Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Alkoholmissbrauch kostet
20 Milliarden Euro
 

 

Gesundheitliche Störungen durch missbräuchlichen Alkoholgenuss stellen ein wesentliches Problem unserer Gesellschaft dar. In Deutschland leiden etwa 1,6 Millionen Menschen unter Alkoholabhängigkeit (drei Prozent der erwachsenen Bevölkerung), weitere 2,7 Millionen betreiben schädlichen Alkoholgebrauch und fünf Millionen Menschen einen riskanten Alkoholkonsum. Die volkswirtschaftlichen Gesamtkosten durch alkoholbezogene Störungen beziffert ein Aufsatz in der Zeitschrift "Fortschritte der Neurologie, Psychiatrie" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart) auf jährlich etwa 20 Milliarden Euro. Im Rahmen eines Projektes des Suchtforschungsverbundes Baden-Württemberg wurde erstmalig die Versorgungssituation dieser Patienten im Bereich der Psychiater und Psychotherapeuten untersucht. Ziel ist die Entwicklung effektiver Strategien für das Qualitätsmanagement. Es ist bemerkenswert, dass ein großer Anteil der Alkohol-Patienten den Therapeuten ohne Überweisung zur Abklärung anderer Beschwerden, wie etwa Depressionen, Angst- oder Persönlichkeitsstörungen konsultierte. Dies legt die Vermutung nahe, dass diese Symptome einen subjektiv höheren Leidensdruck verursachen als die Alkoholproblematik selbst oder dass diese von Seiten der Patienten gar nicht wahrgenommen wird. Auch über die Hälfte der Hausärzte überwies die Patienten zur Abklärung anderer Erkrankungen und sah demnach deren Alkoholproblematik nicht.

Viele Hausärzte gaben an, dass eine beträchtliche Anzahl von Patienten die Diagnose "Alkohol" nicht akzeptieren wollte. Dies erschwert die Behandlung ebenso wie der Umstand, dass viele Patienten die Mitbehandlung durch einen Facharzt oder eine Suchtberatung verweigert haben. Daher sollte die Kooperation zwischen Hausärzten und Fachberatungsstellen intensiviert werden. Auf der Hausarztseite sind oft Wissensdefizite vorhanden, die ausgeräumt werden können. Beispielsweise könnte eine regelmäßige zweiwöchentliche Präsenz eines Suchtberaters in größeren Gemeinschaftspraxen auf einfache Weise Kontakt zwischen Klienten und Suchtberatungsstellen herstellen und zu einer optimalen Vernetzung der Versorgungsangebote führen. In Suchtberatungsstellen werden nicht nur insgesamt zu wenig Betroffene erreicht, auch sprechen die Hilfsangebote in zu geringem Maße Personen im Frühstadium vor Entwicklung einer Abhängigkeit an. Suchtberatungsstellen sollten also mehr Aufgaben im Bereich primärer Suchtprävention übernehmen, beispielsweise in Form von niederschwelligen Angeboten oder auch in Schulen und Betrieben.

Diagnostik und Behandlung alkoholbezogener Störungen – Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage in psychiatrischen und psychotherapeutischen Praxen. Diagnostik und Behandlung alkoholbezogener Störungen – Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage in Suchtberatungsstellen.
Fortschr Neurol Psychiat 2007; 75; Nr. 1 und 2;
S. 18-25; S. 91-99.

Dr. Michael M. Berner,
Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik.
michael.berner@psyallg.ukl.uni-freiburg.de