Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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6. Umgang mit "Widerstand" / Fördern von Konsonanz

 

Der kunstvolle „Umgang mit Widerstand“ gehört neben dem Reflektieren ebenfalls zu den besonders anspruchsvollen Aspekten von Motivational Interviewing. Wie schon eingangs erwähnt, betrachtet Motivational Interviewing „Widerstand“ als das Ergebnis einer Beziehungsdynamik und nicht als ein „Problem“, für das ein Einzelner verantwortlich zeichnet. Kremer und Schulz (2012) betrachten „Widerstand“ sogar als vorrangiges Problem des Gesprächspartners und nicht des Klienten. Letzterem diene „Widerstand“ mitunter als Schutz vor respektloser Behandlung. Da der Begriff „Widerstand“ durch den herkömmlichen Sprachgebrauch oft einseitig gefärbt ist, dürfte es hilfreicher sein, anstelle von „Widerstand“ lieber von „Dissonanz“ in einer Beziehung zu sprechen. Hinweise auf sich anbahnende oder bereits eingetretene Dissonanzen sind beispielsweise Einleitungen wie „ja, aber…“, Rechtfertigungen und Begründungen für das bisherige Verhalten, Bestreiten, Abwerten, Unterbrechen, Bagatellisieren, Zögern, Unaufmerksamkeit und Schweigen, um nur einige Beispiele zu nennen. Für solche Indikatoren sollte der Gesprächspartner hochsensibel sein, damit er sofort darauf reagieren und sich wieder um „Konsonanz“ bemühen kann. Leider geschieht es nur allzu häufig, dass der Gesprächspartner selbst zu Dissonanz einlädt, indem er bevormundend auftritt. Hier gilt es, vor allem folgende sehr häufige Fallen zu vermeiden:

  • 1.    Ins Frage-Antwort-Schema verfallen („Verhören“)

  • 2.    Für eine bestimmte Veränderung argumentieren (Partei ergreifen)

  • 3.    Die Expertenrolle einnehmen

  • 4.    Kritisieren, beschämen, Schuld zuweisen

  • 5.    Etikettieren

  • 6.    In Eile sein (zu schnell auf etwas konzentrieren)

  • 7.    Vorrang für die eigene Ansicht beanspruchen (der Besserwisser sein)

Einlassungen dieser Art erzeugen fast zwangsläufig „Widerstand“ bzw. Dissonanz. Klient und Gesprächspartner neigen dann dazu, miteinander zu „kämpfen“ und nicht – wie die Entwickler von Motivational Interviewing vorschlagen - „miteinander zu tanzen“. Ein anderes hilfreiches symbolisches Bild ist der Vergleich von Motivational Interviewing mit einem „Improvisationstheater“, bei dem es keine vorgegebenen Handlungsabläufe gibt. Vielmehr entwickeln die Mitspieler von Augenblick zu Augenblick und jeweils ausgehend vom „Spielangebot“ des gerade agierenden Mitspielers neue, höchst individuelle und möglichst passende Spielzüge, die das Stück in kreativer Weise voranbringen. Stellen sich beim Motivational Interviewing Dissonanzen ein, verdient deren Auflösung immer Vorrang, da sich der Klient sonst nicht auf weiteres Explorieren und erst recht nicht auf Experimentieren mit neuen Verhaltensweisen einlassen kann. Bevormundung löst beim Gegenüber fast immer automatisch „Reaktanz“ aus. Darunter versteht man eine Abwehrhaltung, die Menschen spontan dann einnehmen, wenn sie Druck verspüren oder sich in ihrer Freiheit eingeengt fühlen. Veränderung ist dann sehr schwierig. Nicht jede konträre Aussage ist Ausdruck von Reaktanz. Es gibt auch „normale Meinungsverschiedenheiten“, die ausdiskutiert sein wollen.

Dissonanzen lassen sich zum Beispiel auflösen, indem man Aussagen, die offensichtlich Reaktanz hervorrufen, umlenkt oder umformuliert oder indem man neue Perspektiven einbringt („Vielleicht stellt dieses Verhalten Ihres Mannes weniger eine Kontrolle dar, sondern ist eher Ausdruck seiner Liebe und Sorge für Sie.“ „Offenbar sind Sie auch nach hohem Alkoholgenuss noch sehr gut in der Lage, Ihren Alltag zu bewältigen. Ein solches Funktionieren ist meist Ausdruck von Gewöhnung und sagt leider nichts darüber aus, wie stark ihre Leber bereits leidet.“). Weiterhin kann man die Verantwortung dem Klienten zurückgeben („Selbstverständlich sind Sie in Ihrer Sache der Experte und können das für sich selbst am besten beurteilen.“) Auch kann es sinnvoll sein, die momentane Art des Gesprächs und Miteinanders zu variieren.