Mein Frauchen und mit ihr andere Menschen sind nicht immer glücklich. Und
weil ich so glücklich bin, will ich gerne beschreiben warum.
Meine Vorgeschichte: Ich wurde als Rassehund mit tollem Namen geboren.
Eine Frau nahm mich als Hundebaby bei sich auf, aber nicht lange, denn ich
wurde größer und sie hatte sich das Leben mit mir anders vorgestellt. So
kam es, dass ich bei einem jungen Mann unterkam; auch dort konnte ich
nicht bleiben. Mein neues Zuhause war das Tierheim. Viele Spielkameraden,
nette Leute, aber nicht alles war schön. Ich hatte keinen Hunger mehr und
magerte ab. Immer wieder kamen Menschen und nahmen Kollegen mit. Mich nahm
niemand mit. Ich bin kein Modehund und meine Rasse genießt einen
schlechten Ruf. So etwas nennt man Diskriminierung, oder?
Eine
nahm mich schließlich doch mit. Seitdem habe ich keine Probleme mehr mit
dem Essen, nur mit dem Aufhören.
Jetzt zum Eigentlichen, den Ursachen meines Glücks. Um es auf den Punkt zu
bringen: Ich lebe artgerecht. Nun kann ich nicht behaupten zu wissen, was
artgerecht für Menschen ist, mein ideales Hundsein beschreibe ich gerne.
Sehen Sie, was Sie davon gebrauchen können.
Es
gibt mehrere Komponenten, eine der wichtigsten ist fressen, fressen,
fressen. Gut, dass es dosiert wird, ansonsten könnte ich mich nicht mehr
so gut bewegen, und so kommen wir zu einem weiteren Quell des Glücks:
Laufen. Ich laufe leidenschaftlich gerne durch die Gegend und lese
Zeitung. Damit will ich andeuten, dass ich durch meine Nase wunderbare
Geruchswelten erlebe. Dies kann ich Ihnen beim besten Willen nicht mit
Worten vermitteln, für so etwas muss man Hund sein. Grenzüberschreitungen
kenne ich nicht. Ich laufe so lange ich kann, und wenn es mir zu heiß ist
oder ich zu müde bin, dann bleibe ich stehen. Dies kommt sehr selten vor,
meistens macht Frauchen vorher schlapp. Was gehört sonst noch zu meinem
Glück? Auf jeden Fall die Zuwendung. Da kann ich mich absolut nicht
beklagen. Jedes Familienmitglied lässt sich durch meinen Hundeblick
erweichen und streichelt mich ausgiebig. Und dann ist da noch meine
Aufgabe. Jahrhunderte lang wurde meine Rasse zum Aufpassen gezüchtet,
deshalb ist es wichtig, dass ich nicht als Schoßhund gehalten werde. Ich
beschütze Haus, Hof und Familie. Auch hier kenne ich meine Grenzen ganz
genau: Der Gartenzaun und keinen Schritt weiter. Gut, ich gebe zu, ich bin
voreingenommen und bilde mir schnell ein Urteil. Jeder Eindringling wird
bis auf Widerruf nicht vorgelassen. Sobald mir Frauchen grünes Licht gibt,
kann ich von bitterböse auf streichellieb umschalten. Na, können Sie auch
so viel Flexibilität aufbringen?
Wichtig ist für mich ist auch, dass ich weiß, wo ich hingehöre. Für mich
ist das meine Familie mit dem Alphatier Frauchen. Unter Hunden bin ich die
Chefin, denn ich bin stark und mutig, aber gerecht. Es ist wichtig, dass
ich Kumpels treffe. Neurotische Kläffer kann ich nicht ausstehen und kann
mich bei deren Anblick aufregen, aber mit starken, lebendigen Kumpels
raufe ich für mein Leben gern.
So
kommen wir zu weiteren Spaßerlebnissen in meinem Leben. Sie können sich
nicht vorstellen warum, aber ich renne furchtbar gerne hinter Stöcken,
Bällen und Sonstigem her. Es ist einfach toll, und Sie müssen das nicht
verstehen, denn Sie sind kein Hund und ich bin kein Mensch. Dies ist auch
der Grund, warum ich das Streben von Euch Menschen nach Sicherheit nicht
verstehen kann. Mir ist die Sicherheit der Zukunft nicht wichtig. Für mich
zählt nur der Augenblick, und der gilt gelebt zu werden. Vielleicht ist
Angst der Grund, warum Ihr Menschen Entspannungsübungen braucht. Es fällt
mir schwer vorzustellen, was das überhaupt ist. Wenn ich mich hinlege,
dann bin ich eben entspannt. Ich sage mir nicht, die Pfoten und der Kopf
werden schwer. Wenn ich ruhe, dann ruhe ich 100%. Und wenn mein
Widersacher Bobby aus der Nachbarschaft vorbeikommt, dann springe ich auf
und belle. Oje, Ihr Menschen würdet bei so einem Anfall wahrscheinlich in
die Zwangsjacke gesteckt werden. Gut, dass ich ein Hund bin. Einen Moment
später lege ich mich wieder hin und penne. Versucht das mal nachzumachen:
Von 100 auf 0 – umgekehrt kenne ich das von Euch.
Bei
Euch Menschen gibt es etwas, was artgerecht lebende Hunde nicht kennen:
Die Depression. Kumpels, die eher menschlich gehalten werden, sind
manchmal davon betroffen. Warum das so ist, kann ich nur vermuten. Ich
lebe 100% jetzt, und die Zukunft interessiert mich erst dann, wenn es sie
im Augenblick zu leben gilt.
Menschen suchen gerne nach den Ursachen des Unglücks. Ich hätte da auch
einiges zu bieten: Früh von der Mutter getrennt, meinen Vater kenne ich
nicht, mehrfach abgelehnt, abgeschoben und diskriminiert, fehlende
Bezugsperson, keine Sicherheit, Bildung von Urvertrauen eigentlich
unmöglich, ungewollte Penetration von triebigen Rüden, Stress pur aus
verschiedenen Gründen, …………. Trotzdem bin ich glücklich!
Vielleicht liegt mein Glück auch daran, dass ich völlig frei von Scham
bin. Mir ist es total egal, was andere von mir denken. Meine Notdurft
erledige ich ausschließlich in aller Öffentlichkeit, jeder kann zusehen.
Es bereitet mir keine Probleme, überall zu bellen. Egal ob in der
Straßenbahn, auf dem Flugplatz, im Auto. Ich würde gerne noch mehr bellen,
aber Frauchen will das nicht. Hemmungen, Fremde um Leckerchen anzubetteln
kenne ich nicht. Sobald ich etwas wittere, stehe ich brav an der
Hosentasche und schaue lieb. Ich kann das gut, Sie auch? Ungekämmt aus dem
Haus? Klar doch und die Krönung ist wälzen in irgend etwas Besonderem.
Frauchen ist davon nicht begeistert, Menschennase eben. Jetzt meine
Spezialität der Schamlosigkeit: Pupsen. Wenn ich übertreibe, muss ich mich
aus dem Duftradius meiner Familie verziehen. Ich kann nicht anders, warum
sollte ich mich schämen? Das macht meine Familie für mich.
So
könnte ich noch vieles darlegen, aber ich ende jetzt und wünsche mir,
dass mein Frauchen und alle Menschen zu ihrem artgerechten Leben finden
und so glücklich sein dürfen wie ich.
Wuff,
Ihre Zara |