Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Hirnmythologie


Hat der Mensch einen freien Willen oder hat er keinen? Die Diskussion darüber sowohl unter Wissenschaftlern, vor allem Hirnforschern und Philosophen, als auch in der Öffentlichkeit hat durch Ergebnisse der Neurophysiologie neue Nahrung erhalten. Ausgangspunkt waren Experimente des amerikanischen Physiologen Benjamin Libet, mit denen er das Verhältnis von Gehirn und Geist in neuem Licht erschienen ließ, indem er gezeigt hat, dass unbewusst bleibende Hirnprozesse objektiv, nämlich messbar in seinem Versuchsaufbau, bewussten Willensentscheidungen vorausgehen. Demnach sei das, was wir als Willensentscheidung subjektiv erleben, in Wahrheit nicht frei, sondern determiniert durch voraus laufende Hirnprozesse. Diese und weitere Ergebnisse wurden dahingehend interpretiert, dass die subjektiv empfundene Freiheit des Wünschens, Planens und Wollens sowie des aktuellen Willensaktes eine Illusion sei. Das Gefühl des freien Willensaktes entstehe, nachdem limbische Strukturen und Funktionen im Gehirn bereits bewertet und festgelegt haben, was zu tun ist.

Die Libetschen Konklusionen sind jedoch zu relativieren. Sie werden in der deutschsprachigen Neurobiologie als Faktum zitiert, wobei die im letzten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts ausgerufene "Dekade des Gehirns" offensichtlich ihre Wirkung getan und die Perspektive grundlegend verschoben hat. Ein Beitrag in der Zeitschrift "Fortschritte der Neurologie, Psychiatrie" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart) gewährt einen Einblick, wie Wissenschaft "gemacht" wird. 32 Teilnehmer der Tagung der Max-Planck-Gesellschaft im Jahre 1983, auf der Libet seine Thesen vortrug, haben Kommentare zu seinem Vortrag abgegeben, die im Anschluss an seine Publikation abgedruckt wurden. Ob es eine "Willensfreiheit" gibt, das heißt ob die Menschen sie als eine soziale Realität betrachten, ist nicht primär eine Frage naturwissenschaftlicher Erkenntnis über die Beziehung von Geist und Gehirn. Unbestreitbar würde der naturwissenschaftliche Nachweis, dass Willensfreiheit und die neurobiologische Erklärung der Hirnfunktionen inkompatibel seien, Konsequenzen für die soziale Konstruktion der Willensfreiheit nach sich ziehen.

Geist und Gehirn stellen unterschiedliche Kategorien dar. Dualismus und Physikalismus sind jedoch unter der Bedingung miteinander vereinbar, dass der Dualismus nicht gegen die beiden zentralen Prinzipien des Physikalismus verstößt: die kausale Geschlossenheit und die physische Determination. Ob Willensfreiheit mit Determinismus vereinbar ist, hängt erstens davon ab, wie Determinismus aufgefasst wird und zweitens vom Konzept der Willensfreiheit. Diese Spielräume nutzend lässt sich ein Begriff von personaler Freiheit entwickeln, der mit neurobiologischen Erkenntnissen vereinbar ist und dennoch Freiheit in einem zwar eingeschränkten, jedoch substanziellen Sinn zu denken erlaubt.

Zum Verhältnis von Willensfreiheit und Neurobiologie.
Fortschritte der Neurologie, Psychiatrie 2006; 74; Nr. 4; S. 194-202.

Dr. Klaus Brücher, Dr. U. Gonther, AMEOS Klinik Bremen. E-Mail: aerztl-dir.bremen@ameos.