinander verrechnet. Würden niedergelassene Ärzte beide Verfahren kombinieren, so könnten sie viel Zeit sparen. Die Zahl der Screening-Positiven würde halbiert – im Vergleich zum herkömmlichen Schnellscreening. Es würde also etwas länger dauern, so Alexandrowicz, die Depressiven per Screening zu entdecken; dafür bekämen aber viel weniger Menschen die Verdachtsdiagnose "Depression" verpasst. Alles zusammen genommen, müsste der Arzt zwar mehr Screening-Bögen auswerten, aber weniger "Kranke" behandeln. Unterm Strich eine echte Zeitersparnis.

R. Alexandrowicz et al.:
Zur Validität eines zweistufigen Screenings am Beispiel des Depressionsscreening.
Psychiatrische Praxis 2008; 35 (6): S. 294-301