Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Schizophrenie: Heilung ohne Behandlung?


USA. In einem Übersichtsbeitrag beschreibt M. Irwin, wie bis in die jüngsteVergangenheit versucht wurde, schizophren erkrankte Menschen zu heilen. So galten bis zur Hälfte des letzten Jahrhunderts Behandlungsmethoden als Standard, die Hirnnervenzellen töteten (wie Elektroschock, Insulinkoma, frontale Lobotomie, künstliche Auslösung von Krampfanfällen). Diese martialischen Maßnahmen verloren fast schlagartig ihre Bedeutung, als mit der Einführung von Chlorpromazin erstmalig ein wirksames Arzneimittel zur symptomatischen Behandlung zur Verfügung stand.

    In seinem Überblick veranschaulicht Irwin, dass auch die Entwicklung der Neuroleptika die Grundprognose der Schizophrenie allerdings nicht wesentlich verbessert hat. Dies deutete sich bereits in den mit Chlorpromazin durchgeführten kontrollierten Langzeitstudien an, in denen mit Plazebo behandelte Patienten teilweise besser abschnitten. Offenbar können 20 bis 64 Prozent der Schizophrenie-Kranken damit rechnen, auch ohne Behandlung langfristig wieder symptomfrei zu werden. Eine solche Remission ist nicht kalkulierbar und kann selbst nach Jahrzehnten eintreten. Wie es scheint, eröffnet die Anwendung von Neuroleptika diesbezüglich keine grundsätzlich günstigeren Aussichten. Die Stärke von Neuroleptika scheint vor allem eine rasche Symptomkontrolle zu sein, die den Betroffenen und seine Umwelt gleichermaßen entlastet.

    Auch die Annahme, dass Neuroleptika Rückfällen vorbeugen, versieht der Autor mit einem Fragezeichen. Nach seiner Ansicht leiden die zu diesem Aspekt durchgeführten Studien an methodischen Fehlern. So wurden beispielsweise die geprüften Substanzen meist abrupt abgesetzt. Im Vergleich zu einem langsamen Ausschleichen der Behandlung verdreifacht allein schon dies die Rezidivgefahr.

    Nicht zuletzt wundert sich Irwin, warum Schizophrenie-Kranke in Entwicklungsländern fast immer eine bessere Prognose haben, obwohl dort weniger Medikamente eingesetzt werden. Unter anderem ist denkbar, dass dafür andere Grundeinstellungen („Überzeugungen“) und ein größerer Zwang zur Arbeit verantwortlich zeichnen. Mangels finanzieller Unterstützung müssen psychisch kranke Menschen in Entwicklungsländern oft häufiger ihren Lebensunterhalt erwirtschaften als in industrialisierten Ländern. Dies wiederum kann ihnen zu einem höheren sozialen Status verhelfen, mehr Sozialkontakte eröffnen und das Selbstwertgefühl steigern. Anders als Patienten industrialisierter Staaten „droht“ ihnen nicht die Gefahr, im Falle einer Gesundung finanzielle oder andere soziale Verluste zu erleiden. Mangels Zugang zu Psychopharmaka kann zudem keine „Gewöhnung“ an solche Substanzen erfolgen.

M. Irwin: Reversal of schizophrenia without neuroleptics? Ehtical Human Psychology and Psychiatry 2004 (6) 53-68