Der 53 Jahre alte männliche Patient litt zu
Beginn der Behandlung an einer mittelschweren Depression, die zu chronifizieren drohte,
teilweise einer "Verbitterungsstörung" ähnelte und bei dem ursprünglich
beruflich sehr erfolgreichen Patienten Suizidgedanken förderte.
Auslöser war offenbar der Umstand, dass der Patient vor mehreren Jahren
relativ abrupt von seiner Ehefrau zugunsten eines anderen Mannes verlassen
worden war. Bis dahin wähnte sich der Patient, der deutliche Züge eines
"Helfersyndroms" aufweist und ein eher distanziertes Verhältnis zu
Gefühlen hat, in einer sehr guten Ehe. Die damit verbundene Ent-Täuschung
reaktivierte schlagartig alte Beziehungsenttäuschungen (insbesondere
gegenüber der Herkunftsfamilie) und förderte neue Beziehungsenttäuschungen
(insbesondere gegenüber seinen Krankenversicherungen). Als "Helfer"
fühlte sich der Patient zunehmend "verraten" und "verlassen", zumal ihm selbst die ihm
zustehenden Krankenbehandlungen verwehrt wurden. Diese musste er sich regelrecht gerichtlich erstreiten.
In diesem Zustand nahm er zu mir per Email Kontakt auf, nachdem er meine
Homepage im Internet entdeckt hatte. Da der Patient sehr rational
veranlagt ist, bot ich ihm in erster Linie eine kognitive Therapie an (in
Kombination mit tiefenpsychologischen Ansätzen und anderen
verhaltenstherapeutischen Komponenten, insbesondere einer intensiven
Sporttherapie). Mit seinen 130 kg Körpergewicht wirkte der Patient sehr
schwerfällig und war deutlich übergewichtig. Eine gute Vertrauensbeziehung
entwickelte sich erst allmählich, nachdem sich der Patient davon
überzeugen konnte, dass auf mich 100 Prozent verlass ist, dass es mir
primär um seine Person geht (und nicht einen weiteren "Kunden") und
dass ich mich sehr engagiert für ihn einsetze. Für mich selbst war es
wichtig, sicher zu gehen, dass ich nicht nur zur Lösung eines
versicherungstechnischen Problems gebraucht wurde. Die Therapie startete
mit der für den Patienten sehr positiven Erfahrung, dass es mir als
"Vermittler" gelang, konstruktiv in einem Rechtsstreit zwischen dem
Patienten und einer seiner Krankenversicherungen zu vermitteln. Diese
Erfahrung (dass sich Probleme auch gütlich lösen lassen und dass eine
bessere Beziehung die Folge sein kann) war insofern zentral, als sie nicht
in das bisherige Weltbild des Patienten passte, jetzt aber unmittelbar
für ihn erfahrbar wurde. Damit war ein sehr guter Einstieg in die noch
unzureichende "Beziehungskompetenz" des Patienten möglich (Er hat
beispielsweise so gut wie keine Freunde). Als sehr rational veranlagtem
Menschen gefiel es dem Patienten, dass ich ihm ein klares
Behandlungskonzept aufzeigte, wobei er auf dieses aktiv Einfluss nehmen
konnte ("alles blieb unter seiner Kontrolle"). Schwerpunkte der ersten
dreimonatigen Behandlungsphase waren unter anderem: 1. in Köln zumindest
partiell sesshaft zu werden, 2. offene alte Geschäfte abzuschließen, 3.
noch bestehende Verknüpfungen mit seiner früheren Frau zu entflechten, 4.
zu lernen, dass die eigene Weltsicht nur eine von vielen Möglichkeiten
ist, 5. eigenes Verhalten kritisch und zugleich wohlwollend gespiegelt zu
bekommen (z. B. die extreme Redeneigung des Patienten, die dem Gegenüber
wenig Raum lässt und zugleich auf die "Einwegkommunikation" in der
Herkunftsfamilie rückschließen lässt), 6. die Entwicklung neuer
beruflicher Zukunftsperspektiven, 7. die Verbesserung der körperlichen
Verfassung (Gewichtsreduktion, Steigerung der Fitness), 8. die Vermittlung
weiterer Beziehungskompetenzen (insbesondere "Rückmeldungen geben",
"Verhandeln", Versöhnen").
Der Patient arbeitete engagiert und zuverlässig mit. Er entwickelte eigene
Konzepte (insbesondere ein computergesteuertes Diätprogramm sowie schon
relativ konkrete Vorstellungen für einen neuen Berufsstart). Er nahm zur
Familie eines früheren Freundes Kontakt auf, prüfte, ob er wieder in
seinem Hobby tätig werden könnte und machte die Erfahrung, dass er Dinge
sehr gut selbst bewältigen konnte, die ihm seine frühere Frau abgenommen
hatte. Am Ende der ersten Behandlungsphase fühlte er sich bereits
deutlich wohler, was sicherlich nicht nur an einer "überplanmäßigen"
Gewichtsreduktion von 9 kg (geplant waren 5kg) und einer deutlich besseren
körperlichen Fitness lag. Der Patient kann sich schon besser
konzentrieren, so dass er sich bereits im Rahmen der zweiten Behandlungsphase für zwei Seminare zum Thema "Kommunikation" anmeldete (im
Sinne erster Projekte zur Überprüfung seiner Belastbarkeit und zur
Verbesserung seiner sozialen Kompetenz). Auch der per TSD erfasste
Depressionswert war zum Ende der ersten Behandlungsphase schon deutlich
gesunken. |