Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

E-Mail: kontakt@dr-mueck.de (Keine Beratungen per Telefon oder E-Mail!) - Gerne können Sie diese Seite verlinken!

 

Web www.dr-mueck.de

Home
Nach oben
Impressum/Vorwort
Stichwortverzeichnis
Neues auf dieser Website
Angst / Phobie
Depression + Trauer
Scham / Sozialphobie
Essstörungen
Stress + Entspannung
Beziehung / Partnerschaft
Kommunikationshilfen
Emotionskompetenz
Selbstregulation
Sucht / Abhängigkeit
Fähigkeiten / Stärken
Denkhilfen
Gesundheitskompetenzen
Selbsthilfe+Gesundheitstipps
Krisenintervention
Therapeuten-Suche
Über die Praxis Dr. Mück
Konzept+Methoden
Erfahrungsberichte
Lexikon/Häufige Fragen
Innovationen / Praxisforschung
Wissenschaftsinformationen
Gesundheitspolitik
Infos auf Russisch
English Version
 

 


Hirnschäden: Wie sich "Neglect" auswirkt


Während man bisher annahm, in unserer Großhirnrinde gebe es verschiedene Areale, unter anderen eines für willkürliche Bewegungen der Extremitäten, so findet man neuerdings, dass Bewegungen sehr viel komplexer auch durch im Unterbewusstsein ablaufende Aufmerksamkeit gesteuert werden. Normalerweise braucht man nicht seine Aufmerksamkeit auf einen Arm zu richten, wenn man ihn bewegen will. Anders bei gewissen Hirnschäden, etwa nach Schlaganfall oder Schädel-Hirn-Verletzungen. Hier kann es sein, dass der Patient diejenige Hälfte des Raumes nicht wahrnimmt, die auf der kontralateralen, das heißt der Hirnschädigung gegenüberliegenden Seite liegt. Man nennt dieses Phänomen in der Fachsprache Neglect oder Vernachlässigungsphänomen. Patienten mit dieser Störung haben Schwierigkeiten, ihre Aufmerksamkeit in die vernachlässigte kontralaterale Raumhälfte zu wenden und auf Reize aus dieser Raumhälfte adäquat zu reagieren. Es besteht aber keine Lähmung. Ein Aufsatz in der Zeitschrift "Aktuelle Neurologie" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart) wirft die Frage auf, ob bei Neglectverhalten die Aspekte von Aufmerksamkeit und Absicht wirklich voneinander getrennt werden können. Dies würde bedeuten, dass es sich dabei um zwei Seiten einer Medaille handelt, dass also Aufmerksamkeit und Absicht auf zwei verschiedenen neuralen Mechanismen beruhen. Neuere Ergebnisse deuten ferner darauf hin, dass von einem grundlegenden Organisationsprinzip im Gehirn auszugehen ist. Es existieren nämlich im Gehirn unterschiedliche Repräsentationen für körpernahen und körperfernen Raum.

Patienten mit Neglect sind sich ihres Defizits nicht bewusst. Im Gegensatz zur Lähmung wissen sie nicht, dass sie eine Raumhälfte vernachlässigen, dass sie also eine Handlung nicht korrekt initiieren und durchführen können, wenn sich diese in den kontralateralen Raum hinein richtet. Dagegen zeigen sie eine verstärkte Tendenz, sich in der zur Läsion gleichseitig gelegenen Raumhälfte verstärkt zu orientieren. Ein Patient geht zum Beispiel nach rechts, obwohl er sein Ziel nur erreichen könnte, wenn er nach links gehen würde. Diese Patienten erleiden eine Einschränkung der aktiven Teilnahme am Alltag. Man unterscheidet im Wesentlichen zwei Varianten. Viele Neglectsymptome können durch eine gestörte Aufmerksamkeit und eine daraus resultierende verminderte bewusste Wahrnehmung für Objekte oder verschiedene Reize im kontralateral zur Hirnläsion gelegenen Raum erklärt werden. Bei anderen hingegen liegt eine Störung der adäquaten Reizantwort vor: Der Reiz wird zwar wahrgenommen, aber die Handlung, die normalerweise durch den Reiz ausgelöst würde, ist gestört. Erstere Variante stellt also ein Problem der adäquaten Reizverarbeitung dar, bei letzteren liegt eine Störung der motorischen Antwort vor. Die Patienten scheinen ein besonderes Maß an bewusster Anstrengung zu benötigen, damit ihre betroffene Extremität ihren Handlungsabsichten folgt.

Motorische Vernachlässigungsphänomene.
Akt Neurol 2005; 32; Nr. 10; S. 594-603.

Prof. Dr. med. Gereon R. Fink, Universitätsklinikum Aachen.
E-Mail: gfink@ukaachen.de