Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Antisoziales Verhalten im Stirnhirn lokalisiert 


Wenn Menschen im mittleren bis höheren Lebensalter, die sich bisher nichts haben zuschulden kommen lassen, ohne Grund damit beginnen, kleinere Ladendiebstähle zu begehen oder anderweitiges antisoziales Verhalten zu zeigen, dann scheint eine Prüfung angebracht, ob möglicherweise eine beginnende Degeneration des Stirnhirns vorliegt. Da Verhaltensänderungen bei diesen Erkrankungen der klinischen Diagnose manchmal um Jahre vorausgehen, ist eine sorgfältige psychiatrische Abklärung erforderlich. Die Degeneration des Stirnhirns (Frontallappens) stellt nach der Alzheimer-Krankheit die häufigste Ursache für degenerative Demenzen dar. Durch einen im Frontallappen beginnenden Untergang von Nervenzellen kommt es in erster Linie zu einer Veränderung von Persönlichkeit und Verhalten. Ein Aufsatz in der Zeitschrift "Fortschritte der Neurologie, Psychiatrie" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart) analysiert die Häufigkeit des Auftretens von Delikten bei Patienten mit diesem Demenz-Typ und vergleicht diese mit Alzheimer-Patienten. Für ein entsprechendes Interview wurden 40 Angehörige von Patienten mit Stirnhirn-Demenz (frontotemporaler Demenz) sowie 33 Angehörige von Patienten mit Alzheimer-Erkrankung gewonnen.

Es zeigte sich, dass etwa die Hälfte der Patienten mit Stirnhirn-Demenz Delikte begangen haben, dagegen nur ein Patient aus der Alzheimer-Gruppe. In den meisten Fällen hatten die Patienten regelmäßig, das heißt mehrmals monatlich bis wöchentlich, Gegenstände geringen Wertes gestohlen. Auch körperliche Angriffe kamen vor. Meist ist das Unrechtsbewusstsein durch die Erkrankung verloren gegangen. Gerade das delinquente Verhalten bringt die Angehörigen häufig in peinliche Situationen, die umso schlimmer sind, weil die Patienten aufgrund ihrer relativ unbeeinträchtigten sprachlichen Kompetenz für den Laien nicht als offensichtlich krank erkennbar sind. Sehr belastend ist es für die nächsten Angehörigen, mit zu verfolgen, wie ein stets anständiger Mensch durch dissoziales Verhalten auffällt, gleichzeitig aber keinerlei klärendes Gespräch möglich ist. Daher ist für die Angehörigen die exakte Diagnose außerordentlich wichtig und wirkt entlastend. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie haben auch forensische Implikationen. Möglicherweise kann die Forschung mit Patienten, die an einer degenerativen Hirnerkrankung leiden, weitere Aufschlüsse über die Funktionsweise des Gehirns liefern. Wo liegen Ethik und Moral verwurzelt? Gibt es anatomische Strukturen, welche die individuelle Normenkontrolle repräsentieren?

Frontotemporale Demenz und delinquentes Verhalten.
Fortschritte der Neurolologie, Psychiatrie 2006; 74; Nr. 4; S. 203-210.

Dr. Janine Diehl, Klinikum der Technische Universität München. E-Mail: janine.diehl@lrz.tum.de


Kommentar Dr. Mück: Weniger das antisoziale Verhalten als vielmehr die Möglichkeit, solches Verhalten zu hemmen, scheinen im Stirnhirn lokalisiert zu sein. Nur so wird verständlich, warum Abbauerscheinungen am Stirnhirn mit vermehrtem antisozialen Verhalten einhergehen.