Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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30-jährige Patientin mit Dysthymie und krankmachenden automatischen Gedanken


Ich habe mir viel Zeit gelassen, den versprochenen Erfahrungsbericht zu schreiben. Ich hoffe, sie kennen mich gut genug um zu wissen, dass ich ihn nicht vergessen habe und nie vorhatte, ihn nicht zu schreiben. Ich dachte mir, im Sommer genug Zeit und Ruhe zu haben, mich ihm zu widmen. Der Anlass, aus dem ich mich jetzt spontan an den Rechner gesetzt habe, ist zwar einerseits wenig erfreulich, anderseits aber vielleicht auch ein Indiz dafür, dass ich ein bisschen besser gelernt habe, mit mir umzugehen.

Vielleicht erzähle ich erst mal, was im letzten halben Jahr so geschehen ist. Die größten Neuigkeiten sind wohl, dass mein Freund und ich zusammengezogen sind. Ich hatte ja immer gehofft, dass er zu mir, in meine neue Wohnung zieht, aber ihm war das nie so lieb gewesen, da ihm diese Wohnung als zu klein und vor allem als zu offen für zwei zuhause arbeitende Menschen erschien. Also hat er – nachdem er wohl einige Wochen darüber gebrütet und auch mit vielen Menschen darüber gesprochen hat – zu Ostern vorgeschlagen, dass wir uns gemeinsam eine neue Wohnung suchen. Zuerst war ich sehr traurig, weil ich meine wunderschöne Wohnung nicht nach so kurzer Zeit schon wieder aufgeben wollte, habe mich aber dann doch schnell dafür entschieden und wir waren auf unserer Wohnungssuche auch schnell erfolgreich (zwei Beamte sind der Traum eines jeden Vermieters…).  Meine Zweifel und Gedanken wurden daraufhin wieder etwas stärker, aber das hat mich nicht weiter überrascht und ich habe relativ erfolgreich versucht, es nicht so ernst zu nehmen.

Die Sommerferien haben wir nun für den Umzug genutzt und dafür auch gut drei Wochen gebraucht. Es war nicht immer ganz leicht, da ich, was Wohnen angeht, etwas „zickig“ bin, aber wir sind ja ganz gut darin, mit den Schwächen des anderen umzugehen.  

Leider hat es mich aber seit dem Umzug wieder stärker erwischt (d.h. ich frage mich, wieso und weshalb ich jetzt mit diesem Mann zusammenwohne, frage mich, was Liebe überhaupt sein soll, ob es mir nicht besser ginge, wenn ich wieder alleine wäre, ob es nicht mutiger wäre, mich zu trennen, beobachte all die Dinge, die mir an ihm nicht gefallen, vergleiche ihn mit anderen Männern, die natürlich alles viel besser sind, auch wenn ich sie gar nicht kenne etc. – das Übliche halt)  und so richtig habe ich es noch nicht geschafft, es in den Griff zu kriegen. In ein richtig tiefes Loch bin ich jedoch auch nicht gefallen, aber es schränkt die Lebensqualität schon sehr ein.  Heute morgen ging es mir besonders schlecht (ich bin das erste Mal seit unserem Umzug über Nacht alleine in der Wohnung), da kommt dann ja eins zum anderen, dann lese ich noch irgendeinen Zeitungsartikel über einen buddhistischen Mönch, und dann ist es vorbei, und ich hatte eigentlich überhaupt keine Lust mehr, wollte mich nur noch in eine Ecke setzen und weinen und aufhören zu kämpfen und mich und mein trauriges Los bemitleiden. Stattdessen habe ich die Therapieunterlagen hervorgekramt, um mir die „Gebrauchanweisung für mich selbst“ und andere hilfreiche Zettel anzuschauen. Und dabei dachte ich, ich könnte mich endlich mal an den Erfahrungsbericht setzen. Ob das so eine gute Idee war, weiß ich nicht, da es ja jetzt eher eine Beschreibung aktueller Probleme ist, als ein Erfahrungsbericht. Aber mal sehen, was noch daraus wird. Auf jeden Fall passt es gut in mein Muster, dass ich mich nicht so gern mit dem ganzen „Therapiekram“ befasse, wenn es mir halbwegs gut geht, sondern erst dann, wenn es mir wieder nicht so gut geht.

Ganz von vorne anfangen ist wohl nicht notwendig, da ich zwischendurch ja schon mal einen Erfahrungsbericht geschrieben habe. Vielleicht fange ich deswegen mal von hinten an. Mit dem, was sich geändert hat und mit dem, was ich noch nicht geschafft habe. Ich habe irgendwann zwischendurch mal diese kurzen Notizen in den Rechner gehämmert:

Hauptunterschied: Anderer Umgang mit Dingen. Nicht so schnell an etwas Verzweifeln, sich selbst nicht so runterziehen lassen

Das kann ich vielleicht noch etwas erläutern. Ich habe mich in den letzten Monaten, z.B. im Job, öfters bei Gedanken erwischt, die ungefähr so nach dem Motto gingen: „Ich habe keine Lust mehr, ist doch alles scheiße, ich lass mich jetzt hängen“ – diesen Gedanken habe ich dann aber nie Raum gelassen, sondern habe direkt gegengesteuert und mich nicht hängen lassen und mir gesagt, dass ich selbst dafür verantwortlich bin, dass nicht „alles scheiße“ ist. Das ist mir ziemlich gut gelungen, bis auf die letzten Wochen ja auch in Hinsicht auf Beziehung.

In einigen Bereichen gelingt es mir schon ganz gut, meine Gefühle/Gedanken zu steuern. Andere Bereiche habe ich noch nicht im Griff –

  • Das Beziehungsproblem hat sich leider noch nicht so gelöst, wie ich das gehofft hatte

  • Auch kann ich immer noch keine Zeitungen lesen, ohne in Gefahr zu laufen über Artikel zu stolpern, die mich umhauen – aber das hängt auch sehr von meiner Gesamtverfassung ab – in labilen Zeiten wie jetzt stolpere ich sehr viel schneller als in stabilen Zeiten.

  • Ich merke immer wieder, wie verdammt schwer mir Achtsamkeit fällt. Vor ein paar Tagen war ich endlich mit meinem Freund im Zoo, das hatten wir uns schon seit Ewigkeiten vorgenommen, auch, um Achtsamkeit zu üben, und gerade im Moment ist es bei mir im Kopf ja sehr laut und es gelingt mir kaum.

  • Vielleicht nicht ganz so wichtig, aber ich finde keinen Umgang mit meinen Träumen. Oft habe ich sehr belastende, sich wiederholende Träume, zum Glück ist das jetzt wieder vorbei, die mich mit einem quasi depressiven Gefühl aufwachen lassen und ich finde die Beschäftigung damit wenig anregend.

Wenn ich jetzt noch etwas über die konkreten Therapieerfahrungen schreibe, wiederhole ich vieles, was ich schon an vielen anderen Stellen gesagt habe. Für mich wohl am wichtigsten, weil am nachhaltigsten, ist das viele Schriftliche. Das sind zum einen die „Therapeutischen Rückmeldungen“, die ja im Prinzip noch mal ein Kondensat der Sitzungen sind (es wird nicht einfacher, nach so langer Zeit das Gekrakel zu lesen … aber ich wiederhole mich) und immer wieder hilfreiches bieten, die Arbeitshilfen und die Dinge, die ich zuweilen selbst geschrieben habe. Das heißt natürlich nicht, dass die Sitzungen überflüssig waren, denn das ‚ganze Schriftliche’ hätte ohne diese ja so nicht entstehen können, aber ohne das Schriftliche wären die Sitzungen jetzt nur noch eine ferne Erinnerung. Ich muss meine automatischen Gedanken ja immer wieder von neuem in den Griff kriegen und da hilft es wenig, wenn ich oder Sie vor zwei Jahren mal einen klugen Satz dazu geäußert haben. Genauso hilfreich war es, selber Dinge aufzuschreiben. Ich merke gerade mal wieder, wie sehr es mir hilft, und dass ich es vielleicht öfter tun sollte. Wobei es mir auch immer sehr wichtig war, dass ich wusste, dass Sie das lesen und sich dazu äußern. Aber vielleicht kriege ich es ja auch für mich selber hin, ein bisschen was müsste ich ja inzwischen gelernt haben.

Das vorher Gesagte bringt mich wieder mal zu den Emails, die ich ja auch schon öfter als sehr hilfreich erwähnt habe und ich hoffe sehr, dass sie als therapiebegleitende Maßnahme einen rechtlichen Rahmen bekommen. Abgesehen davon, dass sie die Therapie über die lange Durststrecke der versicherungsbedingten Unterbrechung gerettet haben, waren sie eine Art Rettungsanker in akuten Notfällen und eine gute Art, seine Gedanken und Gefühle zu ordnen und für mich persönlich auch sehr hilfreich, Dinge zu sagen, und Gefühle zu zeigen, die ich im persönlichen Kontakt so nie hinbekommen habe – leider. Dass es mir nie möglich war, meine Selbstkontrolle so aufzugeben, wie es mir bei sehr vertrauten Personen möglich ist oder war, hat die Therapie wohl nicht einfacher gemacht. Ich bin mir das auch selbst noch ein Rätsel, wieso ich mitten im Kaufhaus anfangen kann zu weinen, aber nicht bei der Therapie. 

Der Umstand, dass ich versucht habe, mich immer erst auf das Positive zu konzentrieren hat jetzt dazu geführt, dass ich mit etwas eher Negativem aufgehört habe. So sollte mein Erfahrungsbericht eigentlich nicht enden. Aber ich habe ja auch noch einen Weg vor mir, wie es scheint, auch wenn ich das manchmal vergesse.