Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Gedanken zum Verhältnis von Therapeut und Patient


Die folgenden Gedanken wurden mir zugeschickt und beziehen sich auf Erfahrungen mit anderen Therapeuten. Aus den Zeilen klingt Enttäuschung, Verzweiflung und Verbitterung. Dort wo die Rede von "Patient" ist, spricht die Schreiberin offenbar von sich selbst.


Langjährige (leider erfolglose) Therapien haben mich zu den grundsätzlichen Überlegungen angeregt, warum  es nicht einfach ist, Therapiepatient zu sein? Die Schwierigkeiten ergeben quasi naturgemäß aus den Rollen von Therapeut und Patient in ihrem Zusammenspiel. Die therapeutische Beziehung zeichnet sich stets durch ein großes Gefälle zwischen Therapeut und Patient aus.

- Der Patient hat ein Problem, eine Störung, mit der er nicht mehr leben kann oder will und die er deshalb behandeln lassen möchte. Es handelt sich um eine seelische Krankheit, für die es sogar eine Diagnoseziffer gibt und deren Verarztung von den Kassen bezahlt wird. Der Therapeut ist der Fachmann und hat (anscheinend) ein Konzept zur Lösung. Selbst wenn der Patient an der Festsetzung der Ziele und Behandlungsschritte beteiligt ist oder sie sogar eigenständig vorgibt, so muss er dennoch die Kraft und den Mut aufbringen, sich dem Therapeuten anzuvertrauen. Dies ist immer schwierig, denn  trotz einiger probatorischer Sitzungen kennt er ihn im Grunde nicht und der Erfolg der Behandlung ist höchst ungewiss.

- Der Therapeut kommentiert die vorgetragenen Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen des Patienten. Dadurch erscheint er ihm oftmals wie ein Übervater, der alles einordnen und beurteilen kann, der weiß, was richtig und falsch ist. Der Patient fühlt sich wie ein Schüler, der noch viel lernen muss, wenn er seine Störung überwinden will. Diese Situation ist für den Patienten schon schwer genug. Wenn aber z. B. seelische Verletzungen nicht anerkannt und gewürdigt werden, wird der Patient erneut stark verletzt. Gründe für ein solches Vorgehen des Therapeuten haben ihre Ursache in seiner Auffassung von Therapie. Manchmal ist auch seine persönliche Lebensgeschichte, die er nicht aufgearbeitet hat und die deshalb in die Therapie hineinspielt, dafür verantwortlich.

- Der Patient erzählt in großem Vertrauen (falls er es aufbringen kann) alles von sich, auch sehr Persönliches und Intimes, was er sonst niemandem sagen würde. Vom Therapeuten weiß er fast nichts. Irgendwann entsteht der Wunsch, ihn näher kennen zu lernen, was aber nicht geht. Die Unkenntnis über das Leben des Therapeuten führt im Patienten leicht zu der Vorstellung, er habe einen Menschen vor sich, der alles im Griff hat.

- Für den Patienten ist die Stunde ein- bis zweimal wöchentlich oder seltener oft die wichtigste Zeit, auf die er sich freut, die er zumindest erwartet, weil er dann etwas loswerden kann, auf jeden Fall aber im Mittelpunkt steht. Für den Therapeuten ist es Arbeit, ein Patient folgt dem nächsten.

- Der Patient hat nur eine begrenzte Zeit zur Verfügung, dann muss er gehen, auch wenn noch vieles nicht gesagt oder er durch das Gespräch aufgewühlt wurde. Wie er dann mit den Gefühlen fertig wird, ist seine Sache. Für den Therapeuten ist es der normale Arbeitsrhythmus.

- Die Aufmerksamkeit eines anderen Menschen, eventuell auch ein wenig Nähe und Zuwendung zu erhalten, kostet ziemlich viel Geld. Für den Therapeuten ist es der Beruf, anderen Gehör zu schenken. Er ist gefühlsmäßig nur bedingt beteiligt. Es ist ein Dienstleistungsverhältnis, d. h. eine künstliche Beziehung gegen Bezahlung.

- Das therapeutische Gespräch hat zwar seine eigenen Regeln, ist aber wie jedes Gespräch im Alltag auch anfällig für Störungen und Missverständnisse. Da der leidende Patient mit hohen Erwartungen in puncto Kompetenz und Menschlichkeit des Therapeuten in die Stunde kommt, ist die Enttäuschung umso größer, wenn der Behandlungserfolg ausbleibt. Grundvoraussetzung für eine Heilung ist ein respektvoller Umgang mit dem Patienten. Er möchte hinter seinem Problem als vollwertiger Mensch gesehen und anerkannt werden.

- Der Patient sucht leidbedingt oftmals stärker als andere, manchmal geradezu verzweifelt nach dem Sinn des Lebens und erwartet vom Therapeuten eine Antwort. Er kann, will und darf sie ihm nicht geben, aber es wäre gut, wenn der Patient bei der Suche danach vom Therapeuten unterstützt würde.

Alles in allem besteht ein Ungleichgewicht zwischen Klient und Therapeut, was es auch zwischen einem Arzt für körperliche Leiden und seinem Patienten gibt. Aber hier akzeptiert jeder wie selbstverständlich die fachliche Überlegenheit. Ein Installateur weiß in der Regel auch mehr über die Heizung als ein Bäcker, der meist keine Autos reparieren kann. Nur mit der Seele ist es so eine eigene Angelegenheit. Seelisch krank zu sein, es sich und anderen eingestehen, ist schon eine Kränkung an sich und schambesetzt. Hinzu kommt, dass die Heilung oder Besserung psychischer Leiden nicht nach so klaren und einfachen Regeln zu bewerkstelligen ist wie eine Blinddarmoperation. Man muss sich längere Zeit auf eine Therapie und einen Therapeuten - auch gefühlsmäßig - einlassen, um der Gesundung überhaupt eine Chance zu geben. Dabei ist es für Patienten mit geringem Selbstwertgefühl besonders schwierig, trotzdem einen eigenen kritischen Standpunkt zu finden und Distanz zu wahren. Sie fühlen sich ohnehin anderen unterlegen und neigen dazu, sich anzupassen, um Aufmerksamkeit und Zuwendung zu erhalten. Sollte es in der Therapie zu einer Verstrickung der Probleme von Therapeut und Patient kommen und der Fachmann verliert den Überblick, so ist ein seelisch bedürftiger Patient hoffnungslos verloren und sein Leiden vergrößert sich um ein Vielfaches.

Dieser in der Sache begründeten Schwierigkeiten sollte sich der Therapeut immer bewusst sein und sein Verhalten daran ausrichten. Wenn er dem Patienten nicht helfen kann, ist dies schon schlimm genug, aber dann richtet er wenigstens nicht noch größeren Schaden an.