Diese Frage wird mir insbesondere von - stark
verunsicherten! - Referendaren immer wieder gestellt. In manchen
Fällen haben die Betreffenden im Interesse der genannten Ziele
lieber auf eine Psychotherapie verzichtet. Tatsache ist, dass
Privatversicherungen auf jeden Fall vor einem Vertragsabschluss
zurückschrecken, wenn Sie erfahren, dass ein potenzieller Kunde schon
einmal eine Psychotherapie durchgeführt hat. Der Betreffende gilt dann als
"erhöhtes Risiko", weil man solchen Personen unterstellt, dass sie
weiterhin psychische Probleme haben und daher für die Versicherung zu
einem "Kostenrisiko" werden. Diese Argumentation übersieht leider
vollkommen, dass eine erfolgreiche Psychotherapie sehr oft dazu führt, die
Betreffenden künftig über deutlich mehr psychische Kompetenzen verfügen
als vorher (oft sogar mehr als der Bevölkerungsdurchschnitt!), so dass
eine Psychotherapie in vielen Fällen das Kostenrisiko sogar deutlich
verringern wird. Leider erkundigen sich die Versicherungen immer nur
pauschal danach, ob in den letzten Jahren eine Psychotherapie erfolgte,
ohne immer ausreichend zu differenzieren. Sofern nach einer Diagnose
gefragt wird, gibt es tatsächlich manche Diagnosen, die mit einer
ungünstigeren Prognose ausgestattet sind (z.B. ist bei Depressionen sehr
oft zu erwarten, dass sich diese wiederholen, insbesondere wenn es schon
einmal zu einer Wiederholung kam). Ob die Versicherungen in dieser
Hinsicht immer sehr saubere Unterscheidungen treffen und vor allem die
Besonderheiten des Einzelfalles berücksichtigen, wage ich zu bezweifeln.
Ähnlich problematisch erscheinen
Verbeamtungsuntersuchungen. Auch hier wird die Frage nach vorausgegangenen
seelischen Erkrankungen und einer Psychotherapie gestellt. Um meinen
Patienten Unsicherheiten zu nehmen, habe ich im Sommer 2006 eine Anfrage
an das Lehrereinstellungsbüro der für meinen Arbeitsbereich zuständigen
Bezirksregierung Köln gestellt. Nach acht Wochen erhielt ich folgende
schriftliche Auskunft (10.10.2006):
"Eine generelle, allgemein-verbindliche Aussage
zu der von Ihnen beschriebenen Problemlage ist mir nicht möglich. Die
Einstellung einer Lehrkraft im Rahmen des schulscharfen
Ausschreibungsverfahrens ist ein individueller Akt, welcher lediglich dann
"zu Ende gebracht" werden kann, wenn eine amtsärztliche
Einstellungsuntersuchung des Bewerbers/der Bewerberin mit einem positiven
Ergebnis absolviert wurde. Jeder neu einzustellende Bewerber/jede
Bewerberin muss sich vor der Einstellung dem für seinen/ihren Wohnort
zuständigen Gesundheitsamt zur Untersuchung vorstellen. In dem
Gesundheitszeugnis des Amtsarztes/der Amtsärztin muss bescheinigt sein,
dass der Bewerber/die Bewerberin aufgrund des derzeitig festgestellten
Gesundheitszustandes für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf
Lebenszeit gesundheitlich geeignet ist und mit einer vorzeitigen
Dienstunfähigkeit nicht zu rechnen ist bzw. dass die körperliche Eignung
(Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit) für die Beschäftigung als
Lehrkraft im Angestelltenverhältnis (BAT-Arbeitsvertrag) vorliegt. Ob und
inwieweit Angaben des Bewerbers/der Bewerberin zu bereits erfolgreich
absolvierten Psychotherapien etc. dazu führen könnten, dass das
ausgestellte Gesundheitszeugnis zu einem "negativen Votum" bezüglich der
Einstellung ins Beamtenverhältnis führen könnte, vermag ich nicht zu
beurteilen. Hierzu liegen mir - als Einstellungsbehörde - auch keine
Erfahrungswerte vor. Die gesundheitliche Beurteilung obliegt einzig und
allein dem jeweils zuständigen Amtsarzt/der zuständigen Amtsärztin. Ich
stelle Ihnen anheim, sich mit den jeweiligen Gesundheitsämtern/Amtsärzten
in Verbindung zu setzen, um mit deren Gesprächsergebnissen der von Ihnen
geschilderten massiven Verunsicherung des betroffenen Personenkreises ggf.
entgegenwirken zu können."
Auf eine zwischenzeitlich (20.10.2006) gestellte Anfrage an
das Gesundheitsamt Köln mit der Bitte, zu dem Sachverhalt
fachlich Stellung zu nehmen, erhielt ich am 07.11.2006 von dem Kollegen
Dr. Schönemann eine sehr ausführliche Antwort. Dankenswerterweise darf ich
diese hier auch in ihren wesentlichen Aussagen wiedergeben. Danach geht
das Gesundheitsamt Köln von folgenden Überlegungen aus:
"Die amtsärztliche Begutachtung im
Rahmen des Einstellungsverfahrens von Beamtinnen/Beamten unterscheidet
sich von ärztlicher Tätigkeit in niedergelassener Praxis oder im
Krankenhaus im Grundsatz nicht. Auch hier wird nach der gesundheitlichen
Vorgeschichte und nach aktuellen Beschwerden gefragt sowie der aktuelle
Untersuchungsbefund erhoben.
Das Besondere an dem Gutachtenauftrag
für die Einstellung in das Beamtenverhältnis ist die vom Auftraggeber
gestellte Frage, ob mit vorzeitiger Dienstunfähigkeit zu rechnen sei. Es
soll also eine Prognose abgegeben werden, ob innerhalb der nächsten 30 bis
40 Jahre bis zur regulären Pensionierung - jetzt erkennbar - ein Leiden
auftreten wird, welches vorzeitig zur Dienstunfähigkeit und damit
vorzeitig zur Zurruhesetzung führen kann. Diese Frage ist immer dann zu
verneinen, wenn die gesundheitliche Vorgeschichte leer ist, aktuell keine
Beschwerden bestehen und die Untersuchung im Ergebnis unauffällig ist.
Wenn Erkrankungen/Behandlungen genannt
werden, ist im Rahmen der Einstellungsuntersuchung zu prüfen, welche
Relevanz für die o.g. Fragestellung besteht. Dies betrifft gleichermaßen
körperliche und seelische Leiden.
Die Tätigkeit im Lehramt wird von vielen
Lehrerinnen und Lehrern als massiv belastend erlebt. Da die
Gesundheitsämter auch Begutachtungen im Rahmen der vorzeitigen
Zurruhesetzung aus Krankheitsgründen durchführen, erhält man den Eindruck,
welche Belastungen tatsächlich gegeben sein können....
Eine Psychotherapie kann ganz
unterschiedliche Anlässe haben. Es ist in jedem Einzelfall zu prüfen, was
der Grund für die Therapie war, welcher Therapieerfolg sich eingestellt
hat und wie die weitere Prognose ist. Dazu werden Befunde aus der
Psychotherapie erbeten, ggf. auch aktuelle Stellungnahmen der Therapeuten.
In vielen Fällen ergibt sich, dass es sich um eine abgeschlossene
Angelegenheit handelt, die keine Relevanz für die Beamtung auf Lebenszeit
hat. In einigen Fällen wird eine Relevanz gesehen, vielleicht auch ein
noch bestehender Therapiebedarf. Abhängig vom Einzelfall wird dann dem
Auftraggeber eine Nachuntersuchung nach einem bestimmten Zeitraum
vorgeschlagen. Nur in sehr seltenen Fällen wird die gesundheitliche
Eignung für die Beamtung auf Dauer nicht gesehen.
Abschließend noch zwei Hinweise zu der
Anfrage: Zum einen versichern die Personen, die hier begutachtet werden,
mit ihrer Unterschrift, dass sie ihre Angaben wahrheitsgemäß und
vollständig gemacht haben. Zum anderen sollte man auf eine individuelle
Psychotherapie auf keinen Fall verzichten."
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