ADHS
(Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung):
Kleine Zappelphilippe profitieren von kombinierter Therapie
DGKJP: 80 Prozent der Kinder mit ADHS kann geholfen
werden
Das so genannte Zappelphilipp-Syndrom gehört zu den
häufigsten Störungen im Kindes- und Jugendalter. Doch ADHS ist keine
„Mode-Diagnose“, wie die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und
Jugendpsychiatrie (DGKJP) betont. Denn meist liegt bei den jungen
Patienten eine komplexe Problematik vor. Helfen können die Experten der
DGKJP heute fast allen: Bei 80 Prozent gelingt eine Linderung der
Symptome.
Den Ärzten steht ein ganzes Bündel an Maßnahmen zur Verfügung, mit denen
die belastenden Situationen in Elternhaus, Kindergarten oder Schule
entspannt werden können. Bei vier von fünf Kindern mit
Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) lassen sich mit so
genannten multimodalen Behandlungsansätzen Symptome wie Unruhe oder
Konzentrationsschwäche günstig beeinflussen. „Bei etwa 60 Prozent der
Patienten können die Beschwerden jetzt sogar weitgehend beseitigt
werden“, erklärt Prof. Manfred Döpfner (DGKJP) aus Köln.
Voraussetzung hierfür ist eine kombinierte Therapie, die das soziale und
schulische Umfeld einbezieht. Dazu gehört die umfassende Aufklärung der
Familie. Prof. Döpfner: „Wenn die Eltern verstehen, warum ihr Kind sich
so verhält, und auch das Kind begreift, weshalb es im Unterricht nicht
still sitzen kann, ist schon viel gewonnen.“ In Schulungen, Beratungen
und Trainingsgruppen, in denen Alltagssituationen durchgespielt werden,
erfahren Eltern, warum die „Gardinenpredigt“ ihren Sprössling wenig
beeindruckt, kurze und klare Anweisungen dagegen sehr wirksam sein
können.
Auch Lehrer nehmen eine wichtige Rolle ein. Statt zu schimpfen („Wenn du
nicht still bist, fliegst du raus“), können sie mit dem Störenfried
spezielle Fingerzeige oder Schlüsselwörter verabreden. Überspannt das
Kind im Unterricht den Bogen, hilft oft das vereinbarte Zeichen, um es
wieder auf den Boden zu holen.
Die jungen Patienten profitieren laut DGKJP von einer Kombination aus
Verhaltenstherapie und medikamentöser Behandlung zur Regulierung der
Impulsivität und Verbesserung von Konzentration und Aufmerksamkeit. Die
Nebenwirkungen sind meist gering, dennoch sollten Medikamente schweren
Fällen vorbehalten bleiben. Ergänzend können die Kinder an sozialem
Kompetenztraining, Psychomotorik, Ergo- und Psychotherapie teilnehmen.
Trotz aller Fortschritte - ADHS ist nicht heilbar. Prof. Döpfner: „Zwar
bessern sich motorische Unruhe und andere Probleme oft in der Jugend.
Aber 30 bis 50 Prozent der Patienten nehmen Impulsivität und
Konzentrationsschwäche mit ins Erwachsenenalter.“
Die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS)
ADHS wurde vor über 150 Jahren von dem Frankfurter Kinderarzt Heinrich
Hoffmann erstmals beschrieben und in der Geschichte vom Zappelphilipp
eindrucksvoll illustriert. Die DGKJP schätzt, dass jedes zehnte Kind in
Deutschland auffällige Symptome aufweist und jedes zwanzigste
therapiebedürftig ist. Prof. Manfred Döpfner: „In jeder Schulklasse gibt
es ein bis zwei Kinder mit ADHS.“
Das Krankheitsbild - oft auch als Hyperkinetisches Syndrom (HKS)
tituliert - tritt bereits vor dem sechsten Lebensjahr auf und ist durch
wesentliche Merkmale gekennzeichnet: Die Kinder sind wenig aufmerksam,
leicht abzulenken, extrem unruhig und ständig in Bewegung. Außerdem
fehlt ihnen die Impulskontrolle; sie können ihr Verhalten nicht steuern.
Erschwerend kommt hinzu, dass über 80 Prozent der jungen ADHS-Patienten
weitere Beeinträchtigungen wie Aggressivität, schulische
Leistungsprobleme, depressive Verstimmungen oder Angststörungen haben.
Die Ursachen von ADHS sind erst teilweise bekannt. Als gesichert gilt,
dass neurobiologische Abläufe im Gehirn gestört sind. Auch die Gene
spielen eine Rolle, wie die DGKJP betont: Sind Vater oder Mutter
hyperaktiv, ist oft auch das Kind entsprechend veranlagt. Die Erziehung
dieser Kinder stellt hohe Anforderungen an die Eltern. Erziehungsfehler,
die häufiger auftreten, können zur Verschlimmerung der Problematik
beitragen.
Quelle:
DKJP |