Umea/Münster/Graz (pte/17.11.2006/13:55) -
Menschen mit wenigen sozialen Kontakten leiden häufiger an
Schlafstörungen und tragen daher ein höheres Risiko an verschiedenen
Leiden zu erkranken. Dies belegt Maria Nordin von der Umea University in
Schweden http://www.umu.se
in ihrer Dissertation. Den Grund dafür sieht Nordin in der Schwierigkeit
Stress ohne soziales Umfeld zu bewältigen. Psychotherapeuten und
Psychologen aus Österreich und Deutschland bestätigen im Grunde diese
Ergebnisse. Die Theorie erscheint jedoch einfacher als die Praxis
tatsächlich ist.
Wenige Freunde zu haben kann einen Menschen anfälliger für Stress
machen, zu Schlafstörungen führen und letztendlich das Risiko einer
kardiovaskulären oder psychosomatischen Erkrankung steigern. Depression,
Angstzustände oder chronische Müdigkeit können die Folge sein. Begründet
wird der Zusammenhang von Nordin durch den fehlenden sozialen und
emotionalen Beistand, durch den ein Mensch Stress katalysieren kann.
Hier soll es aber je nach Stressbewältigungsmodell Unterschiede geben.
Wie Nordin erklärt, gibt es mehrere Arten mit Stress umzugehen. Bei der
'Hidden Strategy' geht man beispielsweise Konflikten und
Auseinandersetzungen absichtlich aus dem Weg. In Verbindung mit einem
geringen sozialen Netzwerk kann diese Stressbewältigungsstrategie, vor
allem bei Frauen, negative Effekte verursachen. Bei der 'Open Stress
Management Strategy' hingegen greifen Menschen den Konflikt bewusst auf
und bewältigen somit den Stress und kompensieren die sozialen Kontakte.
Tilmann H. Müller, Psychotherapeut in Münster, bestätigt durch seine
klinischen Erfahrungen diesen Zusammenhang. "Wenn mehr Menschen da sind,
mit denen man über Probleme reden kann, dann baut man automatisch Stress
ab", erklärt Müller auf Anfrage von pressetext. Durch diese
Ventilfunktion würde das Risiko einer psychosomatischen Erkrankung
verringert werden. Aber selbst im Fall eines Fehlens dieser sozialen
Netzwerke würde eine Erkrankung nur sehr langsam voranschreiten.
Josef Egger, Abteilungsleiter für Verhaltensmedizin, Gesundheitsmedizin
und empirische Psychosomatik im LKH Graz, bestätigt ebenfalls die
Ergebnisse von Nordin. "Die Nützlichkeit der sozialen Kontakte für die
Umwelt- und Stressbewältigung hängt aber von der Qualität der Kontakte
ab", bemerkt Egger im Gespräch mit pressetext. Qualitativ gute oder
positive Kontakte würden für den Einzelnen eine 'Anti-Stress-Wirkung'
darstellen, während negative Kontakte selbst zu Stressfaktoren werden.
Darüber hinaus würde die Summe aller sozialen Kontakte, also der
persönliche soziale Kontext, festlegen, was als generell positiv und was
als negativ eingestuft wird. "Dies hat natürlich auch Auswirkungen, wie
wir mit unserer Umwelt umgehen", so Egger.
Wie Müller bestätigt auch Egger, dass eine plötzliche und kurzfristige
Isolation nicht sofort zu psychosomatischen Erkrankungen führen muss.
"Bei einem Over-Crowding-Erlebnis beispielsweise zieht sich der Patient
für einige Zeit bewusst zurück, um wieder zu sich zu kommen und die
Erlebnisse zu verarbeiten", erklärt Egger im Gespräch. Für eine
Erkrankung müsse auch ein Nährboden vorhanden und die persönliche
Stressbewältigungsstrategie in dem Fall überfordert sein. "Darüber
hinaus müssen die Ausgangssituation sowie die bisherigen Erfahrungen und
Gewohnheiten berücksichtigt werden", erläutert Egger. So sei es für
einen Mönch, der von Kindesalter an schon eher in sich gekehrt war,
sogar befreiend, wenn er viel alleine und mit sich selbst beschäftigt
ist. Ein Mensch der von Natur aus viel unter Menschen sein muss, um sich
gut zu fühlen, wird mit einer derartigen Situation nur schwer zu Recht
kommen. (Ende) Quelle:
Pressetext.Deutschland |