fzm - Seit 2001 können sich Einwohner im Großraum Dresden per Telefon
oder E-Mail an Experten der dortigen Universität wenden, wenn sie Fragen
zu Medikamenten haben. Eine Umfrage unter den Nutzern ergab, dass die
meisten mit der Beratung zufrieden waren. Auch die Fachärzte für
Arzneimittel (Pharmakologen) beim ersten Arzneimittelberatungsdienst für
Patienten (ABDP) in Deutschland ziehen in der DMW Deutsche Medizinische
Wochenschrift (Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 2005) eine positive
Bilanz.Dr. Ulf Maywald,
Universität Leipzig, sieht einen grundlegenden Bedarf an derartigen
Einrichtungen. Denn mit ihrem Hausarzt könnten die Patienten nur selten
ausführlich über die Sicherheit, Wirksamkeit und den ordnungsgemäßen
Gebrauch der Medikamente reden. Dies liege nicht nur am Zeitmangel der
Ärzte. Denn viele wichtige Fragen ergäben sich für den Patienten erst
nach dem Arztbesuch und nachdem er sein Medikament in der Apotheke
abgeholt habe. Vor allem die Lektüre der Packungsbeilage mit den
Hinweisen auf Risiken und Nebenwirkungen löse bei vielen Patienten eine
allgemeine Furcht aus, weiß Dr. Maywald aus den vielen Anrufen beim ABDP:
"Bei jedem vierten Kontakt bezogen sich die Fragen hauptsächlich auf
Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten."
Bis zu 120 Minuten nahmen sich die
Pharmakologen für die Anrufer allein für das Gespräch Zeit. Hinzu kamen
im Durchschnitt elf Minuten für Annahme, Recherche und Dokumentation der
Problemlösungen. Die Erfahrungen der ersten zwei Jahre zeigen, dass 90
Prozent der Patienten "zufrieden" oder "sehr zufrieden" waren. In den
Fragebögen, welche an 1686 Patienten verschickt (und von mehr als der
Hälfte auch beantwortet zurückgesandt wurden), gaben vier von fünf
Patienten an, dass der Kontakt mit dem ABDP ihre Unsicherheit abgebaut
habe.
Auch aus medizinischer Sicht ist der ABDP
ein Erfolg. Denn die Unsicherheit führt bei vielen Patienten dazu, dass
sie ihre Medikamente nur teilweise oder gar nicht einnehmen. Die Ärzte
sprechen von fehlender "Compliance". Der Anteil lag unter den
Ratsuchenden bei 20 Prozent. Die Hälfte dieser Patienten war nach dem
Gespräch bereit, die Medikamente wie vorgeschrieben einzunehmen,
berichtet Dr. Maywald. Und etwa 20 Prozent der Patienten gaben in der
Umfrage an, dass sich ihr Gesundheitszustand nach der Beratung gebessert
hat.
Dr. Maywald sieht sogar einen
Einspareffekt für das Gesundheitswesen. Viele Patienten hätten
berichtet, dass das Gespräch mit dem ABDP einen späteren Arztbesuch
unnötig gemacht habe. Auch Ärzte würden überwiegend positiv reagieren.
70,6 Prozent der Patienten berichteten über ein unverändertes, 11,3
Prozent über ein besseres und nur 6,8 Prozent berichteten über ein
schlechteres Verhältnis zu Ihrem Hausarzt.
U. Maywald et al.:
Arzneimittelberatung für Patienten - Bedarfsanalyse, Evaluation und
Einfluss auf die Compliance
Deutsche Medizinische Wochenschrift 2005; 130 (24): 1485-1490 |