fzm - Bis zu 85
Prozent aller entgifteten alkoholabhängigen Patienten werden rückfällig. Ein
Beitrag in der Fachzeitschrift "PPmP Psychotherapie, Psychosomatik,
Medizinische Psychologie" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2007) spricht von
einem selbst bei Laborratten vorhandenen "Suchtgedächtnis". Aber es gibt
sicherlich Patienten, die zumindest kurzfristig zur Schadensbegrenzung von
kontrolliertem Trinken profitieren können.
Neuerdings hat man in gewissen Hirnregionen von
Alkoholabhängigen Veränderungen gefunden. So berichtet ein Aufsatz in der
Zeitschrift "Fortschritte der Neurologie, Psychiatrie" (Georg Thieme Verlag,
Stuttgart. 2007) über einen Schwund des Stirnhirns (präfrontaler Kortex), das
für die verschiedensten intelligenten Leistungen des Menschen zuständig ist.
Normalerweise bildet sich dieser Hirnschwund im Laufe der Abstinenz innerhalb
von etwa zwei bis drei Monaten zurück. Das intakte Funktionieren dieser
Hirnregion stellt offenbar eine notwendige Bedingung für die Ausbildung einer
willentlichen Handlungskontrolle dar. Darüber hinaus wirkt Alkoholkonsum wie
die klassische Konditionierung, wobei ein alkohol-assoziierter Reiz
(beispielsweise der Geruch, das Gläserklingen, das Einsamkeitsgefühl vor dem
Fernseher) das Verlangen nach Alkoholkonsum auslöst. Tatsächlich zeigen
bildgebende Studien, dass Bilder und Gerüche alkoholischer Getränke zu einer
verstärkten Aktivierung von Regionen des Aufmerksamkeitssystems und anderen
Arealen führen. Das Ausmaß dieser Aktivierungen sagt voraus, ob ein Patient im
nachfolgenden Untersuchungszeitraum rückfällig werden wird. Für das
Rückfallgeschehen ist also gar nicht so sehr das bewusst erlebte Verlangen
ausschlaggebend, sondern eine automatisierte Handlungskette. Aktuelle
therapeutische Ansätze können diese Prozesse positiv beeinflussen.
M. Bottlender:
One drink, one drunk - Ist kontrolliertes Trinken möglich? PPmP
Psychotherapie, Psychosomatik, Medizinische
Psychologie 2007; 57 (1): S. 32-38
A. Heinz:
Sucht und Selbststeuerung? Neue Erkenntnisse zur Entstehung und Therapie der
Alkoholabhängigkeit
Fortschritte der Neurologie, Psychiatrie 2007; 75 (1): S. 1-4 |