Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Biblischer Mythos vom gesunden Arzt macht Mediziner krank


fzm - Stress am Arbeitsplatz, unbezahlte Überstunden, unregelmäßige Nachtschichten und stetig steigende Anforderungen können jeden Menschen krank machen. Auch Medizinern fällt es schwer zu akzeptieren, dass sie zum Patienten werden können. Die Fachzeitschrift "DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2007) unterstützt "Arzt-Patienten" und solche, die es nicht werden wollen, durch eine Schwerpunktausgabe zum Thema Arztgesundheit.

Dass der Arztberuf in Deutschland viel von seinem Reiz eingebüßt hat – die Zahl der Hochschulabsolventen sinkt seit Jahren – ist für Dr. Harald Jurkat von der Universität Gießen nicht verwunderlich. Der Diplompsychologe erforscht die Lebensqualität von Ärzten. Und seine Ergebnisse zeigen: Der Weg zu einem erfüllten Leben ist für den Doktor lang und mühsam. Vitalität, soziale Funktionsfähigkeit und emotionale Rollenfunktion, drei wichtige Bereiche der Lebensqualität, sind bei Ärzten über viele Jahre schlechter als unter gleichaltrigen Nicht-Medizinern. Dies ändert sich erst am Ende der Karriereleiter. Als Chefarzt erfreuen sich Mediziner in Deutschland einer hohen Lebensqualität, die sogar den Vergleich mit anderen Ländern wie den USA standhält. Dort äußern sich aber auch Assistenz- und Oberärzte zufriedener – dank besserer Bezahlung und geringerer Belastung. Eine Verbesserung ist für Dr. Jurkat in Deutschland nicht in Sicht: Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen, zunehmender Ärztemangel und steigende bürokratische Anforderungen werden deutschen Ärzte auch in Zukunft das Leben schwer machen.

Die Kombination aus Überforderung und geringer Bezahlung ("Gratifikationskrise") bleibt nicht ohne Folgen: Jeder vierte Hausarzt und jeder fünfte Klinikarzt klagt über ein sogenanntes "Burnout". Auch Depressionen und Suchterkrankungen sind häufiger als in der Allgemeinbevölkerung. Neben Alkohol werden häufig Opiate und Tranquilizer (Benzodiazepine) missbraucht. Und stärker als andere Menschen leugnen Ärzte ihre Abhängigkeit, weiß Professor Götz Mundle von der Deutschen Suchtstiftung Matthias Gottschaldt. In Behandlung begeben sich Mediziner oft erst, wenn Angehörige, Kollegen oder Apotheker (z.B. wegen der vielen Betäubungsmittelrezepte) die Ärztekammer alarmieren oder wenn die Mediziner wegen Trunkenheit am Steuer straffällig wurden. Die Ärztekammern in Hamburg und Baden-Württemberg bieten inzwischen spezielle Behandlungskonzepte für süchtige Mediziner an. Nach einer stationären "Entgiftung" nehmen die Ärzte über ein Jahr an einer wöchentlichen Suchttherapie teil: Die Erfolgsrate liegt bei über 80 Prozent, sagt Professor Mundle, Chefarzt des Oberbergklinikums im Schwarzwald, das sich auf Suchterkrankungen bei Ärzten spezialisiert hat. Mundle fordert die Ärzte in der DMW auf, die Beratungsangebote der Ärztekammern früher anzunehmen.

Dass Ärzte ihre eigenen psychischen (aber auch körperlichen) Krankheiten lange ignorieren, hat tiefe kulturelle Wurzeln. Das biblische Sprichwort "Arzt, hilf dir selbst" (Luc. 4,23) hat nach Erfahrung des Medizinhistoriker Professor Wolfgang Eckart von der Universität Heidelberg auch heute nicht an Gültigkeit verloren. Hinzu komme, dass die Gesellschaft vom Arzt eine unbegrenzte Hingabe fordert, gleichzeitig aber in naiver Weise annimmt, dass der Doktor als Vorbild selbst niemals krank wird. Dieser Widerspruch ist auch Dr. Bernhard Mäulen vom Institut für Ärztegesundheit in Villingen-Schwenningen bewusst. In der DMW veröffentlicht er zehn Empfehlungen für den Arzt-Patienten. Dazu gehört das Verbot der Selbstbehandlung. Mediziner sollten sich wie normale Patienten behandeln lassen und sie sollten ihre Leiden auch gegenüber Angehörigen und Kollegen nicht verheimlichen. "Hilf mit, den Mythos zu brechen, dass Ärzte nicht krank werden" lautet eine der "Gebote" an den Arzt-Patienten.

Ein Mittel gegen den Ärztemangel und damit für mehr Lebensqualität wäre die vermehrte Berufstätigkeit von Ärztinnen, schreibt Dr. Astrid Bühren, Murnau, die Präsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes. Das Potenzial wäre vorhanden: Mehr als die Hälfte aller Berufseinsteiger sind Frauen. Doch die langen und unregelmäßigen Arbeitszeiten lassen sich mit dem Familienleben selten in Einklang bringen. Viele Mütter steigen aus, da Teilzeitstellen oder Jobsharing-Angebote rar sind. Nur wenige Frauen schaffen es bis zur Chefarztposition (und einer hohen Lebensqualität). In der Unfallchirurgie sind weniger als ein Prozent aller Chefärzte Frauen.

D. Nowak:
Ärztegesundheit: Mythen, Wirklichkeit und Visionen.
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2008; 133 (1/2): S. 13

H. B. Jurkat:
Lebensqualität bei Ärztinnen und Ärzten.
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2008; 133 (1/2): S. 14-16

G. Mundle, E. Gottschaldt:
Abhängigkeitserkrankungen bei Ärztinnen und Ärzten.
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2008; 133 (1/2): S. 17- 20

P. Angerer et al.:
Arbeitsbedingungen und Depression bei Ärzten.
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2008; 133 (1/2): S. 26-29

B. Mäulen:
Ärzte als Patienten - Ärzte als Behandler von Ärzten.
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2008; 133 (1/2): S. 30-33

A. Bühren:
Ärztinnen-Gesundheit.
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2008; 133 (1/2): S. 23-25

W. U. Eckart:
"Arzt, hilf dir selbst!" Der Arzt als Patient.
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2008; 133 (1/2): S. 34-38