Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Unser "Selbst" ist kein "Ding"

 
Im Mittelpunkt des äußerst lesenswerten Buches „Das dialogische Selbst“ (von Frank M. Staemmler) steht die Annahme, dass unser sog. Selbst nichts einmalig Feststehendes ist. Vielmehr entsteht das „Selbst“ von Moment zu Moment aufgrund innerer und äußerer Dialoge neu. Oder wie der Autor schreibt: Das Selbst „entsteht in seiner jeweiligen Form erst durch die Kontakte, die es aktuell eingeht. Das Selbst manifestiert sich situativ, also während man handelt, spricht und sich ausdrückt.“ Diese situations- und auch körperbezogene dynamische Sichtweise bietet beeindruckende Verständnismöglichkeiten dafür, warum Menschen in bestimmter Weise denken und sich verhalten. Zugleich zeigt sie einleuchtende und optimistisch stimmende Wege auf, das „Selbst“ neu oder anders stattfinden zu lassen, etwa durch Verinnerlichung günstigerer Dialoge bzw. Interaktionen. Diese können dann künftig zu hilfreicheren „Selbstgesprächen“ führen. Welche Methoden sich dafür anbieten, zeigt der Autor im erwähnten Buch auf.

Staemmler vertritt eine „postmoderne“ Sichtweise, die skeptisch gegenüber der Vorstellung ist, dass die Natur der Dinge gegeben sei. Immer wieder warnt der Autor vor unserer (auch sprachlich geförderten) Neigung, alles Mögliche (insbesondere Abstraktes) zu „verdinglichen“ und den Phänomenen so eine nicht gegebene Dauerhaftigkeit und Unveränderbarkeit anzudichten. Der als Gestalttherapeut tätige Verfasser ermutigt dazu, den Menschen vor allem in seinen sozialen Bezügen zu sehen, die für Menschen allzu verlockende egozentrische Perspektive zu verlassen und das Selbst als einen ständigen Prozess zu betrachten, bei dem das Selbst gleichzeitig mit vielen anderen Phänomen in Kontakt stehen kann.

Das Buch enthält vor allem in seiner zweiten Hälfte viele praktische Hinweise, so etwa den Tipp, eine im inneren Dialog stenogrammähnlich verkürzte automatische Sprache („Abkürzung“) wieder erlebensmäßig zu entmischen, zu verlangsamen, zu entautomatisieren und schließlich in eine normale Dialogform zu bringen. Erst durch eine solche Transformation von (innerer) Abkürzungssprache in eine (äußerlich) verständliche Dialogsprache, werden Verantwortlichkeiten und wichtige Aspekte des Erlebens wieder bewusst und damit einer Bearbeitung und Selbstregulation zugänglich.

Für viele psychotherapeutisch tätige Menschen dürfte auch folgende Irritation nützlich sein: Mit ausführlicher Begründung stellt der Autor das „Konsistenzprinzip“ (Streben nach Widerspruchsfreiheit) in Frage, das von vielen Psychotherapeuten bis heute als „Grundbedürfnis“ eingestuft wird und daher therapeutisches Handeln leiten kann. Staemmler macht nun darauf aufmerksam, dass es hilfreich sein kann, Toleranz für Inkonsistenz zu entwickeln, da diese mit einer größeren Veränderungsbereitschaft einherzugehen scheint. Auf jeden Fall rät er dazu, keinen „Konsistenzdruck“ auszuüben.