Immer wieder werde ich nach meinem Grundkonzept gefragt. Hierzu
folgendes: Selbstverständlich orientiere ich mich an den offiziell
vorgegebenen Therapieverfahren (Verhaltenstherapie,
tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie) und strebe ich die von den
Patienten und ihren Kostenträgern angestrebte Verringerung von Leiden an.
Außerdem verstehe ich mich als „Trainer“ oder „Coach“, der
seine Patienten dabei unterstützt, die von ihnen definierten Ziele zu
erreichen.
„Bewältigungskompetenzen“
statt "Beschneidungen“)
Um
am Ende der Behandlung ein befriedigendes Ergebnis zu erreichen, lasse ich
mich möglichst nicht auf
Zielvereinbarungen ein, bei denen
„Leidensbekämpfung“ IM VORDERGRUND steht. Da Leiden immer wieder in neuen
Varianten auftritt, es als Dauerphänomen also nicht aus der Welt zu schaffen
ist, bewerbe ich lieber das Ziel „Mit Leiden hilfreich umgehen können“.
Interessanterweise nimmt bei dieser Strategie Leiden (generell!) ebenfalls ab,
oft sehr viel schneller und anhaltender als bei einer Strategie, die gezielt
ein ausgewähltes Leiden „bekämpft“.
Meinen Patienten versuche ich das darin verborgene Erfolgsprinzip
manchmal durch folgende Erfahrung zu vermitteln: Mit Pfeil und Bogen lasse ich
sie auf eine Zielscheibe schießen, wobei ich vor jedem Schuss das Ziel
auswechsele. Wenn Sie dann vielleicht 2 von 10 Zielen getroffen haben, frage
ich sie, ob sie mit dem Ergebnis zufrieden sind. Die Antwort lautet oft
„nein“. Ich zeige dann Verwunderung und entgegne, dass die Betreffenden
offenbar gar nicht gemerkt haben, dass sie dem möglicherweise wertvollsten
Ziel durchaus näher gekommen sind, ohne es allerdings zu bemerken: Die
Betreffenden haben nämlich durch das zehnmalige Schießen bereits ihre „Zielerreichungsfähigkeiten“
trainiert und vermutlich auch (zumindest etwas) verbessert. Hierzu frage ich
dann ausdrücklich nach: „Was ist denn langfristig hilfreicher: fünf Mal im
Leben ein Einzelziel getroffen zu haben oder auf Dauer ein guter Schütze zu
werden (der ja dann lebenslang relativ leicht unterschiedliche Ziele trifft)?
Dies entspricht dem fernöstlichen Motto „Der Weg ist das Ziel“.
Kompetenzentfaltung als
Basisprinzip
Daher biete ich als
Basisprinzip einer Zusammenarbeit an, wesentliche Grundfertigkeiten zu
entwickeln bzw. zu stärken, die den Umgang mit Schwierigkeiten jeglicher
(!) Art und damit selbstverständlich auch von psychischen Erkrankungen
erleichtern. Ich beschreibe dies gerne als „Bereicherungsstrategie“
(„Nach jeder Sitzung verlassen Sie den Raum reicher, als Sie ihn betreten
haben“), andere sprechen von „Empowerment“. Das von mir bevorzugte
Vorgehen unterscheidet sich deutlich von der „Beschneidungsstrategie“
(„Nach jeder Sitzung sind Sie wieder etwas los und damit allerdings auch
ärmer“). Bei psychischen Symptomen (die meistens stören und daher „beseitigt“
werden sollen) ist es zudem oft so, dass diese Symptome in der Vergangenheit
häufig einen Nutzen hatten (damals eine „Fähigkeit“ waren), während sie
momentan mehr stören als helfen. Wenn man diese Symptome jetzt komplett
entfernen würde, nähme man sich dauerhaft die Chance, diese zu einem späteren
Zeitpunkt, wo sie vielleicht noch einmal Sinn machen könnten, erneut zu
nutzen. Auf den Punkt gebracht: Die Verhaltensmöglichkeiten eines
Menschen zu erweitern und mit der dadurch entstehenden Vielfalt
sinnvoll umgehen zu können, ist vermutlich für dessen Überleben in der Welt
hilfreicher als ein reines „Beschneiden“, das letztendlich nur noch ein
einziges „Werkzeug“ übrig lässt. Schon der bekannte Psychotherapeut Paul
Watzlawick stellte fest: „Wer nur einen Hammer hat, tendiert dazu, jedes
Problem wie einen Nagel zu behandeln.“
Ähnlich wie viele andere Psychotherapeuten betrachte ich es deshalb als (meist
unausgesprochenen) Kernauftrag bzw. als mein therapeutisches Angebot
„die Vielfalt der Möglichkeiten meiner Patienten im Denken, Fühlen und
Verhalten zu erweitern“. Damit sind sie dann nicht nur optimaler dafür
gerüstet, ihr derzeitiges Hauptproblem zu lösen, gleichzeitig sind sie
dauerhaft besser in der Lage, mit der unberechenbaren Vielfalt möglicher
Lebensbelastungen zurechtzukommen.
Als kostenlose Zugabe der Therapie biete ich also auch (langfristig wirkende!)
Prävention und Gesundheitsförderung an. Deren Prinzipien werden
beispielhaft bei der Lösung des offiziellen „Hauptproblems“ eingeübt und
erprobt. Das dadurch oft zu erreichende Ergebnis beschreibe ich gerne mit dem
von mir geprägten Begriff der „Globalfitness“ (= Fähigkeit in einer
globalisierten Welt körperlich, geistig, seelisch und sozial zurecht zu
kommen). Die für Globalfitness erforderlichen Kompetenzen müssen nicht
erst „vermittelt“ werden. vielmehr gehe ich davon aus, dass diese bei allen
Menschen weitgehend als Anlagen vorhanden sind und nur noch ihrer
Entfaltung harren. Das dafür erforderliche Milieu (die Wachstums- und
Entwicklungsbedingungen) anzubieten, betrachte ich als meine Hauptaufgabe.
Therapie bietet somit die Chance (nach www.zist.de), die eigenen
ursprünglichen Potenziale (oft erstmalig!) und deren bisherige „Deckelung“
durch Sozialisation bzw. Konditionierung wahrzunehmen, sich von Fixierungen
auf Erfahrungen der Vergangenheit zu lösen, die Fülle an Möglichkeiten in der
Gegenwart wahrzunehmen und zu verwirklichen, Lust auf eigenartiges Menschsein
zu entfalten und Motivation zum Üben zu finden.
Grundbedürfnissen zu ihrem
Recht
verhelfen
In
9 von 10 Fällen suchen mich Menschen auf, weil ihr Symptom bzw. das „störende“
Verhalten bislang die einzige „Krücke“ ist, um die Befriedigung wichtiger
Grundbedürfnisse zu gewährleisten.
So
kommt es zum Beispiel vor, dass jemand „Migräne-Anfälle“ pünktlich vor
Ereignissen „braucht“, zu denen er nicht gehen möchte. Er benötigt diese
„noch“, weil er sich aus Angst vor Ablehnung nicht traut, „Nein!“ zu sagen.
Auf die „Krücke“ Kopfschmerz kann er erst verzichten, wenn er gelernt hat,
seine Bedürfnisse auf direkterem Weg zu vertreten und zu erfüllen. Als
wichtige psychische Grundbedürfnisse betrachte ich in Anlehnung an Klaus Grawe
vor allem die Bedürfnisse nach Kontrolle („Selbstwirksamkeit“) und
Orientierung, nach Beziehung (Bindung), nach Selbstwerterhöhung und nach
Lusterzeugung (bzw. Unlustvermeidung). Die erwähnte Aktivierung der meist nur
schlummernden, Kompetenzen mit Hilfe einer Psychotherapie ermöglicht es in
aller Regel, nach einiger Zeit die „Krücke“ (= Symptom) in den Ruhestand zu
schicken.
Selbst- und Beziehungsregulation
als Schwerpunkte
Leider lassen sich nicht
alle (der in Familie, Kindergarten und Schule oft unzureichend geförderten)
wesentlichen Kompetenzen im Rahmen einer Therapie nachträglich
entwickeln. Dafür wäre ein „Coaching“ der angemessene Rahmen. Deshalb
konzentriere ich mich entsprechend meiner Aufgabe als ärztlicher
Psychotherapeut auf vier Ansatzpunkte, den vermutlich den verhältnismäßig
größten Einfluss auf unser psychisches Befinden eröffnen: Verbesserungen von
1.
der
Selbstregulation ( „Selbstmanagement“),
2.
der
Beziehungsregulation („Beziehungsmanagement“), wobei es bei 1) und 2)
sehr auf Wertschätzung ankommt,
3.
der
Toleranz von Mehrdeutigkeit bzw. Uneindeutigkeit (Zurechtkommen
mit
Unsicherheit),
4.
des
Erlebens von und des Umgangs mit Selbstwirksamkeit (sich als
selbstbestimmt zu erleben).
Ich wage zu behaupten, dass
sich allein unter diesen Gesichtspunkten ein Riesenanteil psychischer Leiden
(insbesondere von Angst- und Zwangsstörungen, Essstörungen, Depressionen,
Persönlichkeitsstörungen) deutlich verringern ließe. Im Rahmen der
Selbstregulation lege ich großen Wert darauf, unter dem Aspekt der
„Globalfitness“ auch den Körper durch Optimierung von
Bewegung,
Ernährung und
Entspannung in einen ausreichend gesunden („balancierten“)
Zustand zu versetzen. Denn bekanntlich wohnt nur in einem gesunden Körper auch
ein gesunder Geist.
Ich gehe davon aus, dass die beiden erwähnten
Kernkompetenzbereiche
(Selbst- und Beziehungsregulation, Mehrdeutigkeitstoleranz und Erfahrung von
Selbstwirksamkeit) letztlich nur interaktiv vermittelt werden können. Die
„therapeutische Beziehung“ bietet dafür ein wichtiges Lern- und
Übungsfeld. Im Sinne von Carl Rogers kann der Patient die therapeutische
Beziehung zu seiner eigenen Entwicklung nutzen und sie als Grundlage nehmen,
um eigene Wege zur Lösung seiner Probleme zu finden. Dabei gilt der Patient
als Experte für seine eigene Person. Lernen und Üben in der therapeutischen
Beziehung ist mitunter oft hilfreicher als das Lernen und Üben in den
„Außenbeziehungen“ eines Patienten, weil es im Hier und Jetzt von den
Beteiligten (Patient, Therapeut) gemeinsam und unmittelbar studiert und
experimentell verändert werden kann. An den Therapeuten stellt dies erhöhte
Anforderungen, da er sich dabei nicht als „Neutrum“ verhalten kann, sondern
sich gleichzeitig als „authentischer Mensch“ und professioneller
Psychotherapeut (Coach) einbringen und sich in der Begleitung des Patienten
durchweg auch selbst ändern (entfalten) muss. Er dient nicht nur als
„Katalysator“ für die Entwicklung des Patienten, er bietet sich diesem auch
als „Wirkstätte“ an, an deren Re-Aktionen der Patient seine eigene Wirksamkeit
erleben kann.
Als eine der vielleicht wichtigsten und von mir besonders beworbenen
Kompetenzen betrachte ich die
„Feedback-Kompetenz, also die Fähigkeit,
anderen angemessene Rückmeldungen („Antworten“) geben zu können (insbesondere
über deren „Wirksamkeit“) bzw. solche bei anderen einzuholen. So wird
letztlich auch
VerANTWORTung geübt. Aus diesem Grund
gebe ich jedem Patienten nach einer Sitzung auch ein
schriftliches „Feedback“
mit auf den Weg und bitte darum, mir nach 24 Stunden ebenfalls ein
Feedback zu
unserem Treffen zu geben.
Auf „BUKOA“ einlassen
In
dem Versuch, das skizzierte Konzept in einem Wort zusammen zu fassen, habe ich
den Begriff „BUKOA“ geprägt (abgeleitet von „Bedürfnis- Und-Kompetenz-Orientierte
Angebote“). Damit möchte ich verdeutlichen, dass sich alle
Therapieimpulse am Klienten orientieren, der einzig und allein über Auswahl
und Annahme der für ihn stimmigen Anregungen entscheidet. Wenn Sie sich von
diesem Konzept angesprochen fühlen, lade ich Sie ein, sich auf das Abenteuer
Ihrer „Potenzialentfaltung“ einzulassen.
Stand der Information: 2/2009 |