Bei Allergikern auf Depressionen achten!
Ungarn.
Rund jeder dritte Patient mit einer
allergischen Erkrankung leidet unter zumindest leichten depressiven
Symptomen (32,2 Prozent). Bei jedem achten (12,5 Prozent) sind sie bereits
so schwer, dass Behandlungsbedarf besteht. Im Vergleich dazu ist die
Normalbevölkerung weitaus seltener von leichten und behandlungsbedürftigen
depressiven Symptomen betroffen (22,4 bzw. 8,3 Prozent). Da depressive
Patienten unter Allergien deutlich mehr leiden als depressionsfreie,
sollten Depressionen bei ihnen frühzeitig erkannt und wirksam behandelt
werden.
Zu diesen
Schlussfolgerungen gelangen M. Kovács und Kollegen aufgrund einer
Befragung von 528 Patienten, die unter allergischen Erkrankungen litten,
überwiegend Asthma (161 Personen) und allergischer Rhinitis (304
Personen). Das Ausmaß depressiver Symptome wurde mit Hilfe einer
Kurzfassung des Beck Depression Inventory (BDI) bestimmt.
M.
Kovács u. a.: Severity of allergic complaints. The importance of depressed
mood. Journal of Psychosomatic Research 2003 (54) 549-557
Depression als
„übertragbare Krankheit“
Indien.
Nach Ansicht von E. K. Kalra sollte man Depressionen als „übertragbare
Krankheiten“ einstufen. Nach dieser Betrachtungsweise leben und vermehren
sich Depressionen in „Wirtsorganismen“. Sie werden in Form von „negativen
Emotionen“ auf neue Opfer übertragen. Offenbar gibt es Umwelten (z. B.
gesellschaftliche Bedingungen), in denen Depressionen besser gedeihen.
Kalra geht davon aus, dass das von ihm propagierte Konzept neue
Möglichkeiten der Prävention erschließt. So könnte man beispielsweise eine
emotionale Immunität entwickeln, die ein Individuum stabilisiert und damit
vor „Ansteckung“ mit negativen Emotionen schützt. Zu den möglichen
Immunisierungsmaßnahmen rechnet er beispielsweise Sport, Spiritualität,
positives Denken, Rationalität, Selbstwertgefühl, die Fähigkeit, eigene
Gedanken in eine günstige Richtung zu lenken, und vieles mehr. Nicht
zuletzt zeigt der Autor Wege auf, die Depressionsanfälligkeit einer Person
zu berechnen.
E.
K. Kalra: Depression as a communicable disorder. Medical Hypotheses 2004
(62) 413-414
Verlust und
Erniedrigung begünstigen Depressionen
USA.
Schon seit den Zeiten von Freud betrachtet man Verluste als wesentliche
Auslöser von Depression. In einer Studie an 7.322 Zwillingen zeigen K. S.
Kendler und Kollegen auf, dass offenbar auch „Erniedrigung“ ein mächtiger
depressionsfördernder Faktor sein kann. Als „Erniedrigung“ gelten
Umstände, in denen ein Mensch in einer zentralen Rolle seines Lebens
entwertet wird, was meist mit Gefühlen von Ablehnung und Versagen
einhergeht. Ein besonders hohes Depressionsrisiko liegt offenbar vor, wenn
Verlust und Erniedrigung gemeinsam auftreten. Dagegen scheinen
„Ausweglosigkeit“ und „Gefahr“ Depressionen nicht zu begünstigen.
Zu diesen und weiteren
Schlüsse gelangen Kendler und Mitarbeiter, nachdem sie sich bei den
Teilnehmern ihrer Untersuchung erkundigt hatten, inwieweit im
zurückliegenden Jahr Symptome einer Depression und gravierende
Lebensereignisse vorgekommen waren.
K. S. Kendler u. a.: Life event dimensions of loss, humiliation,
entrapment, and danger in the prediction of onsets of major depression and
generalized anxiety. Arch. Gen. Psychiatry
2003 (60) 789-796
Kognitive Störungen
überdauern Depressionen
Norwegen.
Mehrere Studien dämpfen die Hoffnung, dass sich kognitive Störungen
depressiver Patienten mit sinkendem Depressionsscore bessern. Wie eine
Untersuchung von Å. Hammar und Mitarbeitern illustriert, scheint dies
speziell für kognitive Prozesse zu gelten, die höhere Anforderungen an
Aufmerksamkeit und Engagement stellen. An der Studie hatten sich 21
Patienten mit wiederkehrender Major Depression und eine gleich große Zahl
gesunder Personen beteiligt. Der Hamilton-Depressionsscore (HDS) der
Kranken betrug mehr als 18 Punkte. Zu Beginn der Studie und nach sechs
Monaten unterzogen sich die Teilnehmer kognitiven Tests (Messungen der
Reaktionszeit), bei denen die geprüften Vorgänge entweder weitgehend
automatisch abliefen oder vermehrte Anstrengung erforderten.
Interessanterweise schnitten Patienten und Kontrollpersonen bei weitgehend
automatisierten Prozessen zu beiden Prüfzeitpunkten gleich gut ab. Dagegen
reagierten die Kranken bei Aufmerksamkeit fordernden Tests signifikant
langsamer. Dieser Unterschied hielt sechs Monate lang an, obwohl der HDS
in diesem Zeitraum signifikant gesunken war (von 21,9 auf 8,45 Punkte).
Patienten mit wiederkehrender Major Depression scheinen somit unabhängig
von ihrer affektiven Erkrankung unter kognitiven Störungen zu leiden, die
bei anstrengenden Aufgaben offenbar werden.
Å. Hammar u.a.: Long-lasting cognitive impairment in unipolar major
depression: a 6-month follow-up study.
Psychiatry Research 2003 (118) 189-196
Informationsmaterial
hilft Depressiven
Großbritannien. Es macht Sinn, Patienten
bereits dann schriftlich über das Krankheitsbild Depression zu
informieren, wenn erst der Verdacht besteht, dass sie davon betroffen sein
könnten. Geeignetes Aufklärungsmaterial verhilft nicht nur den Adressaten
zu einem besseren Problemverständnis, es erleichtert im weiteren Verlauf
auch die Diagnosestellung. Negative Rückmeldungen sind kaum zu befürchten.
Zu diesen Erkenntnissen gelangt R. W. G. Beer im Rahmen einer Pilotstudie,
bei der Patienten schon vor einer eingehenden Untersuchung schriftlich
über das Thema Depression informiert worden waren. Mehr als drei Viertel
der Teilnehmer bewerteten ein solches Vorgehen als „hilfreich“ oder sogar
„sehr hilfreich“.
R.
W. G. Beer: An evaluation of a handout on depression. European Journal of
General Practice 2003 (9, Sept.) 96-97
Einfluss hoher
Umgebungstemperaturen auf Depressionen
Israel.
Wenn Patienten im Rahmen einer bipolaren Störung depressiv erkranken,
werden sie im Frühling und Sommer häufiger stationär aufgenommen als in
den beiden anderen Jahreszeiten. Offenbar gehen bei ihnen hohe
Umgebungstemperaturen vermehrt mit stationären Behandlungen einher. Für
Patienten mit unipolarer Depression lässt sich dagegen kein vergleichbarer
Zusammenhang erkennen. Zu diesen Schlussfolgerungen gelangen A. Shapira
und Kollegen durch eine Studie, in die Daten von 4.117 Patienten mit
bipolarer Depression und 1.036 Patienten mit unipolarer Depression
eingeflossen waren. Bei allen Teilnehmern wurde darauf geachtet, dass
keine Zusatzerkrankungen (wie Angststörungen oder Substanzmissbrauch) oder
eine saisonale Depression vorlagen.
A.
Shapira u. a.: Admission rates of bipolar depressed patients increase
during spring/summer and correlate with maximal environmental temperature.
Bipolar Disorders 2004 (6) 90-93 |