Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Die Macht der Gefühle: Wie negative Emotionen zu Übergewicht führen können

 
fzm - Die Ernährungstherapie ist bei der Behandlung von Übergewicht an ihre Grenzen gestoßen. Neue therapeutische Zugänge sollen künftig der Adipositas zu Leibe rücken. Im Mittelpunkt der neuen Behandlungsstrategien steht das Wissen um "die Wechselwirkung zwischen Adipositas und emotionalem Zustand", betont Erich Roth in der Fachzeitschrift "Aktuellen Ernährungsmedizin" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2006).

Dass psychosoziale Faktoren wesentlich zur Gewichtszunahme beitragen, zeigen die Ergebnisse einer Untersuchung an schwer adipösen Personen, die sich für einen gewichtsreduzierenden chirurgischen Eingriff entschieden haben. "69 Prozent dieser Patienten berichten über Misshandlungen in ihrer Kindheit, wobei sich 46 Prozent emotional, 29 Prozent physisch und 32 Prozent sexuell misshandelt fühlten", so der Professor für Chirurgie. Die belastenden Erfahrungen in der Kindheit führten zu einer drastischen Zunahme des Gewichts im Erwachsenenalter. Ein verringertes Selbstwertgefühl, Angstzustände bis hin zu Depressionen waren als Folge der Fettleibigkeit zu beobachten. Weitere Studien bestätigten den Zusammenhang zwischen Adipositas und Depression, die drei bis vier Mal häufiger bei Übergewichtigen auftrete als bei Normalgewichtigen, so Roth.

Vor diesem Hintergrund sieht der Autor zwei Erfolg versprechende Ansätze bei der Behandlung von Übergewicht. Der erste Therapieansatz müsse eine "sorgfältige psychologische Betreuung und eine Behandlung der Depression" vorsehen. Vor allem die "Psychologie der positiven Gefühle" böte hier neue Behandlungswege. "Der Aspekt der positiven Psychologie erscheint vor allem deswegen so interessant, als die WHO bereits heute in der Altersgruppe von 15 bis 44 Jahren die Depression als die zweithäufigste Krankheit bezeichnet", erläutert Roth.

Um das Niveau der positiven Emotionen zu heben, müssten die Patienten die Erlebnisse in ihrer Vergangenheit bewältigen, indem sie zum Beispiel gute Dinge hervorhöben, negative wiederum abschwächten. Für die Gegenwart sollten die Betroffenen lernen, zwischen "hedonistischem Genuss" und "erfüllendem Lebensinhalt" zu unterscheiden, denn letzterer sei eine wichtige Voraussetzung für eine lang andauernde Glücksempfindung.

Den zweiten Behandlungsansatz sieht Roth in der Bewegungstherapie. Sport zu treiben wird häufig als "unumgänglich für erfolgreiches Abnehmen" propagiert. "Möglicherweise ist für diesen positiven Effekt aber nicht der durch die Bewegung bedingte höhere Kalorienverbrauch, sondern eine Erhöhung des Wohlbefindens verantwortlich", so der Autor. Ein regelmäßiges Trainingsprogramm hebe außerdem das Selbstvertrauen von Übergewichtigen, da sie immer wieder ihre "Inaktivität" durchbrächen und dadurch ihre "Spannkraft" anhöben. "Untersuchungen bei Jugendlichen haben ergeben, dass jene, die eine hohe Spannkraft haben, auch glücklicher sind", fasst Roth zusammen.

Erich Roth:
Wechselwirkung zwischen Adipositas und dem emotionalen Zustand
Aktuelle Ernährungsmedizin 2006; 31 (4): S. 183-188