Leidet die
Psyche, schmerzt der Kopf
DGKJP:
Kopfschmerz bei Kindern ist oft ein Alarmsignal für psychische Störungen
– Zahlen nehmen dramatisch zu
Kopfschmerz ist heute eine der häufigsten
„Kinderkrankheiten", Tendenz stark steigend. Zunehmend stellt die
Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie (DGKJP) einen
Zusammenhang mit psychischen und psychosomatischen Erkrankungen fest.
Ursache: Überforderung und Terminstress – schon im Kindesalter!
Depressionen, Ängste, Bauchschmerzen, Schlafstörungen – diese
zusätzlichen Diagnosen stellen Kinder- und Jugendpsychiater immer
häufiger, wenn sie Kinder untersuchen, die
wegen häufig wiederkehrender Kopfschmerzen zu ihnen kommen. Und deren
Zahl wird immer größer: „Heute hat beinahe jedes Kind zwischen 6 und 16
bereits Kopfschmerzerfahrungen; in den 60er und 70er Jahren war dies
nicht einmal die Hälfte", erläutert Prof. Franz Resch, der Vorsitzende
der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie (DGKJP).
Vor allem bei der Migräne wird ein enger genetischer Zusammenhang
vermutet: Ist schon die Mutter erkrankt, trifft es auch die Tochter
überdurchschnittlich häufig. Auslösende Faktoren finden sich allerdings
fast immer im oft hektischen Alltag der Kinder: „Sowohl bei Migräne als
auch bei Spannungskopfschmerzen sehen wir einen engen Zusammenhang zu
Stress- und Überforderungssituationen in Schule, Elternhaus und
Freizeit. Viele Kinder haben einen regelrechten Terminkalender und keine
Zeit mehr für freies Spiel und Entspannung", bilanziert der Kinder- und
Jugendpsychiater Prof. Resch.
Dies muss bei der Therapie unbedingt berücksichtigt werden, fordert
daher die DGKJP. Kinder mit häufigen Kopfschmerzen sollten immer auch
auf psychische Beeinträchtigungen wie psychosozialer Stress,
Angststörungen oder Depressionen untersucht und behandelt werden.
„Nur wenn beide Krankheitsbilder – der Kopfschmerz und die psychischen
Beeinträchtigungen – angemessen behandelt werden, kann eine
Chronifizierung des Schmerzes in späteren Jahren erfolgreich verhindert
werden", so Prof. Resch.
Mehr Freizeit und ein Kopfschmerz-Tagebuch
Wichtig ist es, die ganze Familie in die Therapie einzubeziehen:
Gemeinsam kann nach einer Reduktion der individuellen Belastung gesucht
werden. Dazu gehört mehr echte freie Zeit für das Kind und die
Möglichkeit, einfach mal die Tür hinter sich zu schließen und Ruhe zu
haben. Leicht handhabbar ist das regelmäßige Führen eines
Kopfschmerz-Tagebuchs, mit dem mögliche auslösende Faktoren
identifiziert und gezielt ausgeschaltet werden können.
Kopfschmerz-Kinder immer jünger
Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie (DGKJP)
schlägt Alarm: Die Patienten mit häufig wiederkehrenden Kopfschmerzen
werden immer jünger. Heute treten Kopfschmerzen und Migräne oft schon im
Kindergartenalter auf. Von den Einschulungskindern leiden bereits acht
Prozent unter wiederkehrenden Kopfschmerzen; am Ende der ersten Klasse
sind es schon doppelt so viele. Bei den 17-Jährigen klagt jeder Fünfte
über häufigere Spannungskopfschmerzen oder Migräne.
Einer großen Studie zufolge nehmen 85 Prozent der Kinder und
Jugendlichen mit psychiatrischen Störungen ihre Kopfschmerzen mit ins
Erwachsenenalter. „Werden Kopfschmerzen im Kindesalter und ihre oft
psychisch bedingten Ursachen erfolgreich behandelt, kann eine
Chronifizierung im Erwachsenenalter meist wirksam verhindert werden", so
der DGKJP-Vorsitzende Prof. Franz Resch. „Bleiben sie hingegen
unbehandelt, ist dies oft der Beginn einer lebenslangen
‚Kopfschmerz-Karriere'.
Mein Kind hat Kopfweh – was hilft?
Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie (DGKJP)
empfiehlt: Bei leichteren und mittleren Kopfschmerz- und Migräneattacken
hilft es häufig schon, wenn sich die Kinder in einem abgedunkelten,
ruhigen Raum hinlegen. Oft wird der Schmerz dann einfach „weggeschlafen".
Eisbeutel oder ein kalter Waschlappen auf der Stirn und Pfefferminzöl,
das an Schläfe, Scheitel und Nacken sanft einmassiert wird, wirken
unterstützend. Geht es nicht ohne Medikamente, so können laut DGKJP
herkömmliche Schmerzmittel verwendet werden. Bei schweren
Migräneattacken haben sich die neuen Triptane (gibt es auch als schnell
wirksame Nasensprays) bewährt. Begleitend sollte ein Mittel gegen
Übelkeit und Erbrechen eingenommen werden.
Als zusätzliche Verfahren nennt die DGKJP Entspannungsmethoden,
kognitive Verhaltenstherapien, computergesteuerte Biofeedback-Verfahren
sowie die so genannte Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS).
Quelle:
DKJP |