Her
Ähnlich
verzerrend wie die Trennung zwischen Körper und Seele ist es, den Menschen
isoliert zu betrachten und seine Umwelt (insbesondere seine
sozialen Beziehungen) auszuklammern. Vielmehr sind wir Teil eines
Ganzen, das wir durch Versenkung (Innenschau, Bewusstseinsverlust) erahnen
können. Schon der Begriff „Umwelt“ ist eine Illusion (Besser: „Mitwelt“),
da er uns glauben lässt, wir seien unabhängige Überlebenseinheiten.
Letztlich ist auch die Erde unser Körper und sind wir ein Teil der Natur,
die sich zu menschlichem Denken und Erleben entwickelt hat. Hilfreich ist
das Gedankenexperiment, dass wir nur das tun, was bereits festgelegt ist
(Wir vollziehen Prozesse, die nicht nur mit uns zu tun haben). Wir
westlichen Menschen unterstellen, dass wir von unserem Geist (Kopf)
gesteuert werden, genau so gut können es aber auch unsere Gene, unsere
Sexualorgane („schwanzgesteuert“) oder „Randbedingungen“ sein. Freiheit
eröffnet sich uns durch die Möglichkeit, auf schicksalhafte Bedingungen
zu antworten und damit
VerANTWORTung zu übernehmen.
Östliche Traditionen betrachten „Getrenntheit“ als Illusion
(„Sinneslügen“). Unsere Sprache, die zwischen uns, unserem Handeln und den
Objekten trennt (verdinglicht, statt funktionalisiert), hält diese
Illusion aufrecht. Meist durch Kampf und Anstrengung ersteht erst ein
„Ich“ und dasjenige, das bekämpft wird. „Zulassen“ kann
dementsprechend Harmonie fördern. Menschen lassen sich als
„Funktionen“ unzähliger Bedingungen (Umwelt, Systeme) in die sie
eingebettet sind, beschreiben. Aus der jeweiligen Perspektive macht ihr
Handeln unterschiedlichen Sinn. Hier gilt: Die Ganze ist nicht nur mehr
als die Summe der Teile, das Ganze verändert auch die Teile. So wie sich
die Welt verändert, verändern auch wir uns (Dabei verläuft die Evolution
ähnlich der Entwicklung eines Embryos und sie ähnelt weniger einer
erlahmenden Explosion (= Urknallfolge). So sollte man vielleicht besser
von „Naturgewohnheiten“ als von „Naturgesetzen“ sprechen, da sich letztere
ja durchaus weiterentwickeln können.
Wir sind eher „Prozesse“ als
(statische) „Realitäten“. Unsere Sprache gaukelt uns Stabilitäten vor,
wo ständige Bewegung ist (Bsp. „Beziehung“). Aus
verhaltenstherapeutischer Sicht findet man in der Umwelt oft wichtige
„Bedingungen, die Probleme aufrecht erhalten“. Ein Außerirdischer
könnte durchaus den Eindruck gewinnen, dass Werkzeuge (Brillen,
Blindenstöcke, Kleider) Teil der „Einheit Mensch“ sind. Ist ein
künstliches Gebiss oder der vom Körper aufsteigende Wasserdampf (noch) Teil des
Menschen oder (bereits) Teil seiner Umwelt?. Aufgrund des uns beherrschenden
naturwissenschaftlichen Denkens zerlegen wir die Realität in immer
kleinere (isolierte) Teile (neuerdings in Form der Digitalisierung)
und verlieren damit den Zusammenhang (die Bedeutsamkeit) aus den Augen.
Genau so hilfreich wie das Analysieren ist vermutlich die „frei
schwebende Aufmerksamkeit“, wie sie besonders von der Psychoanalyse
beschrieben wird. Positivistische Medizin isoliert Phänomene
und tut so, als lägen die zu behandelnden Ursachen ausschließlich in
ihnen und nicht in den Familienbeziehungen, der Politik oder
der Stadtstruktur. Aus diesen isolierten Phänomenen will sie dann universelle
Gesetze ableiten. Unterschiedliche Mitwelten haben unterschiedlichen
Aufforderungscharakter (Attraktivität). Wenn sie sich nicht auch
entwickeln, fällt Veränderung schwer. |