Bereits das Wort
„Emotion“ verrät, was es meint. Es leitet sich von dem lateinischen Wort
für „Bewegung“ ab, beschreibt also die „Motive“, die uns in Bewegung
setzen. Emotionen verwalten uns: Das Gehirn ist bereits mit einer Emotion
beschäftigt, lange bevor diese in unser Bewusstsein tritt. Das liegt
daran, dass Informationen über Außen- und Innenreize zuerst die mit der
Emotionsverarbeitung befassten Gehirnregionen erreichen (wo die meisten
von ihnen überwiegend wie von einem „Autopiloten“ abschließend bearbeitet
werden). Erst im weiteren Verlauf erreichen „ausgewählte“ Informationen
Teile des Gehirns, die mit Bewusstsein zu tun haben. Was uns bewusst wird,
ist somit immer schon von Emotionen gefärbt. Das emotionale Gedächtnis
wählt zugleich aus, welche Informationen ihm so wichtig erscheinen, dass
sie überhaupt in unser Bewusstsein treten und dort einer
„Sonderbehandlung“ zugänglich werden können. Emotionen wirken somit wie
ein „Wächter zum Bewusstsein“: Sie lassen aus der Masse eintreffender und
unbewusst genutzter Informationen vor allem diejenigen in unser
Bewusstsein eintreten, die zur momentan vorherrschenden Emotion bzw.
Stimmung passen und spezielle Aufmerksamkeit verdienen. Im Prinzip „hinkt
das Bewusstsein“ jedoch immer hinterher. Entweder springt es auf die
bereits galoppierenden Pferde auf (genauer: auf die schon aktivierten
emotional gesteuerten Verhaltensprogramme, es schaltet sich gleichsam zu)
oder es bremst diese und leitet sie (wie ein Kutscher) in andere Bahnen.
„(Vor)entschieden“ oder „(vor)bewertet“ (siehe dazu später) wird zumindest
zeitlich gesehen zuerst immer emotional. Der Verstand liefert im
Nachhinein dazu nur oft noch die passende und vernünftig klingende
Begründung. Da die menschliche Kultur vermutlich wesentlich auf der
Fähigkeit beruht, emotional gesteuerten Impulsen nicht ihren Lauf
zu lassen, könnte man auch sagen „Fortschritt ist Hemmung“. Erstes Fazit:
Unser Verhalten ist im Grunde also schon von emotional steuernden
„Autopiloten“ gebahnt, noch bevor wir überhaupt anfangen können, darüber
nachzudenken.
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