Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Wege aus der Depression

(unterstrichene Überschriften verweisen auf vertiefende Seiten)
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Die Erkrankung ernst nehmen

Zögern Sie nicht, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn Sie unter einer Depression leiden. Eine Depression ist eine echte Erkrankung des gesamten Menschen und nicht bloß eine Befindlichkeitsschwankung. Sie umfasst Veränderungen

·       des Erlebens (Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit, Kränkung, Versagung, Frustration),

·       des Denkens (Katastrophenvorstellungen, negative Verallgemeinerungen),

·       des Verhaltens bzw. Antriebs (sozialer Rückzug, Inaktivität) und

·       des Körpers (Nervosität, Schlafstörungen, Herzbeschwerden usw.).

Eine schwere Depression kann das ganze Leben verändern, die Umwelt einbeziehen und in Extremfällen Selbstmordgedanken und -tendenzen auslösen. Die medizinische „Depression“ ist von dem in der Umgangssprache gebräuchlichen Begriff zu unterscheiden, der unter anderem auch ein vorübergehendes Stimmungstief beschreibt. Manche benutzen auch Bezeichnungen wie "Blues" oder (jahreszeitbedingt) "Winterblues".

Die Depression verstehen

Betrachten Sie die Depression als eine schwere Erschöpfung, wie sie sich mit dem Bild des „Nervenzusammenbruchs“ bzw. des Gefühls „mit den Nerven am Ende zu sein“ beschreiben lässt. Eine Depression hat nichts mit „Verrücktheit“, „Hirnabbau“ oder einem Verschulden zu tun. Häufig mangelt es dem Körper an „Botenstoffen“, die Informationen im Nervensystem übertragen. Manchmal erscheint die Depression sogar regelrecht „vernünftig“, wenn sie den Kranken erstarren lässt, ihn so vor weiterer Selbstschädigung (in Form krankmachenden Verhaltens) schützt und gleichzeitig der Umwelt die Hilfsbedürftigkeit verdeutlicht. Depressionen lassen sich als lang anhaltende Verlust-, Kränkungs- und Trotzreaktionen verstehen, bei denen die Gedanken um Enttäuschung, Wut und Trauer kreisen. Die Betroffenen leiden unter einem stark beeinträchtigten Selbstwertgefühl (Nichts-wert-Sein", "Nichts-Können") und sind emotional überbedürftig (nach Zuwendung, Verständnis, Liebesbeweisen und symbiotischer Nähe). Sie wagen es nicht, ihre Wünsche, Phantasien oder Erwartungen anderen Menschen auf direkte Weise mitzuteilen.


Aktuell (9/2013): Bitte unterzeichnen Sie meine AVAAZ-Petition zur Verbesserung
der psychotherapeutischen Versorgung in Deutschland
unter diesem Link (links anklicken)


Sich ärztliche Hilfe gönnen

Beschreiben Sie Ihrem Haus- oder Facharzt möglichst bald alle (!) Ihre Symptome (insbesondere auch die seelischen und solche, die Tabus betreffen, wie etwa Sexualität). Scheuen Sie sich nicht, auch Selbstmordgedanken anzusprechen. Befreien Sie sich von dem Vorurteil, seelische Erkrankungen seien ein Ausdruck von Schwäche. Äußern Sie unumwunden Ihren Verdacht, wenn Sie selbst eine Depression als Ursache Ihrer Beschwerden vermuten. So gewinnen Sie wertvolle Zeit und ersparen sich unnötiges Leid, da sich Depressionen sehr gut behandeln lassen. Ihr Arzt weiß, dass Depressionen weder eine „Mode-Erscheinung“ sind, noch Ausdruck von Faulheit oder Unwillen. Er nimmt sie ernst und weiß, wie geschickt sie sich manchmal hinter körperlichen Symptomen verbergen können.

Depressionsauslöser erkennen

Auch wenn manchmal ein besonderer Schicksalsschlag als Auslöser erscheint (Verlust, Kränkung, Scheitern von Plänen und Lebensmöglichkeiten), sind viele Depressionen das Endergebnis einer langen Kette von Belastungen, bei denen der letzte Tropfen das Fass überlaufen lässt. Ungünstige Denkgewohnheiten, starre Verhaltensmuster und einseitige Erwartungen der Umwelt halten die Depression beharrlich am Leben. Depressive Menschen beklagen meist einen „Mangel“ (oft in Form von Zuwendung und echter Wertschätzung). Dieser kann von Familienangehörigen und Therapeuten nicht nachträglich in Form einer „Wiedergutmachung“ ausgeglichen werden. Soweit es eine Lösung gibt, besteht sie meist darin, das Fehlende zu betrauern und es durch eigenes (neues) Verhalten zu ersetzen. Man kann die Depression auch als eine Aufforderung verstehen, bislang ungelebte Möglichkeiten künftig zu realisieren (sich persönlich zu entfalten, unabhängiger zu werden, zu genießen usw.).

Hoffnung schöpfen und bewahren

Vertrauen Sie darauf, dass Ihr Leiden sehr gut zu behandeln ist, auch wenn Sie momentan alles schwarz sehen. Unzählige Menschen vor Ihnen haben Depressionen erfolgreich bewältigt.

Geduldig sein

Depressionen kommen und gehen selten aus heiterem Himmel. Oft haben sie eine längere Vorgeschichte und münden in ein Gefühl völligen Erschöpftseins bzw. großer Leere. So wie man einen leeren Tank allmählich auffüllt, braucht es auch bei Depressionen Zeit, bis durch Medikamente und Verlernen Kraft zehrender Verhaltensweisen wieder ausreichend Energie zur Verfügung steht. Tanken Sie Kraft aus der Erkenntnis „Langsam vorwärts zu kommen, ist besser, als gar nicht vorwärts zu kommen“.

Sich Entlastung gönnen

Schützen Sie sich vor eigenem und fremdem Druck. Machen Sie sich bewusst, dass depressive Menschen meist hohe Erwartungen an sich selbst richten. Oft handelt es sich um Perfektionisten, die alles 200prozentig machen wollen und sich unter massiven Leistungsdruck stellen. Diesen Stress verstärkt die Umwelt durch passende Appelle wie „Reiß dich doch zusammen“. Verstehen Sie also Ihre seelische Erkrankung als Aufforderung, sich von krankmachenden Verhaltensmustern, Einstellungen und Stressquellen zu befreien. Akzeptieren Sie, dass Sie zur Zeit vielen Anforderungen einfach nicht mehr genügen können und erlauben Sie sich selbst ausdrücklich, depressiv zu sein (zu klagen, zu weinen usw.). Gönnen Sie sich eine vorübergehende Krankschreibung, um Kraft zu tanken und Ihren Lebensstil in Ruhe zu verbessern. Manchmal kann ein Krankenhausaufenthalt der beste Weg sein, dem inneren und äußeren Stress zu entfliehen. „Sich Entlastung gönnen“ heißt nicht, dass Sie sich ab jetzt im Bett verkriechen und rundum versorgen lassen sollten. Für den Anfang ist dies in Ordnung. Auf Dauer werden Sie aber mehr davon haben, wenn Sie sich dafür einsetzen, wieder leistungsfähiger sowie körperlich und psychisch belastbarer zu werden.

Sich als „depressiv“ akzeptieren

„Bekämpfen“ Sie nicht Ihre „Depressivität“ (und damit einen Teil Ihrer Person). Depressive Menschen sind oft viel zu aggressiv gegen sich selbst. Stehen Sie lieber zu Ihrer Depressivität, zumal diese für andere mitunter sehr hilfreich sein kann. Da 10 bis 15 Prozent aller Menschen mindestens einmal in ihrem Leben an einer Depression erkranken, gehört die entsprechende Veranlagung offenbar zum Menschsein.

Sich wertschätzen

Nehmen Sie auch die Stärken und Vorteile einer Depressivität wahr. So sind depressiv veranlagte Menschen oft sehr beharrlich und zuverlässig. Sie sind leistungsbezogen, orientieren sich an sozialen Idealen und wirken bescheiden, da sie selten offen aggressiv fordern. Sie sind sehr sensibel, warmherzig und zu tiefem Erleben fähig. Als Partner sind sie anhänglich und an Nähe interessiert. Sie überstürzen nichts, sondern überlegen vieles aus Vorsicht lieber mehrfach und detailliert. Sie sind sehr selbstkritisch und stehen zu eigener „Schuld“. Sie sind die klassischen Helfer, die nicht zögern, für andere Verantwortung zu übernehmen und sich dafür notfalls aufzuopfern. In ihren Familien und auf ihren Arbeitsstellen werden sie deshalb oft sehr geschätzt

Wirkung auf andere berücksichtigen

Durch anhaltendes Klagen (aus der Sicht der anderen: „ewiges Jammern“ oder „An-Klagen“) drücken depressive Menschen ihre Aggressivität aus. Sie ist zwar gegen die Kranken selbst gerichtet, kann aber bei anderen Ungeduld und Ablehnung (Gegenaggression) hervorrufen. Die dauernden Selbstanklagen, ein gekränkt-trotziges Verhalten, der Appell zu helfen und die gleichzeitigen Misserfolge des Helfers machen den Helfer irgendwann wütend und enttäuscht. Dieser spürt durchaus die Heftigkeit seiner Gefühle, während der Depressive oft gar nichts mehr spürt. Die oft wiederholte Feststellung „Mir hilft nichts“ versteht der Helfer dann als „Auch du kannst mir nicht helfen“. Damit stellen Depressionen die  Frustrationstoleranz von Familienangehörigen, Freunden, Bekannten, Ärzten und anderen Helfern oft erheblich auf die Probe. Vielfach müssen sie den Ärger aushalten, den der Depressive eigentlich gegenüber anderen wichtigen Bezugspersonen hegt. Nicht selten werden auch Personen der Umwelt regelrecht „angesteckt“, so dass sie sich ebenfalls vorübergehend gefühlsleer, wert-, interesse- und willenlos fühlen. Wenn depressive Menschen sich anklammern, nehmen sie anderen oft die „Luft“. Um nicht zu ersticken, gehen letztere dann auf Abstand und verstärken damit die Angst des Depressiven, abgelehnt und allein gelassen zu werden. Versetzen Sie sich also im eigenen Interesse immer wieder einmal in die Person Ihrer Helfer, auch wenn Ihnen dies schwer fallen sollte.

Stimmungskalender führen

Depressive Menschen neigen dazu, alles schwarz zu sehen (sie verallgemeinern zu ihrem eigenen Nachteil). Selbst wenn einige Dinge im Tagesablauf klappen und für andere Personen eine Tendenz zur Besserung sichtbar wird, erlebt der Depressive weiterhin „alles als schrecklich und hoffnungslos“. In dieser Situation helfen Sie sich, wenn Sie Ihr Befinden täglich mehrfach bewerten und das Ergebnis notieren. Mit Hilfe eines solchen „Stimmungskalenders“ halten Sie sich einen Spiegel vor Augen. Er wirkt der Gefahr entgegen, dass Sie im Rückblick vieles verzerrt wahrnehmen. Gleichzeitig erleichtern Sie es Ihrem Arzt, den Behandlungseffekt zu überprüfen.

Aktiv werden statt abwarten

Stimmung und Verhalten beeinflussen sich gegenseitig. Sie merken es ja selbst: Aufgrund Ihrer Depression haben Sie zu nichts Lust und würden sich am liebsten irgendwo verkriechen und dort verharren. Vielleicht hoffen Sie, dass Sie wieder zupacken werden, sobald Sie sich besser fühlen. Empfehlenswerter ist das umgekehrte Vorgehen: Unternehmen Sie überhaupt etwas und lassen Sie sich davon überraschen, dass es dadurch wieder bergauf geht. Verlassen Sie also Ihr Bett und erheben Sie sich aus dem Sessel. Denn ähnlich wie Feuer und Wasser sind gesunde Aktivität und Depression kaum miteinander vereinbar. Führen Sie ergänzend zu Ihrem Stimmungs- auch einen Aktivitätenkalender. Wenn alles klappt, wird mit wachsender Aktivität auch Ihre Stimmung steigen. Beispiele für Aktivitäten sind: Spazieren gehen, Fahrradfahren, Wohnung aufräumen, im Garten arbeiten, Lesen, Freunde anrufen, sich schön anziehen, schminken usw. Stellen Sie sich eine möglichst umfangreiche Liste von gut zu bewältigenden Aktivitäten zusammen, die für Sie persönlich angenehm sind und von der Sie sich täglich anregen lassen.

Sich bewegen

Nutzen Sie die antidepressive Wirkung von sportlicher Bewegung. Offensichtlich setzt Sport im Körper Botenstoffe frei, die entspannen und die Stimmung verbessern. Besonders bewährt haben sich Ausdauersportarten wie Walking (schnelles Gehen), Jogging, Radfahren, Schwimmen usw. Radfahren hat den Vorteil, dass Sie sich durch Ausflüge neue Räume und so möglicherweise ein Gefühl von Freiheit erschließen. Ihr Hausarzt wird Sie gerne beraten. Sport eignet sich auch dazu, Ärger und Wut auf gesunde Art und Weise abzubauen.

Für sich Verantwortung übernehmen

Depressive Menschen sind oft Meister darin, anderen zu helfen und sich selbst zurückzustellen. Dabei haben sie den Anspruch, „es allen recht machen zu müssen“. Umgekehrt bzw. unbewusst erwarten sie oft das Gleiche, nämlich dass andere sich voll für sie einsetzen. Zum Leidwesen vieler Depressiver geht diese Rechnung nicht immer auf. Auch auf ihren Arzt übertragen depressive Menschen gerne die gesamte Verantwortung für ihre Heilung („Sie sind doch der Arzt“). Gerne verführen sie ihn zu der Annahme, diesen Patienten auf jeden Fall „retten“ zu können. Dementsprechend sind sie um so enttäuschter, wenn auch der Arzt „versagt“. Vermeiden Sie die drohende „Enttäuschungs-Falle“. Bauen Sie nicht ausschließlich auf fremde Hilfe, sondern tragen Sie zu Ihrer Genesung aktiv bei. Übernehmen Sie Mitverantwortung für den Heilungsprozess.

Gesünder denken

Manche Therapeuten gehen davon aus, dass Depressionen in besonderem Maß eine Erkrankung des „Denkens“ sind. Denn depressive Menschen neigen dazu, alles schwarz zu sehen (besonders sich selbst, die Zukunft, die Umwelt und die bisherigen eigenen Erfahrungen). Sie verallgemeinern im Übermaß („Keiner liebt mich“, „Nichts kann ich mehr“ „Alles war umsonst“). Nach dem „Alles-oder-nichts-Prinzip“ erwarten sie oft, wieder „ganz zu gesunden“. Zugleich übersehen die Betroffenen, dass sie durchaus einiges schaffen, etwa sich anzuziehen, ein Frühstück zuzubereiten und die Wohnung abzuschließen. Aber all dies gilt nichts oder wird ausgeblendet. Depressive Menschen denken sehr schematisch, haben aufdringliche „automatische Gedanken“, an denen sie grüblerisch haften. Sie leiden unter der Vorstellung, Ereignisse und Situationen durch eigenes Verhalten nicht beeinflussen zu können. Missfolge werden der eigenen Person, Erfolge dem Zufall („Alles nur Glück“) oder anderen äußerlichen Faktoren zugeordnet. Vor allem für depressive Menschen hat es sich deshalb bewährt, konsequent zu üben, wie man Sachverhalte präzise beschreibt, sinnvoll nach Ursachen forscht, Zusammenhänge herstellt und damit wirklichkeitsnah denkt. Ein entsprechendes Training bietet die kognitive Verhaltenstherapie.

Selbstwertprobleme (an-)erkennen

Depressive fühlen sich häufig als im Leben „zu-kurz-Gekommene“. Sie halten dieses Gefühl des „zu wenig“ auf unterschiedliche Weise am Leben (z. B. in Form des „Nichts-wert-Seins“, „Niemand-Seins“, „Nichts-könnens“). Sie erleben sich als Menschen, die dauernd um etwas kämpfen müssen, die nie etwas ohne Probleme oder gar im Überfluss besitzen, die sich nichts nehmen dürfen und denen auch nichts gegeben wird. Deshalb leiden depressive Menschen meist auch unter einem schwachen Selbstwertgefühl, das besonders auf die mit der eigenen Leistungsfähigkeit verbundene Anerkennung angewiesen ist („Ich bin, was ich leiste“). Jede Gefährdung der Leistungsfähigkeit bedroht ihr Selbstwertgefühl. Zusätzlich neigen sie dazu, sich und ihre Leistungen ständig abzuwerten. Hungrig warten sie auf Bestätigung durch andere, von deren Meinung sie sich abhängig machen. Gleichzeitig weisen sie aber die (von ihnen selbst eingeforderte) Bestätigung der Umwelt wieder misstrauisch zurück, weil sie unbewusst den Teufelskreis durchschauen.

Selbstbild verbessern

Lösen Sie das beschriebene Dilemma, indem Sie gezielt andere Menschen, um positive Rückmeldungen (Beobachtungen) zu Ihrer Person bitten. Bedanken Sie sich freundlich für Komplimente und verkneifen Sie sich weitere Kommentare. Befreien Sie sich von dem auf Scham beruhenden Denkautomatismus „Was werden die anderen wohl denken bzw. von mir erwarten?“ Kümmern Sie sich weniger um die anderen und mehr um sich selbst. Unterscheiden Sie zwischen Ihrem Wert als Mensch und dem Wert Ihrer Leistungen.

Gesund aggressiv sein

Oft sind depressiv erkrankte Menschen gegen sich selbst aggressiv, was sich zum Beispiel in Form von Kopf-, Magen-, Muskel- oder Gelenkschmerzen und im Extremfall sogar in einem Suizid ausdrücken kann. Verschließen Sie Ihre Augen nicht vor aggressiven Gedanken („Am liebsten würde ich ihn umbringen“). Gedanken und Phantasien sind harmlos und natürlich. Sie sind weder verwerflich noch machen sie den Betreffenden zum Schuldigen. Akzeptieren Sie auch Zorn und Ärger als Gefühle, die jeder Mensch haben darf. Problematisch werden solche Emotionen allenfalls, wenn sie zu unbedachten Taten führen. Allein durch aggressive Gedanken werden Sie jedenfalls noch nicht zu einem „aggressiven Menschen“. Versuchen Sie, Ihren Ärger auszudrücken, auch wenn es Ihnen schwer fällt. Ihre Umwelt wird umso bereitwilliger auf Ihre Vorstellungen eingehen, je weniger vorwurfsvoll Sie diese formulieren. Beschreiben Sie, wie es Ihnen mit bestimmten Erfahrungen geht, und verzichten Sie darauf, andere anzuklagen. Wer angeklagt ist, muss sich nämlich vorrangig um die eigene Verteidigung kümmern und wird dadurch nicht mehr auf die Idee kommen, Ihnen zu helfen.

Sich trennen lernen

Depressive Menschen klammern sich oft an andere. Sie haben nicht gelernt, sich zu trennen, ohne in Unsicherheit, Angst und Verzweiflung zu stürzen. In ihrem Lebenslauf fällt oft auf, wie selten sie über längere Zeit alleine gelebt haben. In Gesprächen und Begegnungen können sie mitunter nur schwer einen Schlussstrich ziehen (ihnen fällt immer noch etwas Mitteilenswertes ein). Auch von Sachen können sich viele Depressive nur schwer trennen. Es ist, als müssten sie sich an etwas klammern. Verallgemeinernd könnte man die Depression auch zu den „Abhängigkeitskrankheiten“ rechnen. Sollten Sie sich in dieser Beschreibung wiedererkennen, wird auch Ihre Heilung rascher voranschreiten, wenn Sie es schaffen, sich vermehrt auf die eigenen Beine zu stellen.

Lebensentscheidungen „mit freiem Kopf“ treffen

Hüten Sie sich davor, grundlegende Entscheidungen (Heirat, Umzug, Scheidung, Kinderkriegen, Kündigung, Berufswechsel) in einem Zustand schwerer Depression zu treffen oder durch andere treffen zu lassen. Wenn Sie solche Entscheidungen später bereuen, kann es sein, dass Sie noch depressiver werden. Auch für die Beteiligten ist es meist unerfreulich, wenn Sie erfahren, dass Ihre Entscheidung (Heirat, Kinderkriegen) vor allem der Selbstheilung dient.

Sich Psychotherapie gönnen

Eine Kombination aus medikamentöser und psychotherapeutischer Behandlung wirkt am besten gegen Depressionen. Gönnen Sie sich deshalb eine Psychotherapie, sofern Sie unter Ihrer Depression sehr leiden und deren Ende nicht abzusehen ist. Fragen Sie den Psychotherapeuten vorab, welche Erfahrungen er mit Depressionsbehandlungen hat und ob ihm diese liegen. Es ist nämlich keineswegs einfach, depressive Menschen zu behandeln, da diese viel klagen, sich und auch andere übermäßig abwerten und bevorzugt Misserfolge in den Vordergrund rücken. Auch muss ein Therapeut konstruktiv mit der Wut depressiver Patienten umgehen können, die diese mitunter auf den Therapeuten richten, obwohl sie eigentlich anderen wichtigen Bezugspersonen gilt. Gruppentherapien haben den Vorteil, dass sie Ihnen mehr als nur eine Bezugsperson (den Therapeuten) bieten. Das ist besonders wichtig, wenn Sie sehr vereinsamt sein sollten.

Antidepressiva vertrauen

Antidepressiv wirkende Medikamente normalisieren einen gestörten Stoffwechsel im Gehirn, indem sie so genannte Botenstoffe beeinflussen (insbesondere Noradrenalin und Serotonin). Sie machen nicht abhängig und sind bei gesunden Menschen wirkungslos. Ihr Effekt tritt üblicherweise verzögert ein (spätestens nach zwei bis drei Wochen). Deswegen darf man ihre Einnahme nicht zu früh beenden.

Antidepressiva richtig einnehmen

Antidepressiva brauchen einige Tage, um ihre Wirkung spürbar zu entfalten. Die heute verfügbaren Antidepressiva wirken nicht bei allen Kranken gleich. Deshalb kann es bei unzureichendem Effekt sinnvoll sein, ein Antidepressivum durch ein anderes zu ersetzen. Ähnliches gilt für den Fall, dass ein an sich wirksames Antidepressivum unangenehme Nebenwirkungen entfaltet. Erst wenn nach drei bis vier Wochen noch immer keine deutliche Besserung eingetreten ist, empfiehlt es sich, dass Sie mit Ihrem Arzt über den Wechsel des Medikaments sprechen. Sehen Sie einem solchen Schritt vertrauens- und hoffnungsvoll entgegen. Leider gibt es noch keine Tests, mit deren Hilfe man vorhersagen kann, auf welches Antidepressivum ein bestimmter Patient am besten ansprechen wird. Verändern Sie auf keinen Fall eigenhändig die Dosierung, vor allem dann nicht, wenn Ihr Befinden schwankt. Der Satz „Viel hilft viel“ gilt nicht für Medikamente. Zu viel ist hier durchweg gefährlich. Behalten Sie die Dosierung besonders dann bei, wenn Ihnen das Antidepressivum sehr gut hilft. Dies ist ein überzeugender Grund, die Behandlung fortzuführen, und keinesfalls ein Grund, sie zu beenden. Bei wiederkehrenden Depressionen kann sogar eine Dauertherapie angebracht sein. Wenn keine Nebenwirkungen zu beobachten sind, können Sie dies als Ausdruck einer erfreulich guten Arzneimittel-Verträglichkeit werten und nicht etwa als Hinweis auf mangelnde Wirksamkeit.