Heidelberg (pte/07.12.2005/13:57)
- Nach einer heute, Mittwoch, veröffentlichten Studie des Deutschen
Krebsforschungszentrums
http://www.dkfz.de wird die Gefahr durch Passivrauchen extrem
unterschätzt. Tabakrauch in Innenräumen sei keine Belästigung, sondern
eine Gesundheitsgefährdung mit Todesfolgen. Allein in Deutschland sterben
jährlich mehr als 3.300 Nichtrauchen an den Folgen des Passivrauchens,
rechnen die Experten vor. Als dringend notwendig erachten die Verfasser
der Studie Gesetze zum umfassenden Nichtraucherschutz in öffentlichen
Räumen zu erlassen, die auch für die Gastronomie gelten.
"Passivrauch enthält giftige Substanzen wie Blausäure, Ammoniak und
Kohlenmonoxid, aber auch eine Vielzahl krebserregender Stoffe wie
polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, N- Nitrosamine, aromatische
Amine, Benzol, Vinylchlorid, Arsen, Cadmium, Chrom und das radioaktive
Isotop Polonium 210", so die Studienleiterin Martina Pötschke-Langer im
pressetext-Interview. Das Bedrohliche sei, dass für die im Passivrauch
enthaltenen krebserregenden Substanzen keine Dosis-Schwellenwerte
festgestellt werden können, unterhalb derer keine Gesundheitsgefährdung zu
erwarten wäre. "Auch kleinste Belastungen können zur Entwicklung von
Tumoren beitragen", erklärte die Autorin.
Die Autoren sehen das Ausmaß der Tabakrauchbelastung als beträchtlich:
Allein in Deutschland werden über 170.000 Neugeborene jährlich bereits im
Mutterleib den Schadstoffen des Tabakrauches ausgesetzt. Geschätzte acht
Mio. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren leben in einem Haushalt mit
mindestens einem Raucher. Mehr als 35 Mio. Nichtraucher werden zu Hause,
am Arbeitsplatz oder in ihrer Freizeit mit den Schadstoffen des
Passivrauchs belastet. Allein am Arbeitsplatz sind noch immer etwa 8,5
Mio. Nichtraucher dem Zigarettendunst der rauchenden Kollegen ausgesetzt.
"Die Gesetzgeber müssen in die Pflicht genommen werden, um endlich
rauchfreie öffentliche Gebäude und gastronomische Betriebe zu schaffen",
so Pötschke-Langer. Untersuchungen hätten gezeigt, dass 80 Prozent der
Deutschen dies wünsche. Die Expertin nimmt an, dass die Zahlen in
Österreich ganz ähnlich sind.
Die Folgen des Passivrauchens reichen von akuter Reizung der Atemwege,
erhöhter Infektanfälligkeit, Kopfschmerzen und Schwindel bis hin zu
chronischen Krankheiten mit Todesfolge. Die Studien-Koautoren, die
Epidemiologen Ulrich Keil von der Universität Münster und Heiko Becher von
der Universität Heidelberg, errechneten erstmals die Opferzahlen unter den
Passivrauchern: Demnach sterben jährlich schätzungsweise 2.140
Nichtraucher an einer koronaren Herzkrankheit, 770 Nichtraucher an
Schlaganfall, 50 Nichtraucher an chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen
und 260 Nichtraucher an Lungenkrebs. Etwa 60 Säuglinge sterben jährlich
durch Passivrauch im Haushalt sowie durch vorgeburtliche
Schadstoffbelastungen, weil die Mutter während der Schwangerschaft
rauchte.
"An den Folgen des Passivrauchens versterben in Deutschland derzeit
jährlich vermutlich mehr als 3.300 Nichtraucher, das sind mehr Todesfälle
als gegenwärtig pro Jahr in Deutschland durch illegale Drogen, Asbest, BSE
und SARS zusammen", haben Keil und Becher errechnet. Zusätzlich ist das
Passivrauchen auch an der Entwicklung zahlreicher nicht tödlicher Fälle
von koronarer Herzkrankheit, Schlaganfall und chronisch- obstruktiven
Lungenerkrankungen mitverantwortlich.
Dass in Österreich und Deutschland die Situation mit dem Rauchverhalten so
sei, führt Langer-Pötschke auf den Lobbyismus der Tabakindustrie zurück.
"Die Tabakindustrie gibt jährlich 300 Mio. Euro für Marketing und
Sponsoring aus." Das soll auch die soziale Akzeptanz des Tabakkonsums
aufrecht erhalten, beklagt sich die Expertin, die sich eine größere
Sensibilisierung des Themas wünscht.
(Weitere Informationen über die Studie finden Sie unter:
http://www.tabakkontrolle.de ) (Ende)
Quelle: Pressetext Nachrichtenagentur GmbH |