Vermutlich lesen Sie diese
Zeilen, weil begründeter Verdacht besteht, dass Sie unter einer
„Epilepsie“ leiden. Die im folgenden zusammengestellten Anregungen wollen
Ihnen helfen, mit einer solchen Diagnose gut umzugehen. Sie ersetzen nicht
den individuellen ärztlichen Rat und die immer gebotene ärztliche
Betreuung!
Optimistisch bleiben
Möglicherweise können Sie sich nur
schwer mit der Vorstellung arrangieren, dass Sie an „Epilepsie“ leiden.
Soweit Vorurteile dazu beitragen, lassen sich diese entschärfen: Epilepsie
ist weder „unheimlich“ noch durchweg „unheilbar“ oder gar eine
„Geisteskrankheit“, wie man früher glaubte. Es handelt sich um abnorme
elektrische Entladungen der Nervenzellen im Gehirn. In zwei Drittel aller
Fälle lassen sich diese durch eine geeignete Therapie soweit in den Griff
bekommen, dass die Betreffenden nach einem Jahr anfallsfrei sind. Wenn es
dann auch noch gelingt, nach mehrjähriger Anfallsfreiheit die Medikamente
wieder abzusetzen, ist die Epilepsie geheilt.
Sich genau über die Diagnose informieren
Ein einzelner Anfall reicht meist
nicht aus, um schon eine „Epilepsie“ zu diagnostizieren. Erst wenn sich
Anfälle wiederholen und/oder das Gehirn besondere Veränderungen aufweist
(zum Beispiel in Form veränderter Hirnströme), sollte man von einer
„Epilepsie“ sprechen. Machen Sie sich bewusst, dass Epilepsie ein
Oberbegriff ist, der sehr unterschiedliche „Anfallsformen“ zusammenfasst.
Erkundigen Sie sich danach, welche Form der Epilepsie bei Ihnen vorliegt.
Davon hängt die Art der Behandlung und eine eventuell erforderliche
Anpassung Ihrer Lebensführung ab. Informationen über Epilepsie stehen
heute in vielfältiger Form zur Verfügung (als Ratgeberbücher, Broschüren
der pharmazeutischen Industrie, im Internet, z. B. unter www.epilepsie.sh,
www.izepilepsie.de, www.epilepsie-online.de, www.epilepsien.de). Aktuelle
Ratgeberbücher sind: Günter Krämer: Diagnose Epilepsie. TRIAS 2003 und
Dieter Schmidt: Epilepsien. Fragen und Antworten. 6.Auflage. W.
Zuckschwerdtt Verlag 2002.
Tagebuch führen
Sie helfen, die Diagnose zu
sichern, auslösende Ursachen zu erkennen und den Erfolg der Behandlung zu
beurteilen, indem Sie ein „Anfallstagebuch“ führen. Entsprechende Hefte
erhalten Sie kostenlos von Ihrem Arzt, der diese von
Arzneimittelherstellern beziehen kann. Solche Tagebücher sehen
insbesondere Platz für folgende Angaben vor: Datum, Uhrzeit, Dauer,
Anfallstyp, Schweregrad, mögliche Auslöser. Zeigen Sie dieses Tagebuch
Ihrem Arzt bei jedem Besuch.
Aktiv an der Behandlung mitwirken
Übernehmen Sie eine aktive Rolle in
Ihrer Therapie. Scheuen Sie sich nicht, offene Fragen, insbesondere auch
unbefriedigende Behandlungsergebnisse, Arzneimittelnebenwirkungen und
Einschränkungen Ihrer Lebensqualität anzusprechen. Erkundigen Sie sich
gegebenenfalls nach Alternativen zur derzeitigen Therapie. Wenn ein
einzelnes oder auch mehrere Medikamente unzureichend wirken, ist dies noch
kein Grund zur Resignation. Denn mittlerweile gibt es eine Vielzahl
wirksamer Antiepileptika, die es vorher auszuprobieren gilt. Machen Sie
sich vor einem Arzttermin Notizen, um sich damit selbst an alle wichtigen
Punkte zu erinnern. Manche Ärzte schätzen es, wenn Sie schon vorab eine
Fragenliste erhalten. Zögern Sie nicht, auch Themen wie Sexualität,
Kinderwunsch, seelische Probleme (etwa Angst und Depression) sowie Ihre
weitere Lebensplanung mit Ihrem Arzt zu erörtern.
Antiepileptika verlässlich einnehmen
Nehmen Sie das verordnete
Antiepileptikum unbedingt regelmäßig ein (mitunter sind mehrere
Medikamente erforderlich!). Schon eine einzige versäumte Dosis kann einen
Anfall auslösen! Sorgen Sie dafür, dass immer eine Sicherheitsration der
Arzneimittel vorhanden ist (also besorgen Sie sich nicht die neue Ration
erst „auf den letzten Drücker“). Führen Sie auch bei kleineren Reisen eine
Extradosis bei sich, falls Sie unvorhergesehen woanders übernachten oder
mit deutlicher Verspätung nach Hause kommen sollten. Packen Sie bei
Flugreisen Ihre Medikamente immer ins Handgepäck (für den Fall, dass die
Koffer verloren gehen)! Erkundigen Sie sich bei längeren Auslandsreisen
vorab, unter welchen Handelsnamen Ihre Medikamente im entsprechenden Land
erhältlich sind. Nehmen Sie die Originalverpackung, ein Arztattest oder
einen Notfallausweis mit, damit es an der Grenze keine Schwierigkeiten
gibt.
Epilepsie-Pass bei sich tragen
Anfallsleiden gehören zu den
chronischen Erkrankungen, bei denen man immer einen „Krankheitspass“ (oft
im Scheckkartenformat) bei sich führen sollte (z. B. in der Brieftasche).
Auf diesem Pass sind wichtige individuelle Angaben vermerkt, die
potenzielle Helfer über die Art Ihres Leidens und dessen Behandlung
informieren (z. B. die Namen Ihrer Medikamente). Oft finden sich dort auch
Verhaltensanweisungen für Notfälle, die Adresse des Sie behandelnden
Arztes und die Telefonnummer von Angehörigen. Eine solche Karte ist
besonders wichtig, wenn Sie unter Anfällen leiden, bei denen Sie nicht
mehr mit anderen kommunizieren können. Führen Sie ein Attest Ihres Arztes
bei sich, wenn Ihnen kein „Pass“ zur Verfügung steht.
Auslöser vermeiden
Anfälle kommen nicht immer aus
heiterem Himmel. Es gibt Lebensumstände, die Anfälle fördern. Zu ihnen
gehören Schlafmangel, vermehrter Alkoholgenuss (inklusive Alkoholentzug
bei Alkoholkrankheit), Flackerlicht (im Fernsehen, in der Disco oder beim
Entlangfahren an Gittern oder Baumreihen im seitlichen Sonnenlicht),
manche Geräusche und fieberhafte Infekte. Vermeiden Sie solche kritischen
Situationen, wo immer es geht. Nehmen Sie beispielsweise ein
fiebersenkendes Mittel oder machen Sie Wadenwickel, wenn Ihre
Körpertemperatur stark erhöht ist. Verständigen Sie gegebenenfalls einen
Arzt. Achten Sie darauf, ob es weitere hier noch nicht erwähnte Auslöser
gibt, und sprechen Sie Ihren Arzt darauf an.
Für einen geregelten und entspannten Alltag sorgen
Ersparen Sie Ihrem Körper unnötigen
„Stress“. Achten Sie auf regelmäßigen Schlaf und eine gute Zeitplanung
(die unnötigem Druck entgegenwirkt). Von Tag zu Tag sollte der Zeitpunkt
des Einschlafens und Aufstehens nicht um mehr als ein bis zwei Stunden
schwanken. Verhelfen Sie sich zu einem gesunden Ausgleich durch sportliche
Aktivitäten und Entspannungsübungen (z. B. in Form von Autogenem Training
oder Biofeedback).
Sich vernünftig ernähren
Vermeiden Sie durch regelmäßige
Ernährung eine Unterzuckerung, die Anfälle begünstigen kann. Verzichten
Sie auf größere Mengen koffeinhaltiger Getränke (Kaffee, Schwarztee,
Cola). Gehen Sie vorsichtig mit Alkohol um. Beachten Sie, dass Sie
möglicherweise zu den Epilepsie-Betroffenen gehören, bei denen schon
geringe Alkoholmengen anfallsfördernd wirken. Konsumieren Sie keinesfalls
hochprozentige Getränke.
|