USA. Frauen erhalten doppelt so häufig
die Diagnose „Depression“ als Männer. Möglicherweise liegt dies daran,
dass Männer auf depressive Zustände schnell mit Aggression oder dem Griff
zur Flasche reagieren. Obwohl die „eigentliche“ Ursache ihres Verhaltens
und Befindens eine Depression ist, landen sie vor Gericht oder in einer
Ausnüchterungszelle. Anstelle von Antidepressiva oder Psychotherapie
verordnet man ihnen Strafen oder Entziehungskuren. Wie eine Studie von N.
Bacaner und Kollegen zeigt, räumen viele Männer bei vertraulicher
Befragung aggressives Verhalten und Alkoholmissbrauch ein. Beide
Problembereiche sind – wie die gleiche Untersuchung ergab – offenbar eng
mit Depression verwoben. So gestanden fast zwei Drittel (63 Prozent) der
Männer mit einer Major Depression, schon einmal gewalttätig geworden zu
sein. Von den Alkoholabhängigen gaben 36 Prozent ein solches Verhalten zu.
Vor allem vier depressive Symptome scheinen Männern für aggressives
Verhalten anfällig zu machen: 1. Das Gefühl, dass es für andere gut wäre,
wenn man selbst nicht mehr leben würde, 2. Entscheidungsschwierigkeiten,
3. Schlafstörungen, 4. vermehrte Reizbarkeit. Möglicherweise ließen sich
zahlreiche Aggressionsakte verhindern, wenn man den Betroffenen
rechtzeitig medikamentöse oder psychotherapeutische Hilfen zur Verfügung
stellen würde, spekulieren die Autoren. In ihrer Befragung von 302
männlichen Patienten einer Notfallambulanz hatte immerhin fast jeder
vierte den Wunsch geäußert, von einem Psychotherapeuten zurückgerufen zu
werden.
N. Bacaner u.a.:
The relationship among depressive and alcoholic symptoms and aggressive
behavior in adult male emergency department patients. Academic Emergency
Medicine 2002 (9) 120-129
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