Alcopops: Ab 1. Juli Strafsteuer auf
alkoholische Mixgetränke
DGKJP erhofft sich deutlichen Konsumrückgang
Von der Sonderabgabe auf Alcopops, die
zum 1. Juli eingeführt wird, erhofft sich die Deutsche Gesellschaft für
Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP)
eine deutliche Abnahme des Konsums der bei Jugendlichen sehr beliebten
Einstiegs-Alkoholika.
„In Bezug auf die
gesundheitliche Fürsorgepflicht gegenüber Kindern und Jugendlichen kann
der Preis für das gefährliche, alkoholische Mixgetränk gar nicht hoch
genug sein“, erklärt Prof. Michael Schulte-Markwort von der DGKJP.
In Deutschland müssen
ab 1. Juli pro Flasche 84 Cent mehr bezahlt werden. „Wir begrüßen die
Einführung der Sondersteuer auf Mixgetränke und hoffen, dass sich der
dramatische Alkoholkonsum damit aufhalten lässt“, sagt Prof.
Schulte-Markwort. „Doch insgesamt glauben wir nicht, dass diese Maßnahme
ausreicht. Wir sollten uns eher an den Vorgaben aus Frankreich und der
Schweiz orientieren.“ Dort haben sehr hohe Steuern nach DGKJP-Angaben
einen erheblichen Rückgang des Verzehrs bewirkt. In Frankreich sei der
Markt nach einer Verdoppelung des Ladenpreises nahezu zusammengebrochen.
Die Schweiz habe zum 1. Februar 2004 eine entsprechende Strafsteuer von
rund einem Euro eingeführt.
Alcopops sind Spirituosen
Um Jugendlichen den
Zugang zu den Mixgetränken zu erschweren, spricht sich die DGKJP
außerdem für eine deutliche Kennzeichnungspflicht und die Einhaltung
gesetzlicher Vorgaben aus: Denn Alcopops sind Spirituosen, Kauf und
Verzehr demzufolge erst ab 18 Jahren gestattet. Dies müsse auf jeder
Flasche für alle sichtbar kenntlich gemacht werden. Darüber hinaus
sollte dem Alkoholkonsum junger Menschen verstärkt mit Information,
Aufklärung und vorbeugenden Maßnahmen begegnet werden.
Der Alkoholkonsum
unter Kindern hat laut DGKJP in den vergangenen Jahren dramatisch
zugenommen. Mitverantwortlich hierfür seien Alcopops, die als
Einstiegsdroge zum regelmäßigen Alkoholkonsum und damit zur Abhängigkeit
gelten. Bei Alcopops handelt es sich nicht – wie von Industrie und
Werbung häufig propagiert – um harmlose, alkoholhaltige
Erfrischungsgetränke, sondern um „harten Stoff“: In jeder Flasche
befinden sich zwei Schnapsgläser hochprozentigen Alkohols, der
Gesamtalkoholgehalt beträgt etwa sechs Prozent. Auf Grund des hohen
Zuckeranteils und der Kohlensäure gelangt der Alkohol schnell ins Blut.
Der süße Geschmack verstärkt die Gefahr, dass zu schnell zu viel
getrunken wird. „Gerade für Kinder und Jugendliche, deren Körper Alkohol
noch nicht so gut abbauen können, sind Alcopops besonders
problematisch“, so Prof. Schulte-Markwort.
Jeder fünfte
Jugendliche zwischen 14 und 19 Jahren hat laut Umfrage im vergangenen
Monat mindestens ein Mal fünf oder mehr solcher Drinks an einem Abend zu
sich genommen. Prof. Schulte-Markwort: „Das sind mindestens zehn
Schnäpse und damit deutlich mehr, als ein Jugendlicher vertragen kann
und im Normalfall trinken würde.“ Die Wirkung, die mit dem intensiven
Konsum von Alcopops verbunden ist, wird oft unterschätzt. So kommt es
immer häufiger zum Vollrauschtrinken: „Einige Jugendliche trinken bis
zum Filmriss.“
Als Alcopops werden
fertig abgefüllte Getränke bezeichnet, in denen süße Limonaden mit
starken Alkoholika wie Rum oder Wodka vermischt sind. Sie werden in
275-Milliliter-Flaschen vor allem in Tankstellen und Supermärkten,
Discos und Bars angeboten. Alcopops werden von jedem zweiten 14- bis
19-Jährigen regelmäßig konsumiert und haben in dieser Altersgruppe Sekt,
Wein und Bier den Rang abgelaufen. „Die süßen Getränke sind die neuen
Verführer zum Alkohol“, warnt der DGKJP-Experte. „Sie verschleiern den
typischen Alkoholgeschmack und werden deshalb schon von Jüngeren gern
getrunken.“ Selbst berauschte Elfjährige seien keine Seltenheit mehr.
Zu viel Alkohol: Kinder werden
lethargisch und gleichgültig
Trinken Kinder und
Jugendliche dauerhaft zu viel Alkohol, führt dies zu erheblichen
Beeinträchtigungen wie Schlafstörungen, Konzentrationsschwäche,
Leberschäden oder Kreislaufproblemen. „Sehr gefährlich sind auch die
psychischen Veränderungen“, erläutert Suchtexperte Prof. Michael
Schulte-Markwort von der DGKJP. „Die Jugendlichen werden motivationslos,
lethargisch und gleichgültig. Sie vernachlässigen ihre Pflichten, können
nicht mehr genießen, haben Kontaktprobleme und weichen Konfrontationen
aus.“ Oftmals stecken sie in einem echten Teufelskreis: Um ihr gestörtes
Selbstwertgefühl zu stärken und sich von enormer innerer Anspannung zu
entlasten, greifen sie zur Flasche. Wieder nüchtern, geht es ihnen noch
schlechter, wird der Druck noch größer. Den einzigen Ausweg sehen viele
dann nur noch im nächsten Schluck...
Mit 14 mindestens ein Mal betrunken
Dass das
Einstiegsalter zum regelmäßigen Alkoholkonsum tatsächlich sinkt und
Jugendliche im Vergleich zu früher mehr trinken, haben Befragungen der
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und des
Robert-Koch-Instituts sowie erste Daten einer europäischen Schülerstudie
ergeben. Im Rahmen der Studie wurden
allein in Deutschland
mehr als 11.000 Mädchen und Jungen der neunten und zehnten Klasse
befragt. Von ihnen hatten in den 30 Tagen zuvor nur 15,2 Prozent der
Jungen und 16,4 Prozent der Mädchen keinen Alkohol getrunken. 37,9
Prozent der Jugendlichen war im Monat vor der Erhebung mindestens ein
Mal berauscht. Erschreckend: Vor dem 12. Geburtstag hatte schon jedes
zweite Kind Alkohol getrunken, vor dem 14. war die Hälfte bereits
mindestens ein Mal betrunken.
Quelle:
DKJP |